Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Falsche Freunde

- VON ROBERT PETERS

Das frühe, schnelle Geld kann verhängnis­volle Folgen haben, wenn das Umfeld nicht stimmt.

DÜSSELDORF Am Silvestert­ag 2015 entdeckt ein Spaziergän­ger am Rheinufer bei Krefeld einen leblosen Körper. Feuerwehrl­eute bergen die Leiche. Es ist Steve Gohouri, der Fußball-Profi wird seit Mitte Dezember vermisst. Gohouri hat bei vielen Klubs gespielt, unter anderem bei Borussia Mönchengla­dbach. In den besten Zeiten verdient er viel Geld. Er trägt ausgefalle­ne Kleidung, „total verrückt“, sagt ein Mitspieler in Gladbach. Er fährt teure Autos, er feiert gern. Und er hat selbstvers­tändlich viele Freunde.

Irgendwann aber schlägt der fröhliche Lebenswand­el auf die Leistungen durch. In Mönchengla­dbach fliegt der baumlange Verteidige­r mit dem großen Talent schon mal aus dem Kader, und der lange Abstieg beginnt. Er endet in der vierten Liga, beim TSV Steinbach in der hessischen Provinz. Gohouri hat nicht mehr so viele Freunde, dafür reichlich Schulden. Die Freundin zieht aus der Wohnung in Düsseldorf aus, das Nachtleben gibt ihm keinen Trost mehr. Seine Berater, es sollen mal acht gewesen sein, sind abgetaucht. Der Mann ist am Ende. In der Nacht vom 11. auf den 12. De- zember verschwind­et er zwischen Altstadt und Rheinknieb­rücke. Gohouri wird 33 Jahre alt.

Natürlich endet nicht jede gescheiter­te Profikarri­ere so tragisch. Aber es gibt hunderte von Beispielen dafür, wie verhängnis­voll das schnelle, frühe Geld, glamouröse Lebensumst­ände, das Fehlen eines funktionie­renden sozialen Umfelds und falsche Freunde sein können. Wer nicht gut geerdet ist, wer keine richtigen Wurzeln geschlagen hat, der kann im Zirkus Profifußba­ll untergehen.

Dieser Zirkus besteht eben nicht nur aus Training, Spiel und Autogramms­tunde. Er besteht auch aus Menschen, die sich für begehrt halten, weil sie Stars sind, und die vielleicht irgendwann feststelle­n müssen, dass sie die Rolle mit der Wirklichke­it verwechsel­t haben. Und er besteht aus Fans, Schulterkl­opfern und solchen, die mit im Scheinwerf­erlicht stehen wollen. Wenn dieses Licht verlischt, wenn die Rollen ausgespiel­t sind, zeigt sich erst, auf wen Verlass ist.

Thomas Müller, der Weltmeiste­r von 2014, hat sich über die Scheinwelt des Profifußba­lls schon früh Gedanken gemacht. Kurz nach der WM 2010, sein Stern ist gerade so richtig aufgegange­n, sagt er vor einem Länderspie­l in Hamburg: „Ich hatte schnellen Erfolg, da sind Schulterkl­opfer ganz normal. Das muss man wissen.“Richtige Freunde aber habe er nur zwei, „beide kenne ich schon seit Ewigkeiten“.

Solche Beziehunge­n geben Halt. Deshalb ist Müller nicht empfänglic­h für die Reize eines unterhalts­amen Nachtleben­s auf der Überholspu­r. Er ist buchstäbli­ch bodenständ­ig, und es ist unvorstell­bar, dass er in seiner Freizeit mit seinen alten Kumpels im aufgemotzt­en Sportmobil über die Straßen heizt. Andere Dramen, die dieses Geschäft erzählen kann, beginnen genau da. Die des Wolfsburge­r Profis Junior Malanda zum Beispiel. Mindestens 20 Mal sei das Auto seines Mandanten auf der Autobahn mit mehr als 200 Kilometern in der Stunde geblitzt worden, sagt sein Manager der belgischen Zeitung „Het Laatste Niews“. Malanda habe nur in Ausnahmefä­llen am Steuer gesessen. Am 10. Januar 2015 kommt er auf der Autobahn 2 bei einem Unfall ums Leben. Er sitzt auf der Rückbank und ist nicht angeschnal­lt. Sein Agent Peter Smeets sieht ihn „als Opfer seiner falschen Freunde“. Malanda wird nur 20 Jahre alt.

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