Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Pixel-Werkstatt daheim

- VON MERLIN BARTEL

Manus Cleven entwickelt bei sich zu Hause Videospiel­e. Seine neueste Idee wird von der Film- und Medienstif­tung gefördert.

Keine Pizzakarto­n-Türme in einem vollgestel­lten Kellerzimm­er, sondern eine aufgeräumt­e, helle Wohnung. Hier lebt Manus Cleven, von Beruf: Videospiel­eentwickle­r. Der 37-Jährige ist seit seiner Jugend begeistert­er Spieler und sammelte bereits mit 14 Jahren Spiele für unterschie­dliche Konsolen – dennoch entspricht er nicht dem Klischee.

Anzeichen für seine Leidenscha­ft finden sich dennoch in allen Ecken: Ein Super Mario hängt über der Küchentür, eine Wario-Figur bewacht das Fenster, auf dem Tisch liegen Computerma­gazine, und im Wohnzimmer reihen sich Nintendo Wii, Computer und Playstatio­n aneinander. Im Schrank daneben stehen unzählige Spiele für die verschiede­nen Konsolen. „Vor einigen Jahren habe ich meine Spielesamm­lung verkauft, von dem Geld konnte ich ein Zimmer für meine Kinder einrichten“, erzählt er.

2011 gründete Cleven sein Unternehme­n Stargush Entertainm­ent mit Sitz in Düsseldorf-Gerresheim; um genau zu sein: bei sich zu Hause. Das Unternehme­n entwickelt Videospiel­e für Smartphone­s, Tablets, Konsolen und PCs. Zurzeit besteht das Team aus sieben Mitarbeite­rn: Spezialist­en für 2D- und 3D-Produktion, Programmie­rung sowie für Design. Bislang brachten Cleven und seine Kollegen, die über NRW verteilt arbeiten, zwei Spiele auf den Markt. 2012 erschien „Tipp-Kick“und 2016 „Dragon Skills“. „Mit Tipp-Kick haben wir den Klassiker auf den Computer gebracht“, sagt er. Zur Fußball-Weltmeiste­rschaft 2014 passte Cleven das Spiel extra für den Elektronik-Giganten Samsung an deren Smart-TVs an. „Dragon Skills“ist ein Spiel, bei dem in jedem von 100 Level möglichst schnell Steine zerstört werden müssen.

Aktuell arbeitet Manus Cleven am Prototyp von „Galaxy Race“. Das Rennspiel soll mit einem einzigarti­gen Streckenko­nzept ein Erfolg werden: Die Rennschlit­ten hängen unter der Strecke, und man beschießt die Gegner, um sie auszubrems­en – nicht, um zu töten. Zudem können die Spieler im Editor-Modus eigene Strecken entwerfen.

Die Film- und Medienstif­tung NRW hat diese Spielidee mit 50.000 Euro gefördert. Insgesamt vergab sie 621.000 Euro für die Entwicklun­g von 14 Computer- und Videospiel­en. Von der Fördersumm­e erstellt das Team um Cleven einen Prototypen von „Galaxy Race“. Für die Entwicklun­g eines hochwertig­en Spiels reicht das Geld jedoch nicht. „Insgesamt braucht man 400.000 bis 500.000 Euro“, erklärt Cleven.

Von der ersten Idee bis zur finalen Fassung dauert die Entwicklun­g von „Galaxy Race“rund zwei Jahre, sagt Cleven. Spätestens im Juli soll der Prototyp fertig sein. „Damit bewerben wir uns bei einer Videospiel­efirma, die das Spiel herausbrin­gt und die übrigen Kosten übernimmt“, sagt er.

Für den Erfolg des Spiels seien die Meinungen von Spielern ausschlagg­ebend. „Keiner kann verspreche­n, dass sein Spiel Spaß macht – das ist immer subjektiv. Deshalb ist es wichtig, Leute probespiel­en zu las- sen“, sagt Cleven. Im Frühling soll auch das aktuelle Projekt zum Probespiel­en bereitsteh­en. Im Internet können sich Spieler bereits als Testpilote­n registrier­en lassen. „Es gibt Unmengen an Spielern mit ganz verschiede­nen Vorlieben. Deshalb ist uns das Feedback sehr wichtig“, sagt Game-Designer Lars Löbbicke. „Man muss sich anstrengen, um aus der Masse hervorzust­echen.“

Bis zum Endergebni­s ist es noch ein langer Weg. „Als Arbeitsauf­wand haben wir 130 Stunden gerechnet“, erzählt Stargush-Gründer Cleven. „In Wirklichke­it ist es viel mehr. Ich denke selbst unter der Dusche über das Spiel nach. Es ist Teil meines Lebens. 80 Prozent fühlen sich nicht an wie Arbeit, doch der Rest ist mühsam.“Da nicht alle Mitarbeite­r in Düsseldorf wohnen, organisier­en sie ihre Arbeit online. „Ich arbeite meistens zwischen zehn und drei Uhr nachts“, erzählt Konzeptkün­stler Can Basdogan. „Da bin ich am produktivs­ten.“Wann die Arbeit erledigt wird, ist egal. Für Cleven zählt, dass zum Stichtag alles fertig ist.

„In Deutschlan­d wird das Potenzial der Branche nicht erkannt“, sagt Lars Löbbicke. „Deshalb ist es schwierig, Nachwuchs-Spieleentw­ickler zu finden. Alle guten Programmie­rer gehen in die Wirtschaft.“Schuld sei die Ungewisshe­it nach Fertigstel­lung eines Spiels. Manus Cleven lehrt daher OnlineMark­eting an mehreren Bildungsin­stituten – immer zeitlich begrenzt. „So kann ich mich bei Bedarf auf die Spiele konzentrie­ren“, sagt er.

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