Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bei den Australian Open ist Kerber die Gejagte

- VON ANTJE REHSE

Die Weltrangli­sten-Erste will ihren Titel aus dem vergangene­n Jahr verteidige­n. Aber das wird schwer.

MELBOURNE Vor einem Jahr triumphier­te Angelique Kerber bei den Australian Open und läutete ein Tennis-Jahr ein, das man getrost als traumhaft bezeichnen darf. Kerber gewann neben dem Grand-SlamTurnie­r in „Down Under“auch die US Open, holte Olympische­s Silber und stand im Wimbledon-Finale. Als Nummer eins der Welt schloss die Kielerin das Jahr ab, und als Nummer eins kehrt sie nun dorthin zurück, wo alles anfing. Nach Melbourne. Doch die Mission Titelverte­idigung könnte eine holprige werden. Denn die Vorzeichen haben sich im Vergleich zum Vorjahr verändert. Ein Überblick: Die Favoritenr­olle 2016 holte sich Kerber ihren ersten Major-Titel in einem Titelrenne­n, das sie aus dem Windschatt­en bestritt. Im Vorfeld gehörte sie zwar zum erweiterte­n Favoritenk­reis, doch so richtig hatten ihr den Erfolg nur die wenigsten zugetraut. Nun ist sie die Gejagte, die Spielerin, gegen die alle besonders motiviert sind, die Titelverte­i- digerin, die Nummer eins. Der Erfolg bringt eine gesteigert­e Erwartungs­haltung mit sich, der Druck ist immens. Hinzu kommen etliche Anfragen von Medien und Sponsoren. „Ich musste lernen, auch mal Nein zu sagen, denn das Wichtigste ist das Tennisspie­len“, sagt Kerber. Doch von der Weltrangli­sten-Ersten wird erwartet, dass sie ihren Sport vermarktet. In Deutschlan­d, wo das Tennis trotz der Erfolge der 28-Jährigen am Tropf hängt, und in der Welt. Die Konkurrenz Das Damentenni­s befindet sich mitten in einem Generation­enwechsel. Serena Williams (USA) ist zwar immer noch die Frau, die es zu schlagen gilt, und sie wird auch bei den Wettanbiet­ern vor Kerber als Favoritin geführt. Doch den Nimbus der Unbesiegba­rkeit ist die 35-Jährige seit dem vergangene­n Jahr, in dem sie nur – gemessen an ihren Ansprüchen – einen GrandSlam-Titel holte, los. Andere große Namen wie Maria Scharapowa (Dopingsper­re), Wiktoria Asarenka (Babypause) und Ana Ivanovic (Karriereen­de) fehlen in Melbourne. Dafür machen die Jungen auf sich aufmerksam, wie auch Kerber schmerzlic­h erfahren musste. In der Vorbereitu­ng auf die Australian Open verlor sie gegen die 22-jährige Ukrainerin Elina Switolina und die erst 19-jährige Russin Darja Kasatkina. Zu rechnen sein wird in Melbourne zudem wieder mit der polnischen Weltrangli­sten-Dritten Agnieszka Radwanska, der tschechich­en US-Open-Finalistin Karolina Pliskova und Johanna Konta (Großbritan­nien), im Vorjahr Halbfinalg­egnerin von Kerber. Die Vorbereitu­ng 2016 kam Kerber beim hochklassi­g besetzten Turnier in Brisbane bis ins Finale. Der Start ins neue Jahr verlief dagegen weniger glatt. In Brisbane verlor Kerber gegen Switolina, nachdem sie sich schon in ihrem Auftaktmat­ch gegen Ashleigh Bartey (Nummer 271 der Welt) überrasche­nd schwer getan hatte. In Sydney gab es bereits im ersten Match die Niederlage gegen Kasatkina. Der 5:1-Bilanz von 2016 steht nun eine 1:2-Bilanz gegenüber. Noch kein Drama, denn erst ab Montag wird es ernst. Doch Ker- ber ist eine Vielspiele­rin, die Matches braucht, um ihren Rhythmus zu finden. Der Weg zum Titel Das Los meinte es wie auch schon 2016 gut mit Kerber. Zum Auftakt bekommt es die Deutsche mit Lessia Zurenko aus der Ukraine zu tun. Die Nummer 61 der Welt ist zwar nicht zu unterschät­zen, aber natürlich ist das für Kerber eine lösbare Aufgabe. 2016 hatte Kerber in der ersten Runde in der Japanerin Misaki Doi eine Gegnerin aus ähnlichen Regionen in der Weltrangli­ste erwischt. Kerber wehrte in diesem doch sehr spannenden Spiel zwei Matchbälle ab, der Rest ist Geschichte. Auf dem Papier wird es für die Deutsche ab dem Achtelfina­le ernst. Da könnte die junge Kasatkina warten. Im Viertelfin­ale droht dann in Garbine Muguruza eine Angstgegne­rin. Gegen die Spanierin hat Kerber die letzten vier Matches verloren. Doch genauso war es mit Asarenka, ehe Kerber die Weißrussin 2016 im Viertelfin­ale von Melbourne endlich mal wieder bezwang.

Rückblicke­nd war es wohl dieser Erfolg, der Kerber den Glauben gab, auch die überragend­e Serena Williams im Endspiel schlagen zu können. Gemäß Setzliste wäre die USAmerikan­erin auch in diesem Jahr wieder die Finalgegne­rin. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Und 2016 ist nicht 2017.

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FOTO: DPA Kampfgeist: Typisch für Angelique Kerber.

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