Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die Höhe der Rente ist nicht sicher
Norbert Blüm wurde einst nicht müde zu versichern: „Die Rente ist sicher.“Über deren Höhe hat sich der frühere Arbeitsminister allerdings nicht ausgelassen. Inzwischen weiß jeder: Wenn die Bevölkerung immer älter wird und zugleich die Zahl der Arbeitnehmer (und damit der Einzahler in die Rentenkasse) abnimmt, gibt es ein Problem: Das Netto-Rentenniveau ist bereits unter 50 Prozent gesunken und wird weiter abschmelzen. Das sind keine rosigen Aussichten für alle, die in den nächsten Jahren in Rente gehen.
Die Politik muss gegensteuern. Aber wie? Die Erhöhung der Beitragssätze ist wohl die schlechtere Variante, denn sie belastet Arbeitnehmer und -geber. Im Übrigen leisten die Arbeitnehmer bereits einen beträchtlichen demografischen Beitrag, indem sie schrittweise bis 67 arbeiten oder andernfalls Einbußen in Kauf nehmen.
Bleibt als „Stellschraube“, die Rentenkasse von versicherungsfremden Leistungen zu befreien. Hier ist an erster Stelle die Mütterrente zu nennen, die sechs Milliarden Euro im Jahr kostet. Die Mütterarbeit verdient fraglos Anerkennung, aber dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und muss daher aus dem Steueraufkommen finanziert werden. BERICHT HÖCHSTE RENTEN IM RUHRGEBIET, TITELSEITE
Grünen-Chef Özdemir hat bei der Wahl zur Spitzenkandidatur einen Zittersieg errungen. Sein hauchdünner Vorsprung von nur 75 Stimmen vor dem Schleswig-Holsteiner Habeck ist angesichts der viel größeren Bekanntheit Özdemirs ein schwaches Ergebnis. Özdemir hat zwar gewonnen, aber er hat auch einen Dämpfer erfahren.
Mit Özdemir und Göring-Eckardt führen zwei Vertreter des bürgerlichen Realo-Flügels die Grünen in den Wahlkampf. Davon geht ein klares Signal aus: Beide haben eine Präferenz für Schwarz-Grün. Auch eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen rückt in die Nähe des Möglichen. Die linke Regierungsoption für die Grünen – Rot-Rot-Grün – bleibt zwar grundsätzlich weiterhin denkbar, ist mit dem gestrigen Tag aber unwahrscheinlicher geworden.
Die Spitzenkandidaten müssen jetzt aufpassen, dass die Parteilinken nicht gegen sie aufbegehren. Zu Beginn des Wahljahrs wirken die Grünen zerstritten, verunsichert und teils chaotisch. Ihr Wahlergebnis wird davon abhängen, ob es Özdemir und GöringEckardt gelingt, beide Flügel hinter sich zu bringen. BERICHT ZWEI REALOS FÜHREN GRÜNE . . ., TITELSEITE
SÖzdemirs Mission
Obamas letzter Coup
o aufgebracht republikanische Hardliner von einer Ermunterung zu Spionage sprechen, so richtig hat Barack Obama mit seinem Überraschungscoup gehandelt. Mit Chelsea Manning kommt eine Whistleblowerin frei, die von Idealen beseelt für Transparenz sorgen wollte. Keine Landesverräterin, deren einziges Motiv darin bestand, den USA zu schaden. Sicher, sie hat amerikanisches Recht gebrochen, als sie, damals noch Bradley Manning, einen geheimen Datenfundus weitergab. Sie hat aber auch ein Kriegsverbrechen aufgedeckt, einen Angriff auf Bagdader Zivilisten, in denen gut gelaunte Soldaten an Bord zweier Kampfhubschrauber offenbar nichts anderes als Zielscheiben sahen.
Man muss sie nicht als Heldin sehen, doch sie hat ganz ohne Zweifel dazu beigetragen, das Kapitel Irakkrieg in schonungsloser Offenheit aufzuarbeiten. Die 35 Jahre Haft, mit denen sie bestraft wurde, sind jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Das Militär wollte ein Exempel statuieren, und dass Obama am Ende seiner Amtszeit nun doch noch einschreitet, verdient Anerkennung. BERICHT