Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Das ändert sich mit der Pflegereform 2017
Ein neues Begutachtungsverfahren und die Umstellung von Stufen auf Grade sind Kernpunkte der Pflegeversicherungsreform, die ab Januar 2017 wirksam werden.
Ab kommendem Jahr wird es einige gesetzliche Veränderungen geben, die das Leben vieler Pflegebedürftiger verbessern sollen: Zukünftig gelten alle Menschen gleichermaßen als pflegebedürftig, die nicht mehr ohne Hilfe allein leben können – unabhängig davon, ob sie körperlich, psychisch oder kognitiv beeinträchtigt sind. Die Reform berücksichtigt damit stärker die Bedürfnisse von Menschen mit sogenannter eingeschränkter Alltagskompetenz, also insbesondere von Demenzkranken, deren Leistungsansprüche deutlich erhöht werden.
Gleichzeitig werden die derzeit geltenden drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Der jeweilige Grad wird auf der Grundlage eines neuen Begutachtungsverfahrens ermittelt. Der Hilfsbedarf, den jemand hat, wird künftig nicht mehr in Minuten gemessen. „Das Maß für die Einschätzung von Pflegebedürftigkeit soll künftig der Grad der Selbstständigkeit eines Menschen sein – also wie selbstständig er ohne Hilfe und Unterstützung von anderen sein Leben führen kann“, erläutert Catharina Hansen von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Hierfür gibt ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung seine Einschätzung ab.
„Sechs Bereiche spielen beim Begutachtungsverfahren eine Rolle“, sagt Catharina Hansen. „Mobilität, geistige und kommunikative Fähigkeiten, Verhalten, Selbstversorgung, Umgang mit Erkrankungen und Belastungen sowie soziale Kontakte. Für jeden werden abhängig vom Ausmaß der Beeinträchtigung Punkte vergeben. Sie werden am Ende gewichtet und addiert. Von der Gesamtpunktezahl hängt ab, in welchen Pflegegrad ein Betroffener eingestuft wird. Catharina Hansen: „Bei der bisherigen Einstufung in Pflegestufen war nur der verrichtungsbezogene Hilfebedarf bei Körperpflege, Ernährung, Mo- bilität und hauswirtschaftlicher Versorgung berücksichtigt worden.“
„Demenzkranke sind die Gewinner der Pflegereform“sagt Patrick Tejada, Geschäftsführer von „Pflege Gemeinsam“in Krefeld. Auch er begrüßt die Änderungen generell. „Es steht nun eine neue Philosophie dahinter beziehungsweise es werden andere Kriterien wie der Grad der Selbstständigkeit für die Einstufung zu Grunde gelegt. Für uns Pflegedienste ist die Reform eine Verbesse- rung – es gibt keine Minutenpflege mehr, das ging an der Realität auch vorbei. Zukünftig können wir abrechnen, was früher mitgemacht wurde.“Als einzigen Nachteil der Reform sieht Tejada, dass das Geld nicht direkt den Pflegediensten zur Verfügung gestellt wird, sondern an den Bedürftigen geht. „Das Geld wird leider oft in die Lebenshaltungskosten mit eingeplant und geht nicht zweckgebunden in die Pflege.“
Wer übrigens schon eine Pflegestufe hat, wird ab 1. Januar automatisch in die nächsthöhere übergeleitet – eventuell sogar in die zweithöchste. Damit erhöhen sich auch die Geldleistungen. Diese Pflegebedürftigen müssen auch keinen neuen Antrag stellen. Nach dem neuen System mit Pflegegraden werden zunächst nur die Menschen begutachtet, die erst ab Januar 2017 einen Pflegegrad beantragen. Diejenigen, die bereits eine Pflegestufe haben, haben sozusagen einen Bestandsschutz. Von sich aus müssen sie nichts unternehmen.