Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Nachts sind alle Ausländer „Nafris“
Die Pannengeschichte der Kölner Polizei ist um eine Episode reicher: Anders als bisher behauptet stammen die meisten jungen Männer, die Silvester am Hauptbahnhof kontrolliert wurden, offenbar nicht aus Nordafrika, sondern aus dem Irak, aus Syrien und aus Afghanistan.
Nun ist es durchaus egal, welche Staatsangehörigkeit Menschen haben – wenn sie sich in großen Gruppen versammeln und es Grund zur Annahme gibt, dass sie Straftaten verüben könnten, dann kann und sollte die Polizei ihre Personalien feststellen. Es ist oft auch richtig, die Nationalitäten von Straftätern und Verdächtigen zu nennen, damit sich die Öffentlichkeit ein Bild von Kriminalitätsstrukturen machen kann; Polizeibehörden und Journalisten haben in diesem Punkt erfreulicherweise dazugelernt.
Aus diesem Recht zur Offenheit erwächst aber auch eine Pflicht zur Sorgfalt: Vorschnell von „Nafris“zu twittern, wie es die Kölner Polizei getan hat, oder von 2000 jungen Nordafrikanern zu sprechen, wie es der Polizeipräsident laut Zeitungsbericht getan hat, ist bestenfalls fahrlässig und geeignet, das ohnehin angeschlagene Vertrauen in die Öffentlichkeitsarbeit der Behörden weiter zu beschädigen. Schlimmstenfalls ist es rassistisch. BERICHT NUR WENIGE NORDAFRIKANER IN KÖLN, TITELSEITE
Flüchtlingskrise? Terrorgefahr? Die Herausforderung der Integration? Streit mit der CSU? War da was? Die „Saarländische Erklärung“zum Treffen der CDU-Parteispitze im Saarland liest sich, als sei nichts gewesen. Die CDU-Führung will an diesem Wochenende mit anderen Themen die Schlagzeilen bestimmen. Mehr Investitionen in die Digitalisierung und die Infrastruktur sowie mehr finanzielle Hilfen für junge Familien. Das ist der Versuch, den Schrecken des vergangenen Jahres eine heile Welt entgegenzustellen. Und um wirklich effektvoll vom Thema Innere Sicherheit abzulenken, rufen Finanzminister Schäuble und Unionsfraktionschef Kauder auch noch: 15 Milliarden Euro Steuersenkung!
Zugleich verspricht Merkel eine Politik von „Maß und Mitte“, womit sie ja ihre unglaubliche Popularität vor der Flüchtlingskrise erreicht hatte. Es spricht nichts dagegen, dass die CDU versucht, das Volk mal wieder auf andere Gedanken zu bringen. Die Taktik, nur über das Positive zu sprechen, wird aber nicht lange tragen. Im Wahlkampf wird die CDU von den Fragen nach Innerer Sicherheit und Integration eingeholt werden. BERICHT CDU VERSPRICHT MILLIARDEN-ENTLASTUNG, TITELSEITE
SMerkels Maß und Mitte
Keine Tabus im Alter
ex ist das Natürlichste der Welt. Dennoch treibt das Thema immer noch vielen die Schamesröte ins Gesicht, wenn darüber gesprochen wird. Vieles wird nach wie vor zu Unrecht tabuisiert – wie zum Beispiel körperliche Nähe im Alter oder bei Menschen mit Behinderungen. Man schweigt das Thema lieber tot. Und wenn mal jemand die Debatte anstößt – wie in dieser Woche eine Grünen-Politikerin –, wird er von Kritikern schnell als weltfremd diffamiert.
Dabei wäre ein öffentlicher Diskurs auch wegen des demografischen Wandels notwendig. Die Menschen werden immer älter – und ihre Bedürfnisse bleiben meist bestehen. Was ist, wenn man sich im Alter nach Nähe und Zärtlichkeit sehnt, man aber wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht mehr selbst in der Lage ist, Sexualität auszuüben? Wenn man alleinstehend ist und dafür Hilfe braucht? Soll man sein Verlangen dann unterdrücken, nur weil es sich angeblich nicht ziemt? Das kann niemand wollen. Daher sollte man auch nicht sofort die Nase rümpfen, nur weil es Frauen gibt, die diesen Menschen ihre speziellen Dienste anbieten. BERICHT