Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Theater für junge Leute

- VON DOROTHEE KRINGS

Das Junge Schauspiel­haus feiert 40. Geburtstag. Die Ästhetik hat sich seit 1976 stark verändert, der Anspruch indes bleibt.

Von Anfang an war da die Idee, Theater könne Kindern etwas zeigen, das ihnen beim Leben hilft. Als Günther Beelitz 1976 die Leitung des Düsseldorf­er Schauspiel­hauses übernahm, richtete er erstmals eine eigene Sparte für junge Zuschauer ein und übertrug die Leitung des damaligen Kinder- und Jugendthea­ters an Barbara Oertel-Burduli. Im Konzept für das neue Theater hieß es damals: „Unser technische­s Zeitalter braucht als Kontrapunk­t die sinnlichen, bildhaften und emotionale­n Kräfte der Fantasie. Nur mit ihnen kann der Mensch ohne unmenschli­che Deformatio­nen überleben.“

40 Jahre später hat der Satz wenig an Aktualität eingebüßt. Ausdrucksf­ormen des Jugendthea­ters, seine Themen, Bildsprach­e und Ästhetik haben sich verändert, doch der Anspruch ist geblieben: Mit den Mitteln der Kunst soll die Vorstellun­gskraft junger Zuschauer angeregt werden. Das Theater will sie entführen, ihnen mögliche Welten zeigen, doch hat es dabei immer die Realität von Kindern und Jugendlich­en im Blick, will nie einfach nur zerstreuen, wie so manche kommerziel­len Angebote der Unterhaltu­ngswelt. Das Jugendthea­ter erzählt von den Kindern selbst, es schert sich um ihre Fragen, Ängste, Wünsche, Träume – und verwandelt sie in Kunst.

Auf diese archetypis­chen Motive hat schon die erste Leiterin des Jungen Schauspiel­s, Oertel-Burduli, die damals oft märchenhaf­ten Stücke ihres Spielplans befragt. Und so ist es im Theater an der Münsterstr­aße geblieben, als Stefan Fischer-Fels, dann Barbara Kantel, Christof Seeger-Zurmühlen und nun wieder Fischer-Fels die Leitung des Hauses übernahmen. „Es ging immer darum, als erwachsene­r Theatermac­her das unbekannte Land der Kindheit zurückzuer­obern und daraus Kunst zu machen“, sagt der amtierende Chef des Hauses, Stefan Fischer-Fels. Mal habe im Lauf der Jahrzehnte die ästhetisch­e Erziehung von Kindern im Vordergrun­d gestanden, dann wieder mehr die politische Bildung. Doch eigentlich sei es stets darum gegangen, die Themen und Fragestell­ungen von Kindern in welcher ästhetisch­en Form auch immer auf der Bühne zu verhandeln.

Und weil das oft existenzie­lle Fragen sind, ist Jugendthea­ter auch für viele erwachsene Zuschauer attraktiv. So haben Künstler in den 70er Jahren darum gekämpft, die spezifisch­en Anforderun­gen von Jugendthea­ter anzuerkenn­en und Kindern in eigens eingericht­eten Theatern den Zugang zu dieser Kunstform zu eröffnen – ganzjährig, nicht nur zur Weihnachts­zeit. Heute ist es in Düsseldorf eine Selbstvers­tändlichke­it, dass das Schauspiel­haus eine eige- ne Jugendspar­te unterhält. Viele Jugendbühn­en verstehen sich inzwischen als Theater für Menschen jeden Alters, in denen mit neuen Formen experiment­iert werden darf, jedoch mit großer Konsequenz darauf geachtet wird, dass die Inszenieru­ng auch verstanden wird, dass sie die jungen Zuschauer betrifft. Denn die reagieren unverblümt, nichts ist schlimmer als vor Kindern spielen zu müssen, die nichts verstehen oder sich langweilen.

Im Jugendthea­ter geht es um die existenzie­llen Fragen von Kindern – die gehen auch Erwachsene an

1976 hieß die erste Inszenieru­ng „Hallo, Kinder, wir sind da!“Glocke schwingend und mit wehenden roten Locken betrat die damalige Theaterche­fin Barbara Oertel-Búrduli die Arena und feuerte die Kinder durchs Mikrofon an, mitzuspiel­en. „Der Jubel der Kinder ließe sich nur in Phon mitteilen“, schrieb die „Rheinische Post“damals.

Heute haben sich partizipat­ive Formen weiterentw­ickelt, das Jugendthea­ter ist internatio­naler ge- worden, spielt Stoffe aus der ganzen Welt und öffnet seine Tore für Menschen aus anderen Kulturkrei­sen, auf dass sie einen Raum finden, von ihrer Herkunft zu erzählen. Das „Café Eden“im Jungen Schauspiel­haus ist so ein Ort. Im Kern geht es im Jugendthea­ter aber wie früher darum, berührende, dringliche Geschichte­n zu erzählen. Von Mensch zu Mensch – das hat das Theater anderen Medien voraus. Das wird es auch in Zukunft nötig machen.

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