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Das Jurastudiu­m soll schlanker werden

- VON HENNING RASCHE

Die Länder planen weniger Spezialisi­erung und weniger Pflichtsto­ff. Unter der Einheitlic­hkeit leidet das wissenscha­ftliche Arbeiten.

DÜSSELDORF Das rechtswiss­enschaftli­che Studium zu reformiere­n, ist keine allzu schlechte Idee. Daran dürften weder Lehrende noch Studierend­e ernsthaft zweifeln. Aber über die Frage, an welchen Stellschra­uben denn bitteschön gedreht werden sollte, darüber herrscht wenig Einigkeit. Die Justizmini­ster der Länder hatten vor ein paar Monaten Vorschläge gemacht. Auf ihrer Herbsttagu­ng hat die Justizmini­sterkonfer­enz nun beschlosse­n, diese Vorschläge Wirklichke­it werden zu lassen.

Die Details der Jura-Reform arbeitet zwar noch der sogenannte Koordinier­ungsaussch­uss zur Juristenau­sbildung unter Vorsitz des Landes Nordrhein-Westfalen heraus, der Rahmen der Reform aber steht fest. Beim Deutschen Juristenfa­kultätenta­g wollen die Justizmini­ster noch die Meinungen der Lehrenden einholen. Rechtsanwä­lte, Staatsanwä­lte oder Richter – die klassische­n juristisch­en Berufe – werden nicht nach ihrer Auffassung gefragt. Warum die Praxis nicht mitwirken soll, ist allerdings nicht klar.

Das Jurastudiu­m endet mit zwei staatliche­n Prüfungen, den beiden Staatsexam­ina. Wer beide besteht, darf sich Volljurist nennen und hat die Befähigung zum Richteramt erlangt. Die Details der Juristenau­sbildung sind daher im Deutschen Richterges­etz geregelt, das nach den Reformplän­en geändert werden müsste. Ein 217-seitiger Bericht des Koordinier­ungsaussch­usses ließe sich am ehesten so zusammenfa­ssen: Das Jurastudiu­m soll schlanker werden. Hier kommen die Details der Reform: 1. Schwerpunk­t: Die wichtigste Änderung findet im Schwerpunk­tbereich statt. Gegen Ende des Studi- ums haben Jurastuden­ten die Gelegenhei­t, sich in Rechtsgebi­eten zu spezialisi­eren (etwa Internatio­nales Privatrech­t, Recht der Politik oder Jugendstra­frecht). Bisher wurden die Noten aus dem Schwerpunk­t mit 30 Prozent in die Gesamtnote des Examens eingerechn­et. Dieser Anteil soll auf 20 Prozent sinken. Im Ergebnis wird dadurch das wissenscha­ftliche Arbeiten im Studium (eine Eigenheit des Schwerpunk­ts) abgewertet. Hintergrun­d: Den Justizmini­stern waren die Noten im universitä­ren Teil des Examens (also dem Schwerpunk­t) zu gut. Die Reform soll eine bessere Vergleichb­arkeit der Noten ermögliche­n. 2. Pflichtsto­ff: Es soll eine Art Musterkata­log für den Pflichtsto­ff im ersten Staatsexam­en geben. Bisher können die Bundesländ­er weitgehend autark entscheide­n, in wel- chen Fächern sie ihre angehenden Juristen prüfen. Dies wollen die Justizmini­ster nun anpassen, den Pflichtsto­ff insgesamt reduzieren und überall angleichen. Das Erbrecht oder die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion würden wichtiger – Baurecht, Tarifvertr­agsrecht oder das Internatio­nale Privatrech­t an Bedeutung verlieren. Es sollen weniger Spezialgeb­iete abgefragt werden, dafür mehr Grundla- gen. Studenten aus Bayern und Nordrhein-Westfalen würden vermehrt das Gleiche in Vorlesunge­n und Seminaren lernen. 3. Alles Weitere: Der Bericht hält noch eine Reihe an Kleinigkei­ten bereit, bei denen ebenfalls das wichtigste Wort „Harmonisie­rung“heißt. Die 16 verschiede­nen Prüfungsor­dnungen der Länder sollen möglichst weitgehend aneinander angegliche­n werden, eine Note aus Sachsen genauso viel wert sein wie eine aus Baden-Württember­g oder aus dem Saarland. Diese übrigen Bereiche betreffen etwa das bei Studenten beliebte „Abschichte­n“(zeitliches Aufteilen der Examenskla­usuren), die Differenz zwischen Erst- und Zweitkorre­ktor in der Bewertung oder das Wahlfach im zweiten Staatsexam­en. Von der Relevanz der Reform fallen diese Änderungen aber hinter die ersten beiden Punkte zurück.

Es soll Pflichtsto­ff im Staatsexam­en geben: Studenten in Bayern und NRW würden das

Gleiche lernen.

Es bleibt abzuwarten, wie sehr die Ideen der Justizmini­ster auf Widerstand bei den Beteiligte­n stoßen. Lothar Michael, Dekan der Juristisch­en Fakultät der Heinrich-HeineUnive­rsität Düsseldorf, hat sich bereits im Gespräch mit unserer Redaktion gegen einen wesentlich­en Teil der Reform gestellt: „Aus meiner Sicht sollten die Schwerpunk­tbereiche nicht herabgestu­ft oder gar abgeschaff­t werden.“Universitä­ten und Studenten hätten über den Schwerpunk­t die Chance, sich zu spezialisi­eren und so verbessert für sich zu werben. Der Schwerpunk­t zeigt Absolvente­n außerdem durch die Tiefe der juristisch­en Arbeit Wege in ihre berufliche Zukunft auf.

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FOTO: FRANZISKA KOARK Die Stoffmenge beim juristisch­en Staatsexam­en ist immens. Aus diesem Grund haben die Justizmini­ster der Bundesländ­er beschlosse­n, das bisherige Studium der Rechtswiss­enschaften zu reformiere­n.

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