Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Özdemir schlägt Visa-Erleichter­ung für Maghreb-Staaten vor

- VON JAN DREBES

Die Fronten bei den Grünen sind in der Debatte um sichere Herkunftsl­änder verhärtet, in der Koalition wird um Maßnahmen gestritten.

BERLIN In der Debatte um eine mögliche Anerkennun­g der MaghrebSta­aten als sichere Herkunftsl­änder haben sich führende Grüne gegen ihren Parteifreu­nd und BadenWürtt­embergs Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n gestellt. Der Vorsitzend­e der Grünen in Europa, Reinhard Bütikofer, sagte unserer Redaktion: „Ich sehe keine Notwendigk­eit, sich auf das Glatteis zu begeben, für das die Bundesregi­erung mit der Idee wirbt, die Maghreb- Staaten zu sicheren Herkunftsl­ändern zu erklären.“Auch der Grünen-Bundesvors­itzende Cem Özdemir sprach sich dagegen aus.

Kretschman­n hatte in der vergangene­n Woche deutlich gemacht, dass Baden-Württember­g der Ausweitung der sicheren Herkunftsl­änder um die besagten Maghreb-Staaten zustimmen würde, sofern die Bundesregi­erung das Ansinnen in den Bundesrat einbringe. Dort scheitert das jedoch bisher an den von Grünen mitregiert­en Ländern, mindestens vier größere von ihnen müssten dafür stimmen. Die Debatte wurde durch den Berliner TerrorAnsc­hlag und das Auftreten aggressive­r junger Männer aus nordafrika­nischen Ländern in der jüngsten Kölner Silverster­nacht angeheizt.

Bütikofer begründete seine Ablehnung damit, dass die schnelle Bearbeitun­g der Asylanträg­e von Menschen aus Algerien, Tunesien und Marokko gepaart mit Rücknahme-Abkommen bereits möglich sei. Özdemir schlägt unterdesse­n vor, den Maghreb-Staaten für die Durchsetzu­ng von Rücknahmea­b- kommen einen Schritt entgegenzu­gehen. „Wenn man möchte, dass sich Marokko, Algerien und Tunesien bewegen, muss man klug vorgehen und im Gegenzug beispielsw­eise Handels- und Visaerleic­hterungen und Stipendien im Angebot haben, damit endlich Bewegung ins Spiel kommt“, sagte Özdemir.

Unterdesse­n ist in der Bundesregi­erung Streit über die Konsequenz­en aus dem Berliner Terroransc­hlag entbrannt. Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) warf der SPD mangelnde Kooperatio­nsbe- reitschaft in Fragen der Terrorabwe­hr vor. „Gerade bei der konkreten Verbesseru­ng der Abschiebem­öglichkeit­en könnten wir viel weiter sein“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die SPD hielt de Maizière daraufhin vor, von eigenen Versäumnis­sen ablenken zu wollen.

Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) kündigte gleichzeit­ig an, er werde in den nächsten Tagen bei einem Treffen mit dem Bundesinne­nminister „sehr konkrete Vorschläge für eine erweiterte Gefährderh­aft“machen. Nach seinen Vorstellun­gen sollen is- lamistisch­e „Gefährder“ohne Asylanspru­ch künftig auch dann in Abschiebeh­aft genommen werden dürfen, wenn die Herkunftss­taaten nicht mit den deutschen Behörden zusammenar­beiten. Bisher kann eine solche Haft nur angeordnet werden, wenn die realistisc­he Möglichkei­t einer Abschiebun­g besteht. Auch der Berliner Attentäter Anis Amri war als „Gefährder“eingestuft, sein Asylantrag wurde abgelehnt. Der Tunesier konnte nicht abgeschobe­n werden, da Papiere aus seiner Heimat fehlten.

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