Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Synchronsp­recher schauspiel­ern unsichtbar

- VON TOM NEBE

Keiner kennt ihre Gesichter, aber viele ihre Stimmen. Synchronsp­recher lassen Schauspiel­ern sprechen – dafür bekommen sie aber viel weniger Geld.

Viele Filmfans kennen seine Stimme: Nicolas Böll ist Synchronsp­recher und hat zum Beispiel Ben Affleck in der deutschen Fassung des Hollywood-Films „Good Will Hunting“gesprochen. Und Joaquin Phoenix als bösen Imperator im Blockbuste­r „Gladiator“. Den Begriff des Synchronsp­rechers lehnt Böll aber ab. Er und seine Kollegen seien Schauspiel­er, stellt er klar.

Die Arbeit ist sehr anspruchsv­oll: „Es ist wie Theater auf einem Quadratmet­er.“Auf kleinem Raum muss Böll vor einem Mikrofon Emotionen aus sich heraushole­n. Vor ihm laufen die Filmszenen auf einem Bildschirm. Neben der richtigen Tonlage und der passenden Emotion schaut Böll: Wie muss er sein Sprechen anpassen, um synchron zu den Lippen zu sein? Wann redet der Schauspiel­er im Film langsamer, wann atmet er? Dazu kommt der Zeitfaktor. Syn- chronsprec­her arbeiten mit sogenannte­n Takes. Das sind einzelne Szenen, die meist nur aus einem bis zwei Sätzen oder gar Atemgeräus­chen bestehen. „Die Zeit pro Take ist oft knapp“, sagt Böll. Er selbst lehnt Rollenange­bote ab, bei denen er mehr als 25 Takes pro Stunde sprechen soll.

Synchronsp­recher ist kein eigener Beruf mit entspre- chender Ausbildung. Die meisten Sprecher seien gelernte Schauspiel­er, sagt Birgit Hartig. Sie leitet in Berlin die Agentur Stimmgerec­ht. Die Agentur vermittelt Sprecher in alle Bereiche, von Hörbüchern über Werbespots und Dokumentat­ionen bis hin zu TV-Serien und Spielfilme­n.

Es gebe auch Quereinste­iger aus anderen künstleris­chen Bereichen, sagt Hartig. Oft kommen diese aus der Musik und haben schon mit ihrer Stimme gearbeitet. Eine andere Gruppe seien die „Synchron-Kinder“. Sie sprechen im Alter von fünf bis sieben Jahren ihre ersten Rollen für Kinderseri­en ein und wachsen in das Geschäft hinein. Um einzusteig­en, sei die gängigste Methode aber folgende: eine Schauspiel­schule besuchen, dann Theater spielen und Synchroner­fahrungen machen.

Wenn man mit Leitern von Schauspiel­schulen spricht, sagen diese immer wieder, dass Schauspiel­er sich mehrere Standbeine suchen sollten. Sie müssen breit aufgestell­t sein, erklärt zum Beispiel Norbert Ghafouri, der die Filmschaus­pielschule Berlin leitet. Über Deutschlan­d verteilt, gibt es ein gutes Dutzend staatliche und eine Vielzahl an privaten Schauspiel­schulen.

Auch Böll hat eine Schauspiel­schule besucht, in Theaterstü­cken und Musicals mitgespiel­t. Irgendwann hat er auch synchronis­iert. Er erzählt, dass unter Schauspiel­ern das Synchronis­ieren oft keinen guten Ruf hat. Dabei sei es eine Herausford­erung, einem Kollegen seine Stimme zu leihen. Allein vom Synchronsp­rechen können nur wenige leben. Hartig schätzt, dass vielleicht jeder Fünfte nur mit Synchronsp­rechen sein Einkommen bestreiten kann. Die Bezahlung von Synchronsp­rechern besteht aus zwei Elementen. Sie erhalten jeden Tag ein Antrittsge­ld. Das liegt oft bei 50 bis 60 Euro. Dann bekommen sie noch Geld pro Take. Das sind in der Regel drei Euro als Minimum – nach oben sind die Grenzen offen.

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FOTOS: THINKSTOCK/DIGITALVIS­ION In der vernetzten Fabrik kann die Produktion in Echtzeit verfolgt werden. Dafür müssen aber die Teile und Maschinen mit dem Internet und somit auch untereinan­der verknüpft sein.
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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT Als Synchronsp­recher muss Nicolas Böll sich in kurzer Zeit in ganz unterschie­dliche Emotionen eindenken. Gar nicht so leicht, schließlic­h steht er allein im Aufnahmera­um.

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