Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Deutsche nehmen ihn zu wörtlich“
Der in Essen lebende Trump-Wähler über seine Erwartungen an die Regierung.
ESSEN Im Essener Szenestadtteil Rüttenscheid führt der US-Amerikaner Nicholas Smith das Restaurant „Gringos“. Der 29-Jährige stammt aus Kalifornien und steht dazu, seine Stimme Donald Trump gegeben zu haben. Herr Smith, wurde Ihre Wahlentscheidung für Sie zum Problem? SMITH Nein, einige Leute haben zwar zu einem Boykott aufgerufen, und es wurden abwegige Kommentare auf unserer Facebook-Seite gepostet, aber manche Gäste kommen extra, um mich zu unterstützen. Am liebsten sind mir fast die, die anderer Meinung sind, aber oft vorbeikommen und diskutieren. Die USA und Deutschland sind liberale Länder – uns eint mehr, als uns trennt. Die Deutschen sorgen sich vor einem unbeherrschten US-Präsidenten. SMITH Es gibt ein grundsätzliches Missverständnis: Die Deutschen nehmen Donald Trump zu wörtlich, aber nicht ernst. Er kritisiert zum Beispiel die Nato zwar als „obsolet“, meint aber, sie hätte früher gegen den Terror vorgehen müssen und habe alle Lasten den USA aufgebürdet. Nun müssen eben die Europäer auch mehr für ihren Schutz zahlen. Es kann nicht sein, dass in den USA die Straßen verkommen, nur weil wir zwei Drittel der Nato-Ausgaben zahlen. In Deutschland sind Hochschulen umsonst, bei uns meistens nicht – das ist nicht gerecht. Bei der Amtseinführung sind wenige prominente Musiker dabei. Finden Sie das schade? SMITH Ich hätte es besser gefunden, wenn die Spaltung aus dem Wahlkampf nun zu Ende wäre. Immerhin ist Trump der gewählte US-Präsident. Das linke Spektrum sollte einsehen, dass der Wahlkampf vorbei ist. Andererseits waren wohl manche Äußerungen von Trump schon sehr provokativ, er teilt gerne aus. Bei einer Pressekonferenz verweigerte er einem Journalisten des TV-Senders CNN sogar, eine Frage zu stellen. SMITH Nun ja, CNN hatte monatelang extrem negativ über ihn berichtet, sie hatten kurz davor breit über ein Dossier mit vielen unbewiesenen Behauptungen berichtet – kein Wunder, dass er da hart reagierte, obwohl ich das unglücklich fand. Aber neben diesem Getöse sollte man die Substanz sehen: Trump hat laut vieler Experten ein sachkundiges Kabinett zusammengestellt. Das wird Bürokratie abbauen und viel für die USA bewegen. Wird der Präsident öffentlich dicke Sprüche machen, und seine Minister schließen dann Kompromisse? SMITH Zum Teil wird das so sein. Trump hat eine sehr direkte Art. Aber er will als Pragmatiker und früherer Unternehmer am Ende eines Streits auch einen für ihn guten Deal haben. Den kann er selber aushandeln – oder seine Abgesandten. Man muss dabei aber auch sehen, dass er sich als Anführer einer Art Bewegung versteht: Die Medien haben ihn extrem bekämpft, also kommuniziert er mit der Bevölkerung, wo es geht, direkt – wie über Twitter.