Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Viel Richtiges im De-Maizière-Katalog
Die innere Sicherheit beherrscht die politische Debatte wie einst nach den New Yorker Terroranschlägen von 2001. Der damalige SPD-Minister Otto Schily reagierte mit einem als „Otto-Katalog“bekannt gewordenen Maßnahmenkonzept. Nach dem WeihnachtsmarktAttentat in Berlin reagiert nun auch der amtierende CDU-Innenminister und präsentiert einen De-Maizière-Katalog. Was ist davon zu halten?
Vorneweg: einiges! Dass der CDU-Mann die Vorschläge im heraufziehenden Wahlkampf veröffentlicht, ändert nichts an ihrer Sinnhaftigkeit. Eine stärkere Zuständigkeit des Bundes bei der Überwachung der islamistischen Gefährder ist wünschenswert. Der Fall Anis Amri hat die Defizite in der Kommunikation zwischen Bund und Ländern ja offengelegt. Auch eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes ist sinnvoll, die Gefahrenabwehr und der Kampf gegen Extremismus sind nationale Aufgaben. Wie hinderlich föderale Strukturen (und Eitelkeiten) sein können, hat der NSU-Skandal auf dramatische Weise gezeigt. Was wäre gewesen, wenn das BKA früh den Auftrag bekommen hätte, die Mordserie als Tatkomplex zu prüfen?
Dass Zentralismus funktionieren kann, zeigt das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin. Das Konstrukt könnte Modell stehen für eine effiziente Sicherheitsarchitektur, die Kompetenzen bündelt und den Informationsaustausch priorisiert. Das GTAZ wurde gegen heftige Widerstände der Länder durchgesetzt, heute loben es alle. Bei einer Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz würde ja nicht gleich der Föderalismus abgeschafft. Die regionalen Einheiten, die Landesämter mit ihrem ortskundigen Personal, würden gebraucht. Es geht lediglich um Steuerung und Weisungsrechte. ie Vorschläge im Asylrecht sind ebenfalls bedenkenswert. Abschiebung ist Ländersache. Sie funktioniert aber kaum. 350.000 abgelehnte Asylbewerber müssten eigentlich zurück in ihre Heimatländer. Der Vollzug der Ausreisepflicht ist Teil unserer Rechtsordnung. Auch bei der Klärung der Identität der Flüchtlinge muss der Druck erhöht werden. Zu kurz kommt bei de Maizière die europäische Perspektive. Der Terror ist vernetzt, die Sicherheitsbehörden sind es noch viel zu wenig.
Fazit: Einiges ist richtig, manches überfällig. Der Grundsatz „So viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig“bliebe gewahrt. Überraschend wäre es nun, wenn Politiker aller Parteien unaufgeregt über eine Sicherheitsarchitektur in Zeiten des Terrors diskutierten, ohne gleich alle Ideen zu zerreden. Wie hat de Maizière selbst geschrieben: „Mäßigung ist ein zentrales Element unserer Freiheit.“BERICHT KRETSCHMANN FÜR MEHR SICHERE . . ., TITELSEITE
DADanke, EU!
ls Zahler und Mahner der EU, so sehen wir Deutsche uns gerne. Dabei sind wir alles andere als vorbildlich. Gegen kaum ein Land laufen mehr Verfahren wegen Verletzung der europäischen Verträge. Die im November eingereichte Klage der EU-Kommission wegen zu hoher Nitratwerte im deutschen Grundwasser ist dabei nur eines von derzeit 89 Verfahren. Ein Vertragsverletzungsverfahren leitet die EU-Kommission immer dann ein, wenn ein Mitgliedstaat gegen EU-Recht verstößt oder EURichtlinien nicht umsetzt. Deutschlands Föderalismus ist dafür freilich besonders anfällig: Setzt auch nur ein Bundesland eine EU-Richtlinie nicht um, wird Berlin dafür zur Rechenschaft gezogen.
Trotzdem ist das Nitrat-Problem ein gutes Beispiel dafür, wie die häufig für ihre Einmischung in nationale Belange gescholtene EU uns auch gegen nationales Versagen schützen kann. Deutsche Politiker haben nicht entschieden genug gehandelt, um Gefahren für Umwelt und menschliche Gesundheit abzuwenden. Jetzt sorgt wohl auch der Druck aus Brüssel dafür, dass endlich etwas geschieht. Danke, EU! BERICHT ZU VIEL NITRAT IN . . ., TITELSEITE