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Eigenheim – lieb und teuer
DÜSSELDORF/BERLIN Ein Instinktpolitiker wie Sigmar Gabriel weiß natürlich, was den Menschen in den Ballungsräumen auf den Nägeln brennt: Es fehlt fast überall an bezahlbarem Wohnraum. Viele träumen gerade angesichts der noch geringen Bauzinsen von den eigenen vier Wänden. Neben NRWBauminister Michael Groschek nahm sich der Bundeswirtschaftsminister gestern in Köln deshalb zwei Stunden Zeit für ein Podium, um vorzustellen, wie die SPD die hohen Preise herunterbringen will.
Auch die Union hat das Thema schon für sich erkannt, auch sie plant für die kommende Legislaturperiode Schritte, die das teure Wohnen günstiger machen sollen. Experten halten jedoch nicht jeden Befund der Politiker für richtig und nicht jeden Vorschlag für zielführend. Ist das Wohnen in Nordrhein-Westfalen noch bezahlbar? In der Durchschnittsbetrachtung schon. Zwar setzt sich der lang anhaltende Trend zu steigenden Mieten fort: Laut dem jüngsten Wohnungsmarktreport des Immobilienkonzerns LEG haben sich die angebotenen Kaltmieten im Jahresvergleich erneut um 2,1 Prozent auf im Schnitt 6,38 Euro pro Quadratmeter erhöht. Gleichzeitig sind aber auch die Einkommen gestiegen. Der Anteil der Warmmiete an der Haushaltskaufkraft ist deshalb im vergangenen Jahr sogar von 18,7 Prozent auf 18,2 Prozent gesunken. Wo gibt es die größten Probleme? In den Ballungszentren liegt der Wohnkostenanteil an der Kaufkraft inzwischen allerdings bei 24,5 Prozent (Düsseldorf), 24,1 Prozent (Köln), 23,3 Prozent (Münster) und 23 Prozent (Aachen). Die deutlich schlechtere Relation von Kaufkraft und Wohnkosten ist selbst in den Ballungszentren nicht für alle Bürger problematisch, für einen Teil der dortigen Bevölkerung dafür umso mehr. Beispiel Düsseldorf: Zwar ist das mittlere jährliche Pro-Kopf-Einkommen in der Landeshauptstadt mit 25.963 Euro das höchste in NRW. Ein Viertel der Düsseldorfer Haushalte verfügt jedoch nur über ein Einkommen, das deutlich unter diesem Schnitt liegt. Thomas Hegel, Chef der LEG, sagt: „Mehrköpfige Haushalte, die weniger als 2500 Euro netto im Monat verdienen, haben in Städten wie Düsseldorf und Köln echte Probleme auf dem Wohnungsmarkt.“ Warum ist das Wohnen so teuer geworden? Ein wesentlicher Faktor sind die dramatisch gestiegenen Neubaukosten: Neue Umweltschutz-Auflagen und explodierende Preise für Bauland haben die Kosten im Neubau auf mindestens 2500 Euro pro Quadratmeter getrieben. Allein die jüngste Energiesparverordnung hat die Baukosten um acht Prozent steigen lassen. Das zwingt Investoren dazu, Kaltmieten von über zehn Euro pro Quadratmeter zu verlangen. Preistreibend wirkt auch die Grunderwerbsteuer. Rot-Grün in NRW hat den Steuersatz seit 2010 gleich zweimal angehoben. Mit 6,5 Prozent liegt NRW heute im Ländervergleich an der Spitze. In den benachbarten Niederlanden etwa betrage die Grunderwerbsteuer nur zwei Prozent, sagt Michael Voigtländer, Experte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW): „In Deutschland wollen zu viele Leute an der Immobilie mitverdienen, auch die Bundesländer.“NRW-Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) fordert außerdem das Aussetzen der jüngsten Energiesparverordnung: „Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Energieeinsparung.“ Können Geringverdiener nicht auf günstige Bestandsbauten ausweichen? Ja, aber nicht alle. In NRW müssten jährlich 80.000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Die Zahl der Baugenehmigungen ist seit 2008 um zwei Drittel auf immer noch nur 55.805 gestiegen. Das strukturelle Unterangebot wirkt preistreibend auf den gesamten Mietmarkt, auch auf das Segment der günstigen Wohnungen. Nordrhein-Westfalen hat die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau aufgestockt. 2015 wurden deshalb fast 40 Prozent der bundesweiten SozialNeubauten in NRW errichtet. Das waren aber trotzdem nur 5538. Was plant die SPD? Die Sozialdemokraten haben zwar vor allem Mieter im Blick, wollen aber auch den Immobilienerwerb für Leute mit geringen Einkommen vergünstigen. Sie setzen bei den Nebenkosten an: Die Gebühren für Notare und Grundbucheintrag sollen pauschaliert und gesenkt werden. Allerdings sind die Notargebühren heute schon so gestaffelt, dass sie prozentual
Hauspreise und Zinsen in Deutschland
Entwicklung des realen Hauspreisindex (Basisjahr 2010) und der langfristigen Zinsen in Prozent
Langfristige Zinsen (linke Achse)
Reale Hauspreise (rechte Achse)