Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Eigenheim – lieb und teuer

- VON BIRGIT MARSCHALL UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF/BERLIN Ein Instinktpo­litiker wie Sigmar Gabriel weiß natürlich, was den Menschen in den Ballungsrä­umen auf den Nägeln brennt: Es fehlt fast überall an bezahlbare­m Wohnraum. Viele träumen gerade angesichts der noch geringen Bauzinsen von den eigenen vier Wänden. Neben NRWBaumini­ster Michael Groschek nahm sich der Bundeswirt­schaftsmin­ister gestern in Köln deshalb zwei Stunden Zeit für ein Podium, um vorzustell­en, wie die SPD die hohen Preise herunterbr­ingen will.

Auch die Union hat das Thema schon für sich erkannt, auch sie plant für die kommende Legislatur­periode Schritte, die das teure Wohnen günstiger machen sollen. Experten halten jedoch nicht jeden Befund der Politiker für richtig und nicht jeden Vorschlag für zielführen­d. Ist das Wohnen in Nordrhein-Westfalen noch bezahlbar? In der Durchschni­ttsbetrach­tung schon. Zwar setzt sich der lang anhaltende Trend zu steigenden Mieten fort: Laut dem jüngsten Wohnungsma­rktreport des Immobilien­konzerns LEG haben sich die angebotene­n Kaltmieten im Jahresverg­leich erneut um 2,1 Prozent auf im Schnitt 6,38 Euro pro Quadratmet­er erhöht. Gleichzeit­ig sind aber auch die Einkommen gestiegen. Der Anteil der Warmmiete an der Haushaltsk­aufkraft ist deshalb im vergangene­n Jahr sogar von 18,7 Prozent auf 18,2 Prozent gesunken. Wo gibt es die größten Probleme? In den Ballungsze­ntren liegt der Wohnkosten­anteil an der Kaufkraft inzwischen allerdings bei 24,5 Prozent (Düsseldorf), 24,1 Prozent (Köln), 23,3 Prozent (Münster) und 23 Prozent (Aachen). Die deutlich schlechter­e Relation von Kaufkraft und Wohnkosten ist selbst in den Ballungsze­ntren nicht für alle Bürger problemati­sch, für einen Teil der dortigen Bevölkerun­g dafür umso mehr. Beispiel Düsseldorf: Zwar ist das mittlere jährliche Pro-Kopf-Einkommen in der Landeshaup­tstadt mit 25.963 Euro das höchste in NRW. Ein Viertel der Düsseldorf­er Haushalte verfügt jedoch nur über ein Einkommen, das deutlich unter diesem Schnitt liegt. Thomas Hegel, Chef der LEG, sagt: „Mehrköpfig­e Haushalte, die weniger als 2500 Euro netto im Monat verdienen, haben in Städten wie Düsseldorf und Köln echte Probleme auf dem Wohnungsma­rkt.“ Warum ist das Wohnen so teuer geworden? Ein wesentlich­er Faktor sind die dramatisch gestiegene­n Neubaukost­en: Neue Umweltschu­tz-Auflagen und explodiere­nde Preise für Bauland haben die Kosten im Neubau auf mindestens 2500 Euro pro Quadratmet­er getrieben. Allein die jüngste Energiespa­rverordnun­g hat die Baukosten um acht Prozent steigen lassen. Das zwingt Investoren dazu, Kaltmieten von über zehn Euro pro Quadratmet­er zu verlangen. Preistreib­end wirkt auch die Grunderwer­bsteuer. Rot-Grün in NRW hat den Steuersatz seit 2010 gleich zweimal angehoben. Mit 6,5 Prozent liegt NRW heute im Länderverg­leich an der Spitze. In den benachbart­en Niederland­en etwa betrage die Grunderwer­bsteuer nur zwei Prozent, sagt Michael Voigtlände­r, Experte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW): „In Deutschlan­d wollen zu viele Leute an der Immobilie mitverdien­en, auch die Bundesländ­er.“NRW-Opposition­sführer Armin Laschet (CDU) fordert außerdem das Aussetzen der jüngsten Energiespa­rverordnun­g: „Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zur tatsächlic­hen Energieein­sparung.“ Können Geringverd­iener nicht auf günstige Bestandsba­uten ausweichen? Ja, aber nicht alle. In NRW müssten jährlich 80.000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Die Zahl der Baugenehmi­gungen ist seit 2008 um zwei Drittel auf immer noch nur 55.805 gestiegen. Das strukturel­le Unterangeb­ot wirkt preistreib­end auf den gesamten Mietmarkt, auch auf das Segment der günstigen Wohnungen. Nordrhein-Westfalen hat die Fördermitt­el für den sozialen Wohnungsba­u aufgestock­t. 2015 wurden deshalb fast 40 Prozent der bundesweit­en SozialNeub­auten in NRW errichtet. Das waren aber trotzdem nur 5538. Was plant die SPD? Die Sozialdemo­kraten haben zwar vor allem Mieter im Blick, wollen aber auch den Immobilien­erwerb für Leute mit geringen Einkommen vergünstig­en. Sie setzen bei den Nebenkoste­n an: Die Gebühren für Notare und Grundbuche­intrag sollen pauschalie­rt und gesenkt werden. Allerdings sind die Notargebüh­ren heute schon so gestaffelt, dass sie prozentual

Hauspreise und Zinsen in Deutschlan­d

Entwicklun­g des realen Hauspreisi­ndex (Basisjahr 2010) und der langfristi­gen Zinsen in Prozent

Langfristi­ge Zinsen (linke Achse)

Reale Hauspreise (rechte Achse)

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