Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Schlammschlacht im Drogeriemarkt
Einer dm-Mitarbeiterin wird bei Rossmann in Bedburg-Hau der Einkauf verwehrt. Hintergrund: Rossmann wirft dm vor, dessen Beschäftigte kauften die Aktionsware des Konkurrenten gezielt auf, um sie selbst weiterzuverkaufen.
BEDBURG-HAU Bedburg-Hau ist ein beschauliches Fleckchen Erde am Niederrhein: rund 13.000 Einwohner, das Schloss Moyland als größte Touristen-Attraktion. Ausgerechnet die kleine Kommune am Niederrhein hat jetzt eine Schlammschlacht im Handel erlebt. Schauplatz: die Rossmann-Filiale am Ort. Beteiligt: das Personal und eine Kundin, die beim Konkurrenten dm ihr Geld verdient. Und der bei Rossmann der Einkauf verwehrt wurde, weil das Unternehmen die Frau verdächtigt, Aktionsware im Auftrag ihres Arbeitgebers aufzukaufen, der sie dann in die eigenen Regale stelle.
Das bestreitet die dm-Beschäftigte, die bei Facebook den Streit öffentlich machte und die Geschichte aus ihrer Sicht erzählte. Sie sei in ihrem Heimatort in die Rossmann-Filiale gegangen – wie oft zuvor. Sie habe Produkte aus der Werbung kaufen wollen – für sich, ihre Mutter und Bekannte in den Niederlanden, wo die Waren teurer seien. Nicht für die achteinhalb Kilometer entfernte dm-Filiale in Kalkar.
Wobei 28 Flaschen PerwollWaschmittel, 25 Odol-Mundspülungen und 75 Flaschen Guhl-Shampoo schon ziemlich viel sind, selbst wenn man so einen Teil des Freundeskreises mitversorgt. Unter haushaltsübliche Menge fällt der Einkauf jedenfalls nicht mehr. Mit dem Argument hat Rossmann den Einkauf nach Angaben eines Sprechers auch abgelehnt. Rossmann-Eigenmarken seien, anders als von der Käuferin behauptet, nicht dabei gewesen.
Sei’s drum. Die Rossmann-Niederlassung sei einziger Anbieter am Ort, so die Käuferin. Als sie ihre Einkäufe – laut Rossmann zwei volle Einkaufswagen – habe bezahlen wollen, sei eine Mitarbeiterin des Hauses auf sie zugestürmt und habe sie gebeten, den Markt zu verlassen – ohne Ware. Auch kleinere Mengen habe sie nicht mehr kaufen dürfen. Begründung: Die Kundin sei eine dm-Mitarbeiterin, die gezielt Ware kaufen wolle, die bei dm weiterverkauft werden könne.
Der Streit eskalierte; die dm-Mitarbeiterin spricht von einem „Alptraum“. Sie sei beleidigt und verhöhnt worden. Rossmann sagt, die Kundin habe ein klärendes Gespräch im Filialbüro abgelehnt, stattdessen lautstark an der Kasse protestiert. Von Beleidigungen und Demütigungen könne nicht die Rede sein: „Es gibt Video-Aufzeichnungen und Protokolle von Mitarbeitern, die das belegen.“Immerhin war sogar die Polizei vor Ort, es gab eine Anzeige der Kundin gegen das Rossmann-Personal, die wieder zurückgezogen worden sein soll.
Vorläufiger negativer Höhepunk eines ungewöhnlich geführten Preiswettbewerbs im Handel. dm wird von Konkurrenten kritisiert, in deren Filialen großflächig Aktionsware aufzukaufen, um sie dann in eigenen Märkten anzubieten. Heute Rossmann, morgen Kaufland, übermorgen Müller. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden. dm tut nichts anderes, als die Ware mit dem niedrigsten Einkaufspreis zu suchen. „Wir stellen den Kollegen in den Märkten Informationen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, die günstigste Einkaufsquelle für ihren Markt zu nutzen. Diese Quelle können auch Wettbewerber sein, wenn diese Artikel unseres Sortiments zu einem Preis anbieten, der unter unserem Einkaufspreis beim Hersteller liegt“, erklärt dmGeschäftsführer Christoph Werner. Da die Wettbewerber mit Sicherheit nicht unter Einstandspreis verkauften, entstehe ihnen kein Nachteil. Wettbewerber sprechen dagegen von einem „inakzeptablen Verhalten“, das mit den Grundsätzen des „ehrbaren Kaufmanns“nicht vereinbar sei. Dass sie keinen Schaden erlitten, wollen einige so nicht ste- hen lassen. Der entstehe dann, wenn der Kunde vor leeren Regalen stehe, nachdem DM -Mitarbeiter die Angebotsware weggekauft hätten.
In Einzelfällen kann es für den Branchenführer dm also billiger sein, sich in den Regalen der Wettbewerber zu bedienen als direkt beim Lieferanten zu kaufen. „Wir haben einen Regalpreis, der vier Monate gilt, den wir für marktgerecht halten und der aus unserer Sicht dem Kunden am dienlichsten ist“, sagte gestern ein dm-Sprecher. Offenbar honorieren die Markenartikler mit den günstigen Preisen für Rossmann und Co. aber auch, dass diese ihre Eigenmarken weniger stark bewerben als dm.