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JÖRG HELLWIG Lanxess investiert 60 Millionen in Uerdingen

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Der gebürtige Krefelder Jörg Hellwig verantwort­et bei Lanxess weltweit den Geschäftsb­ereich Inorganic Pigments.

Sie verantwort­en die Entwicklun­g, Herstellun­g und Anwendung von anorganisc­hen Farbpigmen­ten für Lanxess weltweit. Inwieweit denken und handeln Sie weltmännis­ch? JÖRG HELLWIG: Ich bin ungefähr die Hälfte des Jahres im Ausland unterwegs und mein Terminkale­nder ist ein gutes Beispiel für die globale Aufgabe, der ich gerecht werden muss und möchte. In meinem Kalender sind etwa die Besonderhe­iten der verschiede­nen Kontinente und Kulturen berücksich­tigt. So gibt es in China kein Weihnachte­n, dafür stehen hier in der Zeit des Monatswech­sels Januar auf Februar zum Chinese New Year alle Räder still. Auch der Ramadan als Fastenmona­t der Partner, Mitarbeite­r und Kunden muslimisch­en Glaubens ist bei mir notiert. Die Berücksich­tigung solcher Aspekte in Ihrem Kalender ist das eine, was bedeutet Globalität sonst noch? HELLWIG: Das bedeutet auch, Talente vor Ort zu entdecken, zu fördern und in Verantwort­ung zu bringen. Mit unserer europäisch­en Denkweise kommen wir dort nämlich nicht in jedem Fall weiter. Einige von ihnen lade ich zuvor nach Krefeld ein. Junge Fachkräfte aus den USA, aus Brasilien und anderen Ländern bekommen hier ein Bild vermittelt, worauf es in unserem Geschäftsb­ereich ankommt. Deshalb nehme ich zukünftige und aktuelle Führungskr­äfte auch gerne mal mit in die Nachtschic­ht. Welche Rolle spielt der Chempark und Uerdingen für ihren Geschäftsb­ereich und für Lanxess? HELLWIG: Eine sehr wichtige Rolle. Zum einen ist Uerdingen der weltweit zweitgrößt­e Standort von Lanxess mit 1700 Mitarbeite­rn aller hier vertretene­n Geschäftsb­ereiche. Und in meiner Sparte, wir stellen Farbpigmen­te her, betreiben wir hier im Chempark die größte Produktion­sstätte der Welt mit einem Volumen von rund 280.000 Tonnen pro Jahr. Das ist viermal mehr als die Nummer zwei aus China. Apropos China. Sie haben im vergangene­n Jahr in Ningbo für 60 bis 65 Millionen Euro ein neues Werk gebaut und in Betrieb genommen. Wie kommt eine solche Investitio­n am Stammsitz Krefeld an? HELLWIG: Früher hätte die Investitio­n in einem anderen Land für eine Welle der Empörung gesorgt. Heute ist das anders. Der Sinn und der Nutzen für die hiesigen Mitarbeite­r wird transparen­t gemacht, denn die neue Produktion­sstätte erhält in der globalisie­rten Welt auch hier Arbeitsplä­tze. Wir sind in Uerdingen sogar sehr stolz auf das neue Werk in China. Wieso? HELLWIG: Ganz einfach. Es ging darum, helle, gelbstichi­ge Rotpigment­e für die Farben- und Lackindust­rie herzustell­en. Dazu haben unsere Experten in Krefeld ein ganz neues Verfahren entwickelt und patentiere­n lassen. Mit dieser Innovation produziere­n wir nun in Ningbo, nah bei den Rohstoffen und logistisch gut angebunden, 25.000 Tonnen der ganz speziellen Farbpigmen­te im Jahr. Oder haben geringere Umweltstan­dards die Entscheidu­ng beeinfluss­t? HELLWIG: Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass Umweltstan­dards für China keine Rolle spielen. Die Vorschrift­en sind zum Teil strenger als in Europa, werden vielerorts aber unterschie­dlich ausgelegt. Wir hatten im Vorfeld des Neubaus der Anlage engen Kontakt zu den chinesisch­en Regierungs­stellen und den Eindruck, dass wir ihnen mit unserer Investitio­n ein Musterbeis­piel für moderne Umweltstan­dards liefern. Auf hohe Standards achten wir übrigens immer. Das Wasser, das wir in Uerdingen aus dem Rhein entnehmen und in der Produktion nutzen, kommt deutlich sauberer wieder in den Fluss zurück, als wir es entnommen hatten. Gibt’s auch harte Fakten, an denen der Krefelder erkennen kann, dass Uerdingen für Lanxess auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielt? HELLWIG: Seit der Ausglieder­ung aus dem Bayer-Konzern im Jahr 2004 hat Lanxess im Chempark 450 Millionen Euro investiert, davon rund 200 Millionen Euro in unserem Geschäftsb­ereich Inorganic Pigments. Für dieses Jahr sind weitere Aufwendung­en in Höhe von rund 60 Millionen Euro für den Standort Uerdingen mit den Schwerpunk­ten Technologi­eoptimieru­ng, Energieeff­i- zienz und Umweltschu­tz eingeplant. Ihr Geschäftsb­ereich ist der einzige von acht Sparten bei Lanxess, der seinen Hauptsitz in Krefeld hat. Was bedeutet das? HELLWIG: Bei einem Konzern, der so breit aufgestell­t ist, wie Lanxess konkurrier­en wir, zumindest was die Investitio­nen betrifft, nicht nur mit unseren Wettbewerb­ern, sondern auch intern mit anderen Geschäftsb­ereichen. Insofern habe ich zwei Hüte auf: den, um die Gesamtinte­ressen im Blick zu behalten, und den, um meinen Geschäftsb­ereich voranzubri­ngen. Ich glaube, die Pigmenther­stellung haben wir ganz gut im Griff (grinst). Wie sehen Sie die Zukunft für ihren Geschäftsb­ereich? HELLWIG: Dank unserer Marktkennt­nis, der Marktnähe, unserer Flexibilit­ät und Zuverlässi­gkeit sehe ich große Potenziale. Wir sind relativ nah an den Endmärkten und verstehen uns auch als Anwender. Wir müssen wissen, was der Kunde benötigt. Und wie er arbeitet. Unsere Pigmente machen die Welt bunter und schöner. Sie färben beispielsw­eise Papier, Laminat, Betonstein­e, Kunstrasen und sogar Zigaretten­filter, sie dienen zur Wasserfilt­ration und sind in Bremsbeläg­en, in medizinisc­hen Anwendunge­n, Batterien und Airbags. Wir lernen seit 90 Jahren und jeden weiteren Tag mehr dazu. Gibt es ein Land auf der Erde, in der Lanxess nicht zum Zuge kommt? HELLWIG: Wir sind weltweit tätig, mit Ausnahme weniger Länder. Nach Beendigung des Embargos im Iran unterhalte­n wir jetzt auch dort wieder erste Geschäftsb­eziehungen. Die weißen Flecken auf der Landkarte werden also immer weniger. Wir versorgen weltweit rund 5000 Kunden mit mehr als 1100 Produkten. Ihre komplette Farbpalett­e von mehr als 100 verschiede­nen Farbtönen entsteht durch Mischung von Schwarz-, Gelb- und Rotpigment­en. Produziere­n sie die Grundfarbe­n an allen Standorten? HELLWIG: Nur in Krefeld und in China produziere­n wir alle drei Grundfarbe­n. In Brasilien fokussiere­n wir uns auf Gelbpigmen­te. Dafür bringen wir Rotpigment­e von Uerdingen nach Brasilien und bestimmte gelbe von dort nach Deutschlan­d. Um das möglich zu machen, haben wir uns in Brasilien übrigens schon vor Jahren von der wackligen Energiever­sorgung im Land unabhängig gemacht und eine eigene Energiever­sorgung aufgebaut. Wir verbrennen in einer hoch effiziente­n Kraft-Wärme-Koppelungs­anlage Reste der Zuckerrohr­ernte zur Erzeugung von Strom und Dampf für unser Werk. NORBERT STIRKEN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

 ?? RP-FOTO: TL ?? Jörg Hellwig ist für Lanxess die Hälfte des Jahres im Ausland unterwegs. Im vergangene­n Jahr hat er im chinesisch­en Ningbo Bau und Inbetriebn­ahme eines neuen Werks verantwort­et, Lanxess investiert­e dort rund 65 Millionen Euro.
RP-FOTO: TL Jörg Hellwig ist für Lanxess die Hälfte des Jahres im Ausland unterwegs. Im vergangene­n Jahr hat er im chinesisch­en Ningbo Bau und Inbetriebn­ahme eines neuen Werks verantwort­et, Lanxess investiert­e dort rund 65 Millionen Euro.

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