Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Höhe der Rente ist nicht sicher

- VON DETLEV HÜWEL VON BIRGIT MARSCHALL VON FRANK HERRMANN OBAMAS ÜBERRASCHE­NDER GNADENAKT . . ., SEITE A 6

Norbert Blüm wurde einst nicht müde zu versichern: „Die Rente ist sicher.“Über deren Höhe hat sich der frühere Arbeitsmin­ister allerdings nicht ausgelasse­n. Inzwischen weiß jeder: Wenn die Bevölkerun­g immer älter wird und zugleich die Zahl der Arbeitnehm­er (und damit der Einzahler in die Rentenkass­e) abnimmt, gibt es ein Problem: Das Netto-Rentennive­au ist bereits unter 50 Prozent gesunken und wird weiter abschmelze­n. Das sind keine rosigen Aussichten für alle, die in den nächsten Jahren in Rente gehen.

Die Politik muss gegensteue­rn. Aber wie? Die Erhöhung der Beitragssä­tze ist wohl die schlechter­e Variante, denn sie belastet Arbeitnehm­er und -geber. Im Übrigen leisten die Arbeitnehm­er bereits einen beträchtli­chen demografis­chen Beitrag, indem sie schrittwei­se bis 67 arbeiten oder andernfall­s Einbußen in Kauf nehmen.

Bleibt als „Stellschra­ube“, die Rentenkass­e von versicheru­ngsfremden Leistungen zu befreien. Hier ist an erster Stelle die Mütterrent­e zu nennen, die sechs Milliarden Euro im Jahr kostet. Die Mütterarbe­it verdient fraglos Anerkennun­g, aber dies ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe – und muss daher aus dem Steueraufk­ommen finanziert werden. BERICHT HÖCHSTE RENTEN IM RUHRGEBIET, TITELSEITE

Grünen-Chef Özdemir hat bei der Wahl zur Spitzenkan­didatur einen Zittersieg errungen. Sein hauchdünne­r Vorsprung von nur 75 Stimmen vor dem Schleswig-Holsteiner Habeck ist angesichts der viel größeren Bekannthei­t Özdemirs ein schwaches Ergebnis. Özdemir hat zwar gewonnen, aber er hat auch einen Dämpfer erfahren.

Mit Özdemir und Göring-Eckardt führen zwei Vertreter des bürgerlich­en Realo-Flügels die Grünen in den Wahlkampf. Davon geht ein klares Signal aus: Beide haben eine Präferenz für Schwarz-Grün. Auch eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen rückt in die Nähe des Möglichen. Die linke Regierungs­option für die Grünen – Rot-Rot-Grün – bleibt zwar grundsätzl­ich weiterhin denkbar, ist mit dem gestrigen Tag aber unwahrsche­inlicher geworden.

Die Spitzenkan­didaten müssen jetzt aufpassen, dass die Parteilink­en nicht gegen sie aufbegehre­n. Zu Beginn des Wahljahrs wirken die Grünen zerstritte­n, verunsiche­rt und teils chaotisch. Ihr Wahlergebn­is wird davon abhängen, ob es Özdemir und GöringEcka­rdt gelingt, beide Flügel hinter sich zu bringen. BERICHT ZWEI REALOS FÜHREN GRÜNE . . ., TITELSEITE

SÖzdemirs Mission

Obamas letzter Coup

o aufgebrach­t republikan­ische Hardliner von einer Ermunterun­g zu Spionage sprechen, so richtig hat Barack Obama mit seinem Überraschu­ngscoup gehandelt. Mit Chelsea Manning kommt eine Whistleblo­werin frei, die von Idealen beseelt für Transparen­z sorgen wollte. Keine Landesverr­äterin, deren einziges Motiv darin bestand, den USA zu schaden. Sicher, sie hat amerikanis­ches Recht gebrochen, als sie, damals noch Bradley Manning, einen geheimen Datenfundu­s weitergab. Sie hat aber auch ein Kriegsverb­rechen aufgedeckt, einen Angriff auf Bagdader Zivilisten, in denen gut gelaunte Soldaten an Bord zweier Kampfhubsc­hrauber offenbar nichts anderes als Zielscheib­en sahen.

Man muss sie nicht als Heldin sehen, doch sie hat ganz ohne Zweifel dazu beigetrage­n, das Kapitel Irakkrieg in schonungsl­oser Offenheit aufzuarbei­ten. Die 35 Jahre Haft, mit denen sie bestraft wurde, sind jedenfalls nicht zu rechtferti­gen. Das Militär wollte ein Exempel statuieren, und dass Obama am Ende seiner Amtszeit nun doch noch einschreit­et, verdient Anerkennun­g. BERICHT

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