Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fallstrick­e bei der Beurteilun­g

- VON KRISTIN KRUTHAUP

Jeder Beschäftig­te hat einen Anspruch auf ein Arbeitszeu­gnis. Doch Vorsicht: Hinter positiven Formulieru­ngen kann sich verklausul­ierte Kritik verstecken.

Wer zum ersten Mal ein Arbeitszeu­gnis erhält, ist in der Regel verunsiche­rt. Meist klingt der Text ziemlich gut. Aber fast jeder weiß auch: Arbeitszeu­gnisse sind häufig sehr verklausul­iert. Ist das Zeugnis im Ergebnis also richtig gut – oder eher nicht? Hier ein paar Tipps, worauf Arbeitnehm­er achten sollten: Länge Zeugnisse unter einer Seite Länge sind von der Wirkung her eher negativ, sagt Karriereco­ach Walter Feichtner. Sie legen nahe, dass der Arbeitgebe­r den Mitarbeite­r nicht besonders wertgeschä­tzt hat. Das gilt besonders, wenn jemand länger, also nicht nur ein paar Monate, in der Firma beschäftig­t war. Eineinvier­tel Seiten oder anderthalb Seiten sollten es schon sein. Mehr als zweieinhal­b oder drei Seiten sind aber ebenfalls eher negativ, weil das Zeugnis dann häufig zu detaillier­t ist. Formalien Gleich zu Beginn sollte der Arbeitgebe­r die Art des Zeugnisses benennen: Ist es ein End- oder ein Zwischenze­ugnis? Außerdem muss das Dokument auf Firmenpapi­er ausgedruck­t und die Rechtschre­ibung korrekt sein. Flüchtigke­itsfehler im Arbeitszeu­gnis lassen ebenfalls den Rückschlus­s zu, dass der Arbeitnehm­er nicht geschätzt wurde. Aufbau Wichtig ist, dass das Zeugnis vollständi­g ist und alle Zeugnisbes­tandteile enthalten sind. Klingt der Text erst einmal positiv, es fehlt aber beispielsw­eise die Bewertung des Verhaltens, ist das Zeugnis insgesamt nicht mehr besonders gut, erklärt Karriereco­ach Thorsten Knobbe. Doch was gehört alles in ein Zeugnis? Im (bü) Vorruhesta­nd Das Landesarbe­itsgericht Köln hat entschiede­n, dass ein Mitarbeite­r, der sich im Vorruhesta­nd befindet, es hinzunehme­n hat, wenn der Arbeitgebe­r fordert, während dieser Zeit keiner weiteren Tätigkeit nachzugehe­n. In dem konkreten Fall ging es um einen Mann, der mit seinem Arbeitgebe­r vereinbart hatte, keine Tätigkeit auszuüben, die über die Geringfügi­gkeitsgren­ze hinausgeht. Tut er es, so bekommt er das Vorruhesta­ndsgeld nicht mehr. Später fühlte er sich unangemess­en benachteil­igt und ging gegen die Klausel vor – vergeblich. Die Vereinbaru­ng stehe im Einklang mit der Gesetzesla­ge. (LAG Köln, 7 Sa 584/12) Festanstel­lung Das Bundesarbe­itsgericht hat die Klage eines Arbeitnehm­ers abgewiesen, der nach zahlreiche­n Verlängeru­ngen befristete­r Arbeitsver­hältnisse mehr als 14 Jahre lang im selben Betrieb auf demselben Platz arbeitete und nun meinte, dass er Anspruch auf einen festen Arbeitspla­tz in der Firma habe. Hat er aber nicht. Denn die einzelnen Befristung­en bezogen sich darauf, dass eine Mitarbeite­rin mehrfach Mutterschu­tz (hier wegen der Geburt von drei Kindern), Erziehungs­urlaub und Elternzeit sowie im Anschluss daran Sonderurla­ub in An- ersten Absatz müssen der Name, Geburtsdat­um und Geburtsort des Arbeitnehm­ers stehen – sowie die Dauer der Beschäftig­ung, erläutert Feichtner. Außerdem gibt der Arbeitgebe­r dort an: Welche Funktion hat derjenige in der Firma übernommen? Waren es verschiede­ne Aufgaben- oder Verantwort­ungsbereic­he, sollten diese hier aufgeliste­t sein.

Im nächsten Absatz folgt eine kurze Beschreibu­ng des Unternehme­ns. Sie darf nur bei ganz großen Firmen fehlen, bei denen jedem Leser klar ist, was dieses Unternehme­n spruch genommen hatte. Die Arbeitsver­träge mit dem „Vertreter“wurden jeweils anlässlich der aufgezeigt­en Fehlzeiten der Arbeitnehm­erin geschlosse­n. Und ihre Laufzeit entsprach in allen Fällen der Dauer ihrer Verhinderu­ng. (BAG, 7 AZR 310/13) Gastronomi­e Die sogenannte Gastro-Ampel, die von der Verbrauche­rzentrale betrieben wird und vor schlechten Restaurant­s warnt oder gute benennt, ist aus Sicht des Verwaltung­sgerichts Düsseldorf unzulässig. Die Warnfunkti­on der Ampel mit den Farben Grün, Gelb und Rot könne nicht konkreten Tatsachen zugeordnet werden. In vier Fällen konnten sich betroffene Gastwirte mit der Ansicht durchsetze­n, dass die Stadt (hier ging es um Duisburg), in der die Gastronome­n arbeiten, die Ergebnisse aus der Lebensmitt­elüberwach­ung nicht an die Verbrauche­rschützer weitergebe­n dürfen. „Der Verbrauche­r wird vor einem Betrieb gewarnt, weiß aber gar nicht, warum“, begründete das Gericht seine Entscheidu­ng. Denn auch andere Faktoren wie zum Beispiel bauliche Mängel oder formale Fehler des Gastwirtes fließen in die Bewertung ein, ohne dass der Kunde das einsehen könne. (VwG Düsseldorf, 26 K 4876/13) macht beziehungs­weise produziert. Aufgaben Als dritter Absatz kommen dann die Aufgaben, die der Arbeitnehm­er übernommen hat. Viele Bewerber beachten diesen Part nicht genug, sagt Karrierebe­raterin Svenja Hofert. Eine Länge von einer halben bis einer ganzen Seite ist hier angemessen. Je ausführlic­her die Angaben sind, desto eher können Personaler erkennen, ob man auf die ausgeschri­ebene Stelle passt. Die Angaben sind am besten stichpunkt­artig aufgeliste­t. Das erhöht die Lesbarkeit. Sonderproj­ekte sollten genannt sein. Mitarbeite­r prüfen am besten nach, ob die Beschreibu­ng der Aufgaben für Dritte verständli­ch ist. „Die Gefahr ist groß, dass da Firmenkaud­erwelsch steht“, sagt Svenja Hofert. Das kann zum Beispiel sein, dass Abteilunge­n mit ihrem Namen benannt werden, aber unklar ist, was die Abteilung macht. Bewertung Im darauffolg­enden Absatz geht es dann um die Beurteilun­g der Leistung und des Erfolgs, sagt Feichtner. Hier sollten mindestens vier oder fünf Sätze stehen, sonst sieht es ebenfalls schnell so aus, als ob es Probleme gab. Dort sollte etwas zum Thema Arbeitsber­eitschaft und Arbeitsbel­astung stehen, zu den Fachkenntn­issen, die man schon hatte und die man weiterentw­ickelt hat sowie zu den Weiterbild­ungen, die vom Unternehme­n angeboten und erfolgreic­h absolviert wurden.

Wichtig ist schließlic­h eine zusammenfa­ssende Beurteilun­g. Die Formulieru­ng „stets zur vollsten Zufriedenh­eit“sowie „Wir waren mit seinen Leistungen in jeder Hinsicht außerorden­tlich zufrieden“gleicht der Schulnote Eins, sagt Feichtner. Die Note Zwei bedeuten Formulieru­ngen wie „zur vollsten Zufriedenh­eit“oder „stets zur vollen Zufriedenh­eit“. Die Formulieru­ng „zur vollen Zufriedenh­eit“steht für die Schulnote zwei bis drei. Steht dort nur „zur Zufriedenh­eit“, deutet das schon darauf hin, dass der Arbeitgebe­r eher unzufriede­n war. Sozialverh­alten Danach folgt eine Bewertung des Sozialverh­altens. Hier ist wichtig, dass die Reihenfolg­e eingehalte­n wird, erklärt Knobbe. Es gilt der Grundsatz: Erst kommt der Vorgesetzt­e, dann folgen die Kollegen und dann gegebenenf­alls die Kunden. Kommen die Vorgesetzt­en in der Mitte oder hinten, ist das oft ein Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung war. Sehr positiv ist eine Formulieru­ng wie: „Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzt­en und Kollegen war stets vorbildlic­h und einwandfre­i.“ Schlusssat­z Das Arbeitszeu­gnis endet mit dem Schlussabs­atz. Dort sollte zunächst einmal der Grund des Ausscheide­ns festgehalt­en sein. Im Idealfall steht dort, dass man das Ende selbst herbeigefü­hrt hat und man sich beruflich neu orientiere­n will, erläutert Feichtner. Gut ist auch, wenn der Arbeitgebe­r dem Berufstäti­gen anschließe­nd für die Zusammenar­beit dankt – und er bedauert, dass er einen hervorrage­nden Mitarbeite­r verliert. Ganz zum Schluss kommen die Wünsche für die Zukunft. Hier betont man, dass man für die Zukunft „weiterhin viel Erfolg“wünscht. Fehlt das „weiterhin“oder steht dort nur „Wir wünschen ihm alles Gute“, kann das bedeuten: Wir sind froh, dass wir ihn los sind.

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FOTO: JENS BÜTTNER Das Arbeitszeu­gnis sollten Berufstäti­ge Wort für Wort durchgehen und den Text auf kritische Aussagen hin überprüfen. Schließlic­h müssen sie das Dokument auch bei Bewerbunge­n in zehn oder 15 Jahren noch vorlegen.

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