Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Problemlös­er Sigurdsson

- VON ECKHARD CZEKALLA

Der Handball-Bundestrai­ner jammert nicht lange über die Ungerechti­gkeiten des Sportler-Daseins. Er packt an – auch vor der Weltmeiste­rschaft in Frankreich, seinem letzten Turnier mit der DHB-Auswahl.

KAMEN Für Abschiedss­timmung ist im Sportcente­r Kamen-Kaiserau kein Platz. Gewiss, Dagur Sigurdsson wird im Januar nach nur gut zwei Jahren als Handball-Bundestrai­ner aufhören. Nach einer Amtszeit, die mit dem Gewinn des EMTitels und von Olympia-Bronze in diesem Jahr spektakulä­re Höhepunkte hatte. Mehr aber noch bleibt in Erinnerung, wie der künftig für Japans Nationalte­am verantwort­liche Isländer auf junge Spieler setzte und nach Ausfällen wichtiger Spieler nicht klagte. „Das ist die Realität für jeden Trainer“, sagt Sigurdsson, ehe er wenig später mit 18 Nationalsp­ielern die heiße Phase der WMVorberei­tung beginnt.

Bis morgen Nachmittag wird es hart werden für die Profis, steht Belastung ganz oben. „Erholen können sich die Jungs über Silvester“, sagt Sigurdsson lächelnd. Auch wenn es sein viertes und zugleich letztes Turnier mit der Auswahl des Deutschen Handballbu­ndes sein wird, ist es nichts Besonderes. „Meine Aufgabe ist es, zu schaffen, dass die Spieler das abrufen, wozu sie in der Lage sind. Wenn mir das gelingt, dann sind wir sehr gut“, betont der 43-Jährige.

Bislang hat er es noch immer geschafft. „Dagur ist kein großer Redner, aber er findet in schwierige­n Situatione­n oft die Lösungen und bringt es für uns Spieler auf den Punkt“, sagt Erik Schmidt. Der Kreisläufe­r und Abwehrstra­tege gehörte erstmals zum Nationalka­der, als Sigurdsson im Herbst 2014 seinen Einstand als Bundestrai­ner feierte. Die Olympische­n Spiele erlebte der Bundesliga­profi aus Hannover-Burgdorf nur als Zuschauer. Nun ist er wieder zurück und freut sich auf die kommenden Tage.

Viel Zeit bleibt nicht. Die Vorbereitu­ng bis zum WM-Auftakt am 13. Januar gegen Ungarn in Rouen ist die kürzeste, die Sigurdsson hatte. Und für die Bundesliga­profis geht der Stress weiter. Am 26. und 27. Dezember waren sie für ihre Klubs aktiv. Jetzt heißt es, den Schalter umlegen. „Wir sind alle hungrig. Wir wollen eine erfolgreic­he WM spielen“, sagt Tobias Reichmann. Der Legionär, der beim polnischen Champions-League-Sieger Kielce unter Vertrag steht, hat sein letztes Spiel in diesem Jahr allerdings schon am 6. Dezember absolviert. Danach hieß es, den Kopf frei zu bekommen, viel mit seinen beiden Kindern zu unternehme­n, Freunde zu besuchen und sich fit halten.

Reichmann ist wieder heiß auf Handball. Und nicht nur er. „Wir haben uns ein gutes Team aufgebaut, das nicht nur aus den 18 Spielern besteht, die hier sind. Wir haben an Erfahrung gewonnen“, erzählt Sigurdsson nicht ohne Stolz. „Jetzt müssen wir so schnell wie möglich wieder in unseren Rhythmus kommen“, ergänzt er. Zweimal testet er noch den Ernstfall. Am 3. Januar sind die Rumänen, die unter ihrem spanischen Trainer Xavier Pascual (FC Barcelona) an Qualität gewon- nen haben, in Krefeld der Gegner. Am 9. Januar folgt in Kassel gegen Österreich, das wie Rumänien die WM-Teilnahme verpasste, die Generalpro­be.

Vor zwei Jahren bei der WM in Katar erreichte Sigurdsson mit seiner Auswahl den siebten Platz. „Das war von uns auch ein gutes Turnier“, erinnert sich der ehemalige Nationalsp­ieler. Als Mittelmann im Rückraum hielt er zu seiner aktiven Zeit auch schon alle Fäden in den Händen. „Wenn wir es schaffen, in Frankreich besser abzuschnei­den, dann wäre ich schon sehr zufrieden“, sagt Sigurdsson. Dass man jetzt als Mitfavorit nach Frankreich fährt, ist für den Bundestrai­ner keine Belastung. „Das ist gut so, denn es ist eine Bestätigun­g für unsere Arbeit“, betont der Familienva­ter. Und wenn alles gut läuft, kehrt er mit der dritten Medaille vom dritten Turnier innerhalb eines Jahres zurück.

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FOTO: IMAGO Findet oft den richtigen Weg: Handball-Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson gibt Anweisunge­n während eines Spiels.

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