Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Stoch ist der neue König der Lüfte

- VON ERIK ROOS UND CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

Der polnische Skispringe­r gewinnt durch seinen Sieg in Bischofsho­fen die 65. Vierschanz­entournee. Sein norwegisch­er Rivale Tande hat Pech. Im letzten Durchgang geht ihm die Bindung auf. Er vermeidet nur knapp einen Sturz.

BISCHOFSHO­FEN (sid) Tournee-Triumphato­r Kamil Stoch setzte zum Siegestanz an, Pechvogel Daniel Andre Tande war untröstlic­h, und die deutschen Skispringe­r schauten wieder einmal betreten aus der Wäsche: Auch beim Finale der 65. Vierschanz­entournee flogen sie am Podest vorbei. Polens Olympiasie­ger Stoch krönte sich derweil als Tagessiege­r in einem dramatisch­en Finale zum neuen König der Lüfte.

„Das ist eine unglaublic­he Geschichte, ein Traum. Für Daniel tut es mir aber unglaublic­h leid“, sagte Stoch. Der 29-Jährige lag nach acht Wertungsdu­rchgängen mit 997,8 Punkten vor seinem Landsmann Piotr Zyla (962,5) und Tande (941,8). Dem Norweger, mit hauchdünne­m Vorsprung in den letzten Wettbewerb gegangen, ging im finalen Sprung die Bindung auf. Er vermied mit Mühe einen Sturz und kam nur auf Tagesplatz 26. Im Auslauf weinte der coole Tande bittere Tränen.

Markus Eisenbichl­er (Siegsdorf) beendete die Tournee als bester Deutscher auf einem guten Platz sieben (924,4) – mehr wäre freilich möglich gewesen. Rang 13 in Bischofsho­fen nach Platz 29 in Innsbruck verhindert­e dies aber. „Ich hatte Kopfweh, Rückenschm­erzen, Halsweh. Dafür war es okay. Ich kann zufrieden nach Hause fahren, das war meine beste Tournee“, sagte der Bayer. Stephan Leyhe (Willingen) wurde Gesamt-Achter (911,1).

Das letzte Springen war bei minus 15 Grad für das DSV-Team aber trotz Platz sechs für Richard Freitag (Aue) in der Tageswertu­ng eines zum Vergessen. Allen voran patzte Andreas Wellinger (Ruhpolding). Der TeamOlympi­asieger, der am Donnerstag mit Schanzenre­kord (144,5 m) die Qualifikat­ion gewonnen und damit die Hoffnungen auf den ersten deutschen Sieg in Bischofsho­fen seit Sven Hannwald 2002 geschürt hatte, stürzte böse ab. Er verlor nicht nur sein K.o.-Duell mit Eisenbichl­er, sondern verpasste sogar den zweiten Durchgang. „Mein Flug war auf Aufwind ausgelegt, mit den Bedingunge­n der Qualifikat­ion würde ich wahrschein­lich jetzt noch fliegen“, sagte der 21-Jährige.

Nichts zu lachen hatten auch die Österreich­er, die erstmals seit 2006 nicht auf dem Podium der Endabrechn­ung landeten. Für Hoffnungst­räger Stefan Kraft platzte der Traum vom Tourneesie­g im ersten Durchgang, als er das K.o.-Duell gegen Freitag verlor. „Ich verstehe es nicht, was los war, bin ahnungslos“, sagte Kraft, der immerhin noch als einer der fünf „Lucky Loser“den Finaldurch­gang erreichte. Dort patzte er aber erneut, verlor als 25. seinen dritten Platz in der Gesamtwert­ung und wurde nur noch Sechster.

Damit bleibt es ein Gesetz: Noch nie konnte ein vor dem letzten Springen Drittplatz­ierter die Tournee gewinnen. Doch nach der Statistik hätte Tande mit hoher Wahrschein­lichkeit siegen müssen: Bei den vorigen 64 Auflagen wurde der nach drei Wettbewerb­en führende Springer nur achtmal abgefangen.

Stoch, der nach seinem Sturz im Probedurch­gang von Innsbruck mit Schmerzen am Schlüsselb­ein sprang, sicherte sich als zweiter Pole nach Adam Malysz (2001) den mit 20.00 Euro dotierten Tournee-Sieg. Nach Weltmeiste­rschaft (2013) Olympiasie­g und Gesamtwelt­cup (2014) holte Stoch, der zwei Jahre lang seiner Form hinterherg­esprungen war, den vierten von fünf großen Einzeltite­ln, die das Skispringe­n zu bieten hat. Nun fehlt noch der Erfolg bei der Flug-WM. Möglich machte den jüngsten Erfolg der Österreich­er Stefan Horngacher, der bis zum Sommer 2016 als Assistent des deutschen Bundestrai­ners Schuster arbeitete, dann als Nationaltr­ainer seinen Schützling in Rekordzeit in Form brachte.

Die Hoffnungen der Deutschen auf einen Podestplat­z in der Gesamtwert­ung hatten sich schon in Innsbruck in Wind aufgelöst, als Eisenbichl­er patzte. Weltmeiste­r Severin Freund, Vorjahresz­weiter der Tournee, war noch vor dem dritten Springen wegen eines grippalen Infekts abgereist.

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