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Die USA fallen aus als Weltmacht mit Werten

- VON EVA QUADBECK VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER ANGEKLAGTE IM FALL NIKLAS SCHWEIGEN, SEITE A 3

Die erschütter­nde Botschaft aus Trumps Antrittsre­de ist, dass dieser Präsident keinen Plan hat. Nachdem er seinen Amtseid geleistet hatte, wiederholt­e Trump eine Viertelstu­nde lang seine Wahlkampfp­arolen und rechnete böse mit dem politische­n Establishm­ent in Washington ab. Er verteilte verbale Ohrfeigen an alle seine Vorgänger.

Trump hielt ein Plädoyer für eine Zeitenwend­e, für eine neue Form der Volksherrs­chaft und für eine radikale Abschottun­g der USA. Wie er dies einleiten, umsetzen, in die Weltpoliti­k einpassen will – keine Antworten. Seine einzige konkrete außenpolit­ische Botschaft war die Ankündigun­g, die Terrororga­nisation Islamische­r Staat zu vernichten. Auch diese Aussage trägt in ihrer solitären Form autistisch­e Züge. Dem IS ein Ende setzen kann allenfalls die Weltgemein­schaft in einer gemeinsame­n Kraftanstr­engung.

Einmal mehr erbrachte Trump den Beweis, dass er im Amt der Gleiche sein will wie im Wahlkampf – ein Populist, der nicht bereit ist, sich auf die Komplexitä­t des Regierens einzulasse­n. Mit dieser Rede ist auch klar, dass die USA für die nächsten vier Jahre als Weltmacht mit Verantwort­ung ausfallen.

Darauf wird sich der Rest der Welt einstellen müssen. Was passiert, wenn die USA nicht mehr bereit sind, in die Konflikthe­rde dieser Welt einzugreif­en, zeigt das Leiden der Menschen in Syrien.

Europa ist wahrlich in keiner guten Verfassung, um die transatlan­tischen Beziehunge­n neu zu definieren. Es ist aber immer noch stark genug, dem neuen Mann im Weißen Haus die Stirn zu bieten, wenn dieser meint, er könne in Wildwest-Manier die Handelsbed­ingungen zwischen Europa und den USA nach seinen protektion­istischen Vorstellun­gen diktieren. In diesem Punkt können und müssen die Europäer im Ganzen und Deutschlan­d als Exportwelt­meister im Besonderen Selbstbewu­sstsein zeigen. Zumal sie überrasche­nd neue Verbündete bekommen: Während Trump in Washington die Abschottun­g der USA ankündigte, trat in dieser Woche der chinesisch­e Präsident Xi Jinping in Davos als Vorreiter gegen den Protektion­ismus auf.

Mit seinem Ansatz „Amerika zuerst“wird Trump die ökonomisch­en Kräfteverh­ältnisse in der Welt verändern. Ob er im Mutterland des Kapitalism­us sein Volk mit dem Appell an Vaterlands­liebe dazu bekommt, US-Produkte zu kaufen, muss bezweifelt werden. IPhones ja, Chevrolets nein – so funktionie­rt der Markt. Diese Erfahrung wird Trump wahrschein­lich nicht erspart bleiben. Und „Amerika zuerst“wird unter seinen Fehlern leiden. BERICHT AMERIKA ZUERST, TITELSEITE

Zermürbend­er Prozess

Der erste Prozesstag im Fall des im Mai in Bonn getöteten Niklas hatte gerade erst begonnen, da war er auch schon wieder zu Ende. Nach rund 20 Minuten beendete der Vorsitzend­e Richter die Sitzung. Die Erkenntnis: Es wird ein verdammt zähes Verfahren. Alles läuft auf einen zermürbend­en Indizienpr­ozess hinaus, der sich viele Wochen hinziehen wird.

Es gibt keine Geständnis­se. Der Hauptbesch­uldigte streitet die Tatvorwürf­e vehement ab, obwohl die Staatsanwa­ltschaft sicher davon ausgeht, dass er es gewesen ist. Aber konkrete Beweise fehlen der Anklagebeh­örde bislang. Sie stützt ihre Anklage vielmehr auf Indizien und einen Belastungs­zeugen, der den Hauptverdä­chtigen am Tatort gesehen haben will. Die Verteidigu­ng hält das alles für viel zu dünn.

Es wird also – wie so oft vor Gericht – gestritten und bestritten. Das muss schlimm sein für die Angehörige­n von Niklas, die den Prozess hautnah mitverfolg­en. Für sie geht es um die Wahrheit, nicht um juristisch­e Winkelzüge. Sie wollen in erster Linie wissen, warum Niklas sterben musste. BERICHT

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