Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Rensing schuftet für die Bundesliga

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Bayern München, 1. FC Köln, Bayer Leverkusen – der Torhüter blickt ohne Zorn zurück. Bei der Fortuna fühlt er sich pudelwohl und sagt: „Ich lege quasi gerade erst los.“

JAN DOBRICK BERICHTET AUS DEM TRAININGSL­AGER AUF MALTA Es sieht so aus, als würde Michael Rensing in dieser Saison weiter und höher fliegen, als jemals zuvor. Der Torwart von Fortuna Düsseldorf hat in der 2. Bundesliga sein Glück gefunden. Das wurde mit 32 Jahren aber auch mal Zeit.

Rensing ist nicht nur in Düsseldorf der Herr der Lüfte, sondern auch auf Malta, wo im Trainingsl­ager der Fortunen ein ziemlich böiger Wind herrscht. Das schwere Erbe des Oliver Kahn hält den Torhüter jedenfalls schon lange nicht mehr am Boden. „Man sollte ihm Zeit geben und Fehler zugestehen, er wird es packen“, hatte Titan Kahn nach seinem Abschiedss­piel über den Mann gesagt, dem die Zukunft im Tor des FC Bayern gehören sollte.

Das war am 2. September 2008. Doch Rensing, der kam nie so richtig in Tritt – und die Geduld beim Rekordmeis­ter war begrenzt. Trainer Jürgen Klinsmann verbannte ihn auf die Bank, Louis van Gaal nannte ihn einmal Christian, den Michael. Und am 30. Juni 2010 wurde der Vertrag schließlic­h aufgelöst. Rensing war danach ein halbes Jahr arbeitslos. So eine Verschwend­ung.

Für den Torhüter ging es zum 1. FC Köln, dann abwärts in die 2. Bundesliga. „Den Effzeh musste ich schließlic­h wegen einer politische­n Entscheidu­ng verlassen, obwohl ich in der Bundesliga zu den besten Torhütern gehört habe. Das Geschäft ist knallhart, hier und da hat es Schattense­iten, das mussten auch schon andere erfahren, nicht nur ich“, sagt der Schlussman­n, der aber nicht zornig in den Rückspiege­l blickt: „Es gab auch immer wieder tolle Erlebnisse.“Über das Hätte-Wäre-Wenn denkt er nicht andauernd nach, dafür läuft es einfach zu gut.

Rensing kam noch mal im Fußball-Oberhaus unter, bei Bayer Leverkusen, spielte als zweiter Torwart hinter Bernd Leno aber keine Rolle. Im Sommer 2013 unterschri­eb er bei Fortuna. Es sollte aber noch etwas dauern, bis ihn die Fans wie einen Helden verehren sollten.

Zum Saison-Auftakt 2013/14 stand Rensing nicht mal im Kader, er war von Trainer Mike Büskens verbannt worden. Als der Keeper gehört hatte, dass er hinter Fabian Giefer erst einmal nur die Nummer zwei sein sollte, war er wutentbran­nt aus der Teambespre­chung gestürmt. Seinem Ärger ließ er freien Lauf, sagte, dass er Fortuna schnellstm­öglich verlassen wolle. Die Karriere schien im Eimer zu sein. Doch der holprige Start ist längst vergessen.

Mittlerwei­le wärmt Giefer auf Schalke die Ersatzbank. Und Rensing hechtet ein paar Kilometer weiter von Parade zu Parade. Er lässt die meist jüngeren Gegenspiel­er um ihn herum alt aussehen. Und die Fans feiern den Publikumsl­iebling. „Für mich zählt nur noch das Hier und Jetzt, ich bin in Düsseldorf glücklich. Natürlich würde ich gerne in der Bundesliga spielen, aber ich hatte meine Auftritte im Oberhaus und weiß das zu schätzen“, sagt der Profi. „Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit und will daran auch nichts ändern.“

Der Torhüter ist ein Dauerbrenn­er, stand in der Hinrunde alle 19 Spiele in Liga und Pokal auf dem Feld, spielte neunmal zu Null. Pausen zum Durchschna­ufen? Überschätz­t! Beeindruck­end ist die Rekord-Auswärtsse­rie: In Aue (0:0), Würzburg (0:0), St. Pauli (1:0) und Berlin (1:0) hielt der Torwart seinen Kasten sauber, 369 Minuten ist er auf fremden Platz unbezwunge­n. In der 2. Bundesliga schafften die Fortunen zuletzt 1998/99 drei solcher Spiele in Folge.

„Es ist toll, was wir im ersten halben Jahr geschafft haben. Ich bin sicher, dass uns unser Weg langfristi­g nach oben führen wird“, sagt der Saubermann. Das Geheimnis seiner Stärke? „Das Trainertea­m unterstütz­t mich, das Umfeld stimmt. Ich habe schon gemerkt, dass es schwierig wird, wenn das nicht der Fall ist.“

Michael sei für das junge Team ein fantastisc­her Rückhalt, der mit seiner ganzen Erfahrung eine Menge Ruhe ausstrahlt, sagt Trainer Friedhelm Funkel über den wichtigste­n Stützpfeil­er der Flingerner. Im Dezember setzte der Vielgelobt­e sein Autogramm unter einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag bis zum 30. Juni 2019. Vertreter Lars Unnerstall bleibt im Sommer nur die Flucht. Rensing dagegen ist angekommen.

Ein Leben ohne Fußball kann er sich – auch mit mittlerwei­le 32 – nicht vorstellen. Er fühlt sich im besten Torwartalt­er. „Ich lege quasi gerade erst los“, sagt er lächelnd. Einen Job im Management könne er sich später vorstellen, weil man da das Köpfchen anstrengen müsse. Bis dahin fließt aber noch viel Wasser den Rhein runter.

 ?? FOTO: JANNING ?? Torhüter Michael Rensing beim Krafttrain­ing: Der 32-Jährige kommt gerade in das beste Torhüter-Alter.
FOTO: JANNING Torhüter Michael Rensing beim Krafttrain­ing: Der 32-Jährige kommt gerade in das beste Torhüter-Alter.

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