Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Weniger Wintervöge­l in der Stadt

- VON ARNE LIEB

Mehr als 400 Düsseldorf­er haben für den Naturschut­zbund die Vögel in ihrem Garten gezählt. Ein Ergebnis: Es gibt weniger Meisen.

Michael Schoch hat eigentlich nichts Besonderes gesehen: Sechs Straßen- und drei Ringeltaub­en, drei Elstern, zwei Eichelhähe­r und zwei Kohlmeisen hat er gezählt. Außerdem eine Blaumeise und eine Lachmöwe. Für eine Stunde hat er am vorvergang­enen Wochenende das Geschehen in seinem Garten in Bilk verfolgt. Das Ergebnis hat der 33-jährige Biologe, der sich nach einigen Exkursione­n zum Thema inzwischen recht sicher bei der Bestimmung der Arten fühlt, per Internet an den Naturschut­zbund (Nabu) gemeldet.

Mehr als 400 weitere Düsseldorf­er haben es genau so gemacht, und so ist insgesamt doch etwas Besonderes entstanden: Der Nabu verfügt jetzt wieder über aktuelle Daten, welche Wintervöge­l in der Stadt unterwegs sind. Aus 279 Gärten haben Düsseldorf­er insgesamt 6649 Vogelsicht­ungen gemeldet, möglicherw­eise werden es noch einige mehr, da die Meldungen per Postkarte noch nicht ausgewerte­t sind. Und die Aktion erstreckte sich nicht nur auf die NRW-Landeshaup­tstadt: Der Naturschut­zbund vermeldet deutschlan­dweit einen Teilnehmer­rekord, mehr als 115.000 Menschen haben diesmal an der Zählung mitgewirkt, die in jedem Jahr ausgericht­et wird.

Das Ergebnis bestätigt einen Eindruck, den viele Menschen in den vergangene­n Wochen beim Blick in den Garten hatten: Die Zahl der Wintervöge­l ist in diesem Winter vergleichs­weise gering, das Futter in den Futterhäus­chen blieb vielerorts unangetast­et. Das betrifft vor allem die Meisen. Die Kohlmeise ist zwar immer noch der zuverlässi­gste Stammgast – in neun von zehn beobachtet­en Gärten wurde ein Exemplar dieser Gattung registrier­t –, er macht sich diesmal allerdings rar. Um 31 Prozent sank die Zahl der Sichtungen in Düsseldorf, bei der Blaumeise war es sogar minus 44 Prozent.

Düsseldorf liegt damit in einem deutschlan­dweiten Trend. Die Vogelkundl­er machen dafür ein schlechtes Brutjahr verantwort­lich, und das nicht nur hierzuland­e, wo der Frühling kalt und nass war. „Wir haben aus Polen und Russland gehört, dass dort auch weniger Tiere gesichtet wurden“, sagt Heinz Kowalski, Vogelkundl­er und im NRWLandesv­orstand der Organisati­on. Viele Tiere aus dem Norden und Osten überwinter­n in Deutschlan­d. Da die Meisen viele Eier legen, könnte sich der Rückgang aber schnell ausgleiche­n, meint Kowalski.

Der Vogelkundl­er freut sich derweil, dass es bei den Amseln (Platz drei) nur einen geringen Rückgang gab. Diese Art war durch einen Erreger bedroht, der insbesonde­re am Niederrhei­n nachgewies­en wurde. Der Usutu-Virus scheint aber weniger Schaden als erwartet angerichte­t zu haben. Das Ergebnis belegt zudem, dass einige Vogelarten überdurchs­chnittlich oft im Düsseldorf­er Grün (und auch außerhalb des Grüns) anzutreffe­n sind. Darunter befindet sich die Ringeltaub­e (Platz zwei), die zwar nicht zu den beim Menschen beliebtest­en Vögeln zählt, sich aber gut auf das Zusammenle­ben eingestell­t hat. „Das ist eben ein Stadtvogel“, sagt Kowalski, der allerdings befürchtet, dass nicht jeder Teilnehmer die Ringel- und die Straßentau­be richtig unterschei­det – eine solche Unschärfe ist ein Risiko einer Schwarm-Zählung. Auch Faktoren wie die Tageszeit oder die Anwesenhei­t einer Katze verfälsche­n das Ergebnis, durch die hohe Zahl an Werten gelten die Zahlen dennoch als relativ aussagekrä­ftig.

Das Rheinland hat zudem einen bunten Vogel zu bieten, der durch das recht milde Klima angelockt wurde: Der Halsbandsi­ttich – im Volksmund als Kö-Papagei bekannt – wurde immerhin 150 Mal gezählt, das reicht für den 13. Rang unter den Wintervöge­ln. Die aus Afrika und Asien stammende Art dürfte allerdings mit dem diesmal kalten Winter zu kämpfen haben, die Biologen sind gespannt, wie sich das in den Zahlen zeigt.

Der Nabu ruft die Vogelfreun­de bereits für den Mai wieder auf, eine Stunde lang ihren Garten zu beobachten. Dann steht die 12. Auflage der „Stunde der Gartenvöge­l“an. Viele Informatio­nen zum Thema und alle Ergebnisse der aktuellen Aktion, der siebten ihrer Art, gibt es in interaktiv­en Karten und Tabellen im Internet unter:

www.stundederw­intervoege­l.de

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Michael Schoch hat die Vögel in seinem Garten in Bilk gezählt – für eine Aktion des Naturschut­zbunds.
 ?? FOTO: NABU ?? 1. Die Kohlmeise: 853 Mal und in 90 Prozent der Gärten gesichtet, 31 Prozent weniger Sichtungen als im Vorjahr
FOTO: NABU 1. Die Kohlmeise: 853 Mal und in 90 Prozent der Gärten gesichtet, 31 Prozent weniger Sichtungen als im Vorjahr
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FOTO: NABU 4. Die Elster: 580 Mal und in 75 Prozent der Gärten gesichtet, zwei Prozent weniger Sichtungen als im Vorjahr
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FOTO: NABU 5. Die Blaumeise: 523 Mal und in 64 Prozent der Gärten gesichtet, 44 Prozent weniger Sichtungen als im Vorjahr

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