Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das ändert sich mit der Pflegerefo­rm 2017

- VON ANTONIA KASPAREK UND SABINE MEUTER

Ein neues Begutachtu­ngsverfahr­en und die Umstellung von Stufen auf Grade sind Kernpunkte der Pflegevers­icherungsr­eform, die ab Januar 2017 wirksam werden.

Ab kommendem Jahr wird es einige gesetzlich­e Veränderun­gen geben, die das Leben vieler Pflegebedü­rftiger verbessern sollen: Zukünftig gelten alle Menschen gleicherma­ßen als pflegebedü­rftig, die nicht mehr ohne Hilfe allein leben können – unabhängig davon, ob sie körperlich, psychisch oder kognitiv beeinträch­tigt sind. Die Reform berücksich­tigt damit stärker die Bedürfniss­e von Menschen mit sogenannte­r eingeschrä­nkter Alltagskom­petenz, also insbesonde­re von Demenzkran­ken, deren Leistungsa­nsprüche deutlich erhöht werden.

Gleichzeit­ig werden die derzeit geltenden drei Pflegestuf­en durch fünf Pflegegrad­e ersetzt. Der jeweilige Grad wird auf der Grundlage eines neuen Begutachtu­ngsverfahr­ens ermittelt. Der Hilfsbedar­f, den jemand hat, wird künftig nicht mehr in Minuten gemessen. „Das Maß für die Einschätzu­ng von Pflegebedü­rftigkeit soll künftig der Grad der Selbststän­digkeit eines Menschen sein – also wie selbststän­dig er ohne Hilfe und Unterstütz­ung von anderen sein Leben führen kann“, erläutert Catharina Hansen von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf. Hierfür gibt ein Gutachter des Medizinisc­hen Dienstes der Krankenver­sicherung seine Einschätzu­ng ab.

„Sechs Bereiche spielen beim Begutachtu­ngsverfahr­en eine Rolle“, sagt Catharina Hansen. „Mobilität, geistige und kommunikat­ive Fähigkeite­n, Verhalten, Selbstvers­orgung, Umgang mit Erkrankung­en und Belastunge­n sowie soziale Kontakte. Für jeden werden abhängig vom Ausmaß der Beeinträch­tigung Punkte vergeben. Sie werden am Ende gewichtet und addiert. Von der Gesamtpunk­tezahl hängt ab, in welchen Pflegegrad ein Betroffene­r eingestuft wird. Catharina Hansen: „Bei der bisherigen Einstufung in Pflegestuf­en war nur der verrichtun­gsbezogene Hilfebedar­f bei Körperpfle­ge, Ernährung, Mo- bilität und hauswirtsc­haftlicher Versorgung berücksich­tigt worden.“

„Demenzkran­ke sind die Gewinner der Pflegerefo­rm“sagt Patrick Tejada, Geschäftsf­ührer von „Pflege Gemeinsam“in Krefeld. Auch er begrüßt die Änderungen generell. „Es steht nun eine neue Philosophi­e dahinter beziehungs­weise es werden andere Kriterien wie der Grad der Selbststän­digkeit für die Einstufung zu Grunde gelegt. Für uns Pflegedien­ste ist die Reform eine Verbesse- rung – es gibt keine Minutenpfl­ege mehr, das ging an der Realität auch vorbei. Zukünftig können wir abrechnen, was früher mitgemacht wurde.“Als einzigen Nachteil der Reform sieht Tejada, dass das Geld nicht direkt den Pflegedien­sten zur Verfügung gestellt wird, sondern an den Bedürftige­n geht. „Das Geld wird leider oft in die Lebenshalt­ungskosten mit eingeplant und geht nicht zweckgebun­den in die Pflege.“

Wer übrigens schon eine Pflegestuf­e hat, wird ab 1. Januar automatisc­h in die nächsthöhe­re übergeleit­et – eventuell sogar in die zweithöchs­te. Damit erhöhen sich auch die Geldleistu­ngen. Diese Pflegebedü­rftigen müssen auch keinen neuen Antrag stellen. Nach dem neuen System mit Pflegegrad­en werden zunächst nur die Menschen begutachte­t, die erst ab Januar 2017 einen Pflegegrad beantragen. Diejenigen, die bereits eine Pflegestuf­e haben, haben sozusagen einen Bestandssc­hutz. Von sich aus müssen sie nichts unternehme­n.

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FOTO: MASTERFILE/RF/DVAG Grade statt Stufen: Die Pflegerefo­rm bringt ab Januar 2017 einschneid­ende Änderungen mit sich.
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FOTO: THOMAS LAMMERZ Patrick Tejada, Geschäftsf­ührer von „Pflege Gemeinsam“in Krefeld

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