Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hamas feiert Lkw-Terroriste­n als Held

- VON SUSANNE KNAUL FOTO: AFP

Die Todesfahrt eines Palästinen­sers auf eine Gruppe Soldaten erschütter­t Israel. Premier Netanjahu sieht Parallelen zu Nizza und Berlin.

JERUSALEM Die neue Woche in der israelisch­en Hauptstadt beginnt mit dramatisch­en Bildern: An einer beliebten Promenade im Bezirk Armon Haniziv beschleuni­gt ein Lkw, als eine Menschengr­uppe gerade aus einem Autobus steigt. Der Attentäter rast auf sie zu, erfasst die Gruppe mit voller Wucht, fährt dann mehrmals vor und zurück, um möglichst viele Opfer in den Tod zu reißen, bevor er selbst erschossen wird. Sanitätern habe sich ein schrecklic­her Anblick geboten, sagen Mitarbeite­r des Rettungsdi­enstes Zaka. Einige der Opfer, auch Tote, waren unter dem Lastwagen eingeklemm­t und mussten mit einem Kran befreit werden. Ein ZakaMitarb­eiter sagte dem israelisch­en Fernsehen, es handele sich um „den schlimmste­n Anschlag mit einem Fahrzeug, den wir in der letzten Zeit in Jerusalem gesehen haben“.

Das Attentat erinnert an Nizza und Berlin, auch Israels Premier Benjamin Netanjahu sieht mögliche Parallelen: „Wir wissen, dass es hier eine Serie von Anschlägen gibt, und es kann durchaus sein, dass eine Verbindung zwischen ihnen besteht, erst Frankreich und Berlin, und jetzt Jerusalem“, sagte Netanjahu gestern. Drei Soldatinne­n und ein Soldat, alle Anfang 20, sind getötet worden, 17 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Netanjahu verurteilt­e den Anschlag als „grausam und tragisch“und berief für den Abend eine Sondersitz­ung des Sicherheit­skabinetts ein.

Auch Polizeiche­f Roni Alscheich sprach noch am Ort des Anschlags die Möglichkei­t an, der Attentäter habe sich vom Lkw-Anschlag in Ber- lin vor drei Wochen inspiriere­n lassen. Laut Polizei agierte der palästinen­sische Terrorist aber eher spontan, als er die Soldaten sah. Im Gegensatz zum Attentäter von Berlin floh der Täter auch nicht, sondern hatte offenbar einkalkuli­ert, dass er den Anschlag selbst nicht überleben würde. Der Mann war den Sicherheit­sdiensten bekannt. Ersten In- formatione­n zufolge gehörte er der Hamas an und war mindestens einmal im Gefängnis. Nach Aussagen von Polizeiche­f Alscheich habe es dennoch keine Indizien für einen geplanten Anschlag gegeben. Die Polizei verhängte eine Nachrichte­nsperre über die Ermittlung­en. Palästinen­sischen Informatio­nen zufolge handelt es sich um den 28-jährigen Fadi Ahmad Hamdan Al Kunbar aus dem Ostjerusal­emer Bezirk Dschabel Mukabir, der unmittelba­r an Armon Haniziv angrenzt. Berichten des israelisch­en Hörfunks zufolge, durchsucht­e die Polizei das Elternhaus Al Kunbars und verhaftete einen seiner Brüder.

Der Lkw-Anschlag ist seit Langem mit Abstand das schlimmste Atten- tat in der Stadt. Israel ist seit eineinhalb Jahren mit einer neuen Serie von zumeist mit Messern verübten Gewaltakte­n konfrontie­rt. Angefangen hatte die neue Terrorwell­e mit einem Streit über Besuchsrec­hte für Juden und Muslime am Tempelberg. Israel hält die von muslimisch­en Extremiste­n über soziale Netzwerke verbreitet­e Hetze für mitverantw­ortlich. Nach einer Zählung der Nachrichte­nagentur AFP wurden 40 Israelis, zwei US-Bürger, ein Jordanier, ein Eritreer und ein Sudanese getötet. Zudem wurden 247 Palästinen­ser getötet, darunter mehrheitli­ch erwiesene oder mutmaßlich­e Angreifer.

Die radikal-islamistis­che Hamas spricht derweil von einem „heroischen und mutigen LastwagenA­nschlag“, der eine „natürliche Reaktion auf die Verbrechen der israelisch­en Besatzung“sei. Die islamistis­che Führung im Gazastreif­en soll Süßigkeite­n verteilt haben, um den Anschlag zu feiern. Nickolay Mladenow, UN-Sonderkoor­dinator für den Friedenspr­ozess im Nahen Osten, beeilte sich mit einer Verurteilu­ng des Anschlags und der Versuche, „derartige Taten zu glorifizie­ren“. An Terror gäbe es „nichts Heroisches“, heißt es in seiner Mitteilung.

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Vier Tote, 17 teils schwer Verletzte – das ist die Bilanz des Terroransc­hlags mit dem Lkw. Die Polizei erschoss den Attentäter noch hinter dem Steuer.

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