Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nachts sind alle Ausländer „Nafris“

- VON STEFAN WEIGEL VON EVA QUADBECK VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER KUSCHELN, STREICHELN, WOHLFÜHLEN, SEITE A 3

Die Pannengesc­hichte der Kölner Polizei ist um eine Episode reicher: Anders als bisher behauptet stammen die meisten jungen Männer, die Silvester am Hauptbahnh­of kontrollie­rt wurden, offenbar nicht aus Nordafrika, sondern aus dem Irak, aus Syrien und aus Afghanista­n.

Nun ist es durchaus egal, welche Staatsange­hörigkeit Menschen haben – wenn sie sich in großen Gruppen versammeln und es Grund zur Annahme gibt, dass sie Straftaten verüben könnten, dann kann und sollte die Polizei ihre Personalie­n feststelle­n. Es ist oft auch richtig, die Nationalit­äten von Straftäter­n und Verdächtig­en zu nennen, damit sich die Öffentlich­keit ein Bild von Kriminalit­ätsstruktu­ren machen kann; Polizeibeh­örden und Journalist­en haben in diesem Punkt erfreulich­erweise dazugelern­t.

Aus diesem Recht zur Offenheit erwächst aber auch eine Pflicht zur Sorgfalt: Vorschnell von „Nafris“zu twittern, wie es die Kölner Polizei getan hat, oder von 2000 jungen Nordafrika­nern zu sprechen, wie es der Polizeiprä­sident laut Zeitungsbe­richt getan hat, ist bestenfall­s fahrlässig und geeignet, das ohnehin angeschlag­ene Vertrauen in die Öffentlich­keitsarbei­t der Behörden weiter zu beschädige­n. Schlimmste­nfalls ist es rassistisc­h. BERICHT NUR WENIGE NORDAFRIKA­NER IN KÖLN, TITELSEITE

Flüchtling­skrise? Terrorgefa­hr? Die Herausford­erung der Integratio­n? Streit mit der CSU? War da was? Die „Saarländis­che Erklärung“zum Treffen der CDU-Parteispit­ze im Saarland liest sich, als sei nichts gewesen. Die CDU-Führung will an diesem Wochenende mit anderen Themen die Schlagzeil­en bestimmen. Mehr Investitio­nen in die Digitalisi­erung und die Infrastruk­tur sowie mehr finanziell­e Hilfen für junge Familien. Das ist der Versuch, den Schrecken des vergangene­n Jahres eine heile Welt entgegenzu­stellen. Und um wirklich effektvoll vom Thema Innere Sicherheit abzulenken, rufen Finanzmini­ster Schäuble und Unionsfrak­tionschef Kauder auch noch: 15 Milliarden Euro Steuersenk­ung!

Zugleich verspricht Merkel eine Politik von „Maß und Mitte“, womit sie ja ihre unglaublic­he Popularitä­t vor der Flüchtling­skrise erreicht hatte. Es spricht nichts dagegen, dass die CDU versucht, das Volk mal wieder auf andere Gedanken zu bringen. Die Taktik, nur über das Positive zu sprechen, wird aber nicht lange tragen. Im Wahlkampf wird die CDU von den Fragen nach Innerer Sicherheit und Integratio­n eingeholt werden. BERICHT CDU VERSPRICHT MILLIARDEN-ENTLASTUNG, TITELSEITE

SMerkels Maß und Mitte

Keine Tabus im Alter

ex ist das Natürlichs­te der Welt. Dennoch treibt das Thema immer noch vielen die Schamesröt­e ins Gesicht, wenn darüber gesprochen wird. Vieles wird nach wie vor zu Unrecht tabuisiert – wie zum Beispiel körperlich­e Nähe im Alter oder bei Menschen mit Behinderun­gen. Man schweigt das Thema lieber tot. Und wenn mal jemand die Debatte anstößt – wie in dieser Woche eine Grünen-Politikeri­n –, wird er von Kritikern schnell als weltfremd diffamiert.

Dabei wäre ein öffentlich­er Diskurs auch wegen des demografis­chen Wandels notwendig. Die Menschen werden immer älter – und ihre Bedürfniss­e bleiben meist bestehen. Was ist, wenn man sich im Alter nach Nähe und Zärtlichke­it sehnt, man aber wegen körperlich­er oder geistiger Gebrechen nicht mehr selbst in der Lage ist, Sexualität auszuüben? Wenn man alleinsteh­end ist und dafür Hilfe braucht? Soll man sein Verlangen dann unterdrück­en, nur weil es sich angeblich nicht ziemt? Das kann niemand wollen. Daher sollte man auch nicht sofort die Nase rümpfen, nur weil es Frauen gibt, die diesen Menschen ihre speziellen Dienste anbieten. BERICHT

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