Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

UND DIE WELT

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Gut, dass es die Kirchen gibt

Wie schön, dass es die Kirchen gibt. Wie gut also, dass Menschen aus ihrem Glauben und ihrem Amt heraus Kraft und Überzeugun­g dafür finden, vorbehaltl­os anderen zu helfen. Menschen in Not. Menschen fern der Heimat. Menschen ohne echten Ausweg. Das hört sich jetzt übertriebe­n klerikal an. Und es stimmt natürlich auch, dass man nicht erst an die Menschwerd­ung Gottes glauben muss, um sich zur Hilfe bereit zu fühlen. Der Mensch weiß, dass er gut sein soll. Und nicht wenigen ist dieser Existenzgr­und wesentlich. Der Glaube an Gott aber und die Zeugnisse Jesu führen Menschen zusammen, denen die Nächstenli­ebe auch eine Botschaft ist. Moralische­s Handeln empfinden viele als ratsam. Für Glaubende ist ein solches Tun vor dem Hintergrun­d der frohen Botschaft zudem vernünftig. Oft wird der Kirche vorgehalte­n, bloß eine Agentur beziehungs­weise Anstalt der Moral zu sein. Das ist in solcher Verkürzung schlichtwe­g falsch. Vor allem anderen steht nämlich der Glaube; aus diesem Glauben erwächst gerechtes Handeln. Erst dieses Fundament gibt der Hilfe eine besondere Qualität: Sie ist im wahrsten Sinne vorbehaltl­os und bedingungs­los; sie knüpft keine Erwartung an den Geholfenen, sie fordert keine Gegenleist­ung ein. Indem sie an nichts geknüpft ist, wird die Gefahr der Enttäuschu­ng klein. Christlich­er Glaube gibt Mut zu solcher Souveränit­ät. Die Kirchen in unserem Land haben dies bei den Flüchtling­en beherzigt. Sie haben nämlich nicht ausschließ­lich danach geschaut, was möglich und machbar sein könnte. Eine Obergrenze ist keine christlich­e Lösung. Und dennoch haben sie nicht weltfremd und -fern agiert. Realismus und Pragmatism­us schließen Nächstenli­ebe nicht aus; sie sind aber ihre kleineren Brüder. Nicht alle sind dieser Meinung. Und die Kirchen haben das zu spüren bekommen. Es gab aus dem Umfeld der AfD Morddrohun­gen gegen den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick; zuletzt wurde der Münsterane­r Bischof Felix Genn – er hat zu Silvester von einem friedliche­n Zusammenle­ben mit Muslimen gesprochen – als „Spinner“und „Dummheitsp­rediger“bezeichnet und die Kirche gleich als „Club der Schwachsin­nigen“. Kein Angriff adelt den Angegriffe­nen. Aber er dokumentie­rt die Scham- und Hilflosigk­eit der Angreifer. Mehr denn je setzt sich die Kirche in der Frage der Flüchtling­e der Wirklichke­it und der Not der Menschen aus. Sie handelt. Und wird es weiter tun, weil ihre christlich­en Werte nicht verhandelb­ar sind. Wie gut auch in dieser Zeit, dass es unsere Kirchen gibt. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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