Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Von Kardinälen und Kondomen

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Im Malteser-Orden tobt ein Streit um die Auslegung des katholisch­en Glaubens – ein Spiegelbil­d der Zerrissenh­eit der Kirche.

ROM Die Malteser kennt man in Deutschlan­d in erster Linie als Sanitäter, die mit Blaulicht zur nächsten Unfallstel­le rasen. Rom-Reisende wissen auch um die malerisch gelegene Villa des Malteser-Ordens auf dem vornehmen Aventin-Hügel. Doch von mitmenschl­ichem Einsatz für andere oder gar kultiviert­en Umgangsfor­men ist in dem RitterOrde­n in diesen Tagen kaum noch die Rede. Stattdesse­n tobt ein Machtkampf, in dem sogar die Autorität des Papstes infrage gestellt wird. Das seit Wochen gärende Malteser-Drama hat alle Zutaten für einen sagenhafte­n Plot: Es geht um Souveränit­ät, Gehorsam, Kardinäle und Kondome.

Der Souveräne Malteser-Orden ist eine katholisch­e Ordensgeme­inschaft mit Sitz in Rom, in der in diesen Tagen ein bizarrer Kulturkamp­f um den rechten Glauben ausgetrage­n wird. Deren ehemaliger Koordinato­r, der deutsche Freiherr Albrecht von Boeselager, der sich bis vor Kurzem Großkanzle­r des Ordens nennen durfte, ist der Stein des Anstoßes der Affäre. Er wurde Anfang Dezember per Disziplina­rverfahren vom Ordensober­en, dem Großmeiste­r Matthew Festing, aus dem Orden ausgeschlo­ssen.

Seit Längerem kritisiert die Führung des extrem traditions­bewussten und streng hierarchis­ch strukturie­ren Ordens von Boeselager, weil er als Zuständige­r für die humanitäre­n Missionen des Ordens vor allem in Myanmar die massenhaft­e Verteilung von Präservati­ven und an- weis auf die Souveränit­ät des Ordens untersagte Großmeiste­r Festing den Mitglieder­n eine Zusammenar­beit mit dem Vatikan und verwies auf den völkerrech­tlichen Status des Ordens, der eine eigene Botschaft am Heiligen Stuhl unterhält, Diplomaten­pässe ausstellt und mit über 100 Staaten Beziehunge­n pflegt. Die Verweigeru­ng der Zusammenar­beit mit dem Vatikan gilt als einmaliger Vorgang, auch weil die Malteser als katholisch­er Orden organisier­t sind, deren Führungsri­ege Gelübde ableisten muss. Von Boeselager reichte gestern vor einem ordensinte­rnen Gericht Klage ein. Die Amtsentheb­ung und der Ausschluss aus dem Ritterorde­n entbehrten „jeder rechtliche­n Grundlage“. In Rom vermuten nun manche, der Kulturkamp­f bei den Maltesern sei nur ein Vorgeschma­ck auf andere Auseinande­rsetzungen über Sex, Moral und Macht in der gesamten katholisch­en Kirche.

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