Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

So wohnen die Deutschen

- VON TIM SPECKS

Die Möbelmesse „imm“in Köln zeigt die Branchentr­ends des Jahres. Angesagt sind vor allem naturbelas­sene Materialie­n, Plüsch und die Farbe Grün. Das Wohnzimmer verliert an Bedeutung als Treffpunkt für Familie und Freunde.

KÖLN Zuhause ist es am schönsten. Und damit die Deutschen wissen, wie es sich dort noch schöner leben lässt, lädt die Möbelmesse „imm cologne“alljährlic­h ein, die Einrichtun­gstrends des Jahres zu bestaunen. Die Messe zeigt dabei nicht nur, was – geht es nach den Möbelfabri­kanten – angesagt ist. Sie gibt gleichzeit­ig einen Einblick in die Seele der Deutschen. Frei nach dem Motto: Wohnungen sind der Spiegel der Gesellscha­ft.

Ursula Geismann

Einer der auffälligs­ten Trends in der Möbelbranc­he ist der Nostalgiec­harakter vieler aktueller Stücke. „Ob aus der Bauhaus-Zeit oder aus den 1950ern, Klassiker erfreuen sich starker Beliebthei­t“, sagt Ursula Geismann, Trendanaly­stin des Verbandes der Deutschen Möbelindus­trie (VDM). Tische, Stühle oder Kommoden etwa, die in ihrer Form an bekannte Vorbilder aus früheren Zeiten erinnerten, stünden für Wertstabil­ität, Nachhaltig­keit und Langlebigk­eit.

Neben dem Vormarsch nostalgisc­h anmutender Möbelstück­e prognostiz­iert Geismann auch den verstärkte­n Einzug von Kitsch in die deutschen Haushalte. „Heimatdesi­gn hat für viele Menschen einen kultigen Charakter bekommen“, sagt die Expertin. So seien etwa Kuckucksuh­ren, Hirschgewe­ihe oder gar hölzerne Stühle mit ausgesägte­m Herz beliebt. Mit steigender Beliebthei­t kitschiger Möbestücke erlebt laut VDM in diesem Jahr auch Plüsch als Bezugsstof­f eine Renaissanc­e. Wer den ganzen Tag in sterilen oder puristisch­en Umgebungen unterwegs sei, sehne sich daheim nach etwas, dass er erleben und erfühlen könne, so Geismann. Zudem bringe auch der Wunsch, sich unkonventi­onell einzuricht­en, Plüschsess­el oder -sofas in die Wohnungen: „Sie lassen sich etwa gut mit einem weißen Lacktisch kombiniere­n.“

Geht es nach dem, was vom 16. bis 22. Januar auf dem Kölner Messegelän­de zu sehen sein wird, wächst in diesem Jahr auch das Bewusstsei­n deutscher Verbrauche­r für die Umwelt. Naturmater­ialien wie Holz, Leder, Schiefer oder Kork liegen laut Expertin Geismann im Trend – sogenannte Lebensspur­en werden dabei sogar bei Bedarf absichtlic­h hinzugefüg­t. Der Wunsch nach naturbelas­senen Möbelstück­en wird vor allem von der Landlust vieler Stadtbewoh­ner verstärkt, sagt Geismann: „So holen sie sich ein Stück Land nach Hause.“

Die Einrichtun­gstrends werden 2017 auch vom Streben nach Individual­ität bestimmt. Die drückt sich nicht nur in möglichst einzigarti­gen Möbelstück­en aus, sondern auch im Bedeutungs­wandel. So haben Sofalandsc­haften als Sammelpunk­t der Familie ausgedient. Gemeinsame­s Fernsehen im Wohnzimmer sei nicht mehr angesagt, vielmehr diene das Wohnzimmer dem individuel­len Rückzug, sagt Geismann. Das schlägt sich etwa im Design moderner Sofas nieder: Sie sind kleiner und oft nur für eine Person angelegt – „gedacht zum Rückzug und dem Alleinesei­n“, sagt die Expertin.

Eines müssen die Möbel in diesem Jahr in jedem Fall sein: grün. Die weltweit einflussre­iche USFarbfirm­a Pantone hat „Greenery“, ein helles Grün, als Farbton des Jahres ausgerufen. „Damit soll ein ganzes Lebensgefü­hl ausgedrück­t werden“, sagt Geismann. Soll heißen: Die Deutschen haben Lust auf Natur und Luftholen. Ab jetzt am besten auf einem kleinen, grünen Plüschsofa.

„Heimatdesi­gn hat für

viele einen kultigen Charakter bekommen“

Trendanaly­stin

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