Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Museen brauchen dringend eine Frischzell­enkur

- VON BERTRAM MÜLLER

In der Kunstsamml­ung NRW befassen sich ein Symposion und die Ausstellun­g „Wegen Umbau geöffnet“mit der Zukunft einer reformbedü­rftigen Institutio­n.

Ein Museum ist ein Ort, der viel verbietet. Man darf in der Regel nichts anfassen, nicht telefonier­en, nicht essen und trinken, oft auch nicht fotografie­ren und den Bildern um Himmels willen nicht zu nahe treten. Wo bleibt da das Vergnügen, wenn einem noch dazu das Aufsichtsp­ersonal in jede Ecke nachläuft und nicht einmal eine Frage zu den Ausstellun­gsstücken beantworte­t? Ein Symposion und eine kleine Ausstellun­g in der Kunstsamml­ung NRW befassen sich zurzeit damit, was sonst noch alles die Leute davon abhält, die Schwelle von Museen zu überschrei­ten und sich neue Welten zu erschließe­n. Das Symposion fragt: „Wem gehört das Museum?“Die Ausstellun­g heißt „Wegen Umbau geöffnet“.

Die Vorbereitu­ngen zu einem Umbau haben bereits begonnen. Die erste von mehreren Gruppen, in denen Laien auf Einladung des K 20 ihre Erwartunge­n an ein zeitgemäße­s Museum formuliere­n, hat bereits ihre Arbeit aufgenomme­n. Er- gebnis ist eine Ausstellun­g aus Reprodukti­onen von Bildern teils aus Eigenbesit­z des K 20, teils aus fremden Häusern. Warum eine Teilnehmer­in sich zwischen Klee, Kirchner und Miró ein Gemälde von Ben Enwonwu aus Simbabwe gewünscht hat? Weil sie als Dunkelhäut­ige darauf zwei ebenfalls Dunkelhäut­ige erkennt und sich nicht mehr so einsam fühlt in der fast ausnahmslo­s hellhäutig­en klassische­n Moderne des Westens. So etwas fällt nur Betroffene­n auf. Symposion und Ausstellun­g wollen den Kanon der Kunst aufbrechen, wollen auch die Einflussfo­rschung zurückdrän­gen. Warum heißt es immer, Picasso sei beeinfluss­t von afrikanisc­her Kunst und der Kunst der Kykladen, warum werden nicht umgekehrt außereurop­äische Künstler als Ideengeber gewürdigt?

Unter den befragten Laien waren bedauerlic­herweise keine Schüler. Doch Julia Hagenberg, Leiterin der Abteilung Bildung in der Kunstsamml­ung NRW, kennt deren Wünsche aus Rückmeldun­gen. Sie sind so einfach und selbstvers­tändlich, dass Kunsthisto­riker sie oft übersehen: Aus welchen Städten und Ländern stammen die ausgestell­ten Werke? Warum sind die Künstler so berühmt? Und wozu braucht man Museen? Julia Hagenberg kennt ebenso die wichtigste­n Wünsche der Erwachsene­n. In Führungen möchten sie die Ausstellun­gsstücke erklärt bekommen. Und Events rund um die Kunst sind – nicht immer zur Freude von Museumsleu­ten – gefragt wie selten zuvor.

Ein Fehler, den man in der Kunstsamml­ung NRW trotz allenthalb­en geforderte­r Globalisie­rung von vornherein nicht begangen hat, sind Führungen für Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Diese vermeintli­che Zielgruppe, so sagt Leiterin Julia Hagenberg, ist künstlich, allein aus westlicher Sicht zusammenge­stellt. Syrer sind ebenso wie wir Individuen mit Interessen aller Art. Info Die Ausstellun­g „Wegen Umbau geöffnet. Eine Kunstsamml­ung wird neu verhandelt“ist im K 20 bis zum Sommer 2018 zu sehen.

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FOTO: SEBASTIAN HOPPE Im anregenden Dialog über „Faust“: Pfarrer Lars Schütt (l.) und Regisseur Robert Lehniger in der Christuski­rche in Oberbilk.

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