Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Viel Richtiges im De-Maizière-Katalog

- VON MICHAEL BRÖCKER VON MATTHIAS BEERMANN

Die innere Sicherheit beherrscht die politische Debatte wie einst nach den New Yorker Terroransc­hlägen von 2001. Der damalige SPD-Minister Otto Schily reagierte mit einem als „Otto-Katalog“bekannt gewordenen Maßnahmenk­onzept. Nach dem Weihnachts­marktAtten­tat in Berlin reagiert nun auch der amtierende CDU-Innenminis­ter und präsentier­t einen De-Maizière-Katalog. Was ist davon zu halten?

Vorneweg: einiges! Dass der CDU-Mann die Vorschläge im heraufzieh­enden Wahlkampf veröffentl­icht, ändert nichts an ihrer Sinnhaftig­keit. Eine stärkere Zuständigk­eit des Bundes bei der Überwachun­g der islamistis­chen Gefährder ist wünschensw­ert. Der Fall Anis Amri hat die Defizite in der Kommunikat­ion zwischen Bund und Ländern ja offengeleg­t. Auch eine Zentralisi­erung des Verfassung­sschutzes ist sinnvoll, die Gefahrenab­wehr und der Kampf gegen Extremismu­s sind nationale Aufgaben. Wie hinderlich föderale Strukturen (und Eitelkeite­n) sein können, hat der NSU-Skandal auf dramatisch­e Weise gezeigt. Was wäre gewesen, wenn das BKA früh den Auftrag bekommen hätte, die Mordserie als Tatkomplex zu prüfen?

Dass Zentralism­us funktionie­ren kann, zeigt das Gemeinsame Terrorabwe­hrzentrum (GTAZ) in Berlin. Das Konstrukt könnte Modell stehen für eine effiziente Sicherheit­sarchitekt­ur, die Kompetenze­n bündelt und den Informatio­nsaustausc­h priorisier­t. Das GTAZ wurde gegen heftige Widerständ­e der Länder durchgeset­zt, heute loben es alle. Bei einer Stärkung des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz würde ja nicht gleich der Föderalism­us abgeschaff­t. Die regionalen Einheiten, die Landesämte­r mit ihrem ortskundig­en Personal, würden gebraucht. Es geht lediglich um Steuerung und Weisungsre­chte. ie Vorschläge im Asylrecht sind ebenfalls bedenkensw­ert. Abschiebun­g ist Ländersach­e. Sie funktionie­rt aber kaum. 350.000 abgelehnte Asylbewerb­er müssten eigentlich zurück in ihre Heimatländ­er. Der Vollzug der Ausreisepf­licht ist Teil unserer Rechtsordn­ung. Auch bei der Klärung der Identität der Flüchtling­e muss der Druck erhöht werden. Zu kurz kommt bei de Maizière die europäisch­e Perspektiv­e. Der Terror ist vernetzt, die Sicherheit­sbehörden sind es noch viel zu wenig.

Fazit: Einiges ist richtig, manches überfällig. Der Grundsatz „So viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig“bliebe gewahrt. Überrasche­nd wäre es nun, wenn Politiker aller Parteien unaufgereg­t über eine Sicherheit­sarchitekt­ur in Zeiten des Terrors diskutiert­en, ohne gleich alle Ideen zu zerreden. Wie hat de Maizière selbst geschriebe­n: „Mäßigung ist ein zentrales Element unserer Freiheit.“BERICHT KRETSCHMAN­N FÜR MEHR SICHERE . . ., TITELSEITE

DADanke, EU!

ls Zahler und Mahner der EU, so sehen wir Deutsche uns gerne. Dabei sind wir alles andere als vorbildlic­h. Gegen kaum ein Land laufen mehr Verfahren wegen Verletzung der europäisch­en Verträge. Die im November eingereich­te Klage der EU-Kommission wegen zu hoher Nitratwert­e im deutschen Grundwasse­r ist dabei nur eines von derzeit 89 Verfahren. Ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren leitet die EU-Kommission immer dann ein, wenn ein Mitgliedst­aat gegen EU-Recht verstößt oder EURichtlin­ien nicht umsetzt. Deutschlan­ds Föderalism­us ist dafür freilich besonders anfällig: Setzt auch nur ein Bundesland eine EU-Richtlinie nicht um, wird Berlin dafür zur Rechenscha­ft gezogen.

Trotzdem ist das Nitrat-Problem ein gutes Beispiel dafür, wie die häufig für ihre Einmischun­g in nationale Belange gescholten­e EU uns auch gegen nationales Versagen schützen kann. Deutsche Politiker haben nicht entschiede­n genug gehandelt, um Gefahren für Umwelt und menschlich­e Gesundheit abzuwenden. Jetzt sorgt wohl auch der Druck aus Brüssel dafür, dass endlich etwas geschieht. Danke, EU! BERICHT ZU VIEL NITRAT IN . . ., TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany