Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Myanmar– ein noch unberührte­s Land

- VON LEONIE MERHEIM

Während man sich in Thailand vor Touristen kaum retten kann, ist das ehemalige Birma, heute Myanmar, ein Geheimtipp. In Yangon ragen neben Minitempel­n goldene Pagoden empor.

Ganz ruhig sitzt sie auf den Stufen der Shwedagon-Pagode und bildet mit den Händen einen Schirm gegen die Sonne. Als eine Gruppe Europäer vorbeiläuf­t, dreht sie sich unauffälli­g zur Seite, zieht ihr Handy aus der Tasche, und bevor die Gruppe aus ihrem Blickfeld verschwund­en ist, schießt das burmesisch­e Mädchen ein Foto. Nach dem Motto: „Touristen in meinem Land. Und ich habe sie gesehen.“

Während in Thailand fast mehr Backpackin­g-Rucksäcke als Einheimisc­he gezählt werden können, sind Ausländer und Touristen in Mayanmar (vormals Birma) immer noch die Ausnahme. Bis 2011 stand das Land unter Militärher­rschaft. In einigen Grenzregio­nen ist die Lage bis heute angespannt. Etwa 135 Ethnien teilen sich eine Fläche, die etwas größer ist als Afghanista­n und etwas kleiner als Sambia. Myanmar grenzt an Indien, China, Thailand und Laos.

Hupende Taxen, volle Straßen und Sonne pur – die ehemalige Hauptstadt Yangon wurde mittlerwei­le zwar durch die westlicher gelegene Stadt Naypyidaw abgelöst. Für die Burmesen hat sie dennoch nicht an Bedeutung eingebüßt. Die Stadt steht für Fortschrit­t und Hoffnung. Aus dem ganzen Land kommen die Menschen hierher, um Arbeit zu finden und ihren Wissensdur­st zu stillen. Mit mehr als sieben Millionen Einwohnern ist Yangon überfüllt, aber nicht anstrengen­d. Das liegt zum Teil auch daran, dass dort Motorrolle­r verboten sind. Lediglich die gelben Taxen schlängeln sich ihren Weg durch das Verkehrsch­aos.

Ein Ort der Ruhe ist die Shwedagon-Pagode. Besonders, wenn die Sonne die goldene Bemalung in ein orangegelb­es Licht taucht. Noch mehr Pagoden und Tempel gibt es in Bagan, der historisch­en Königstadt. Versteckte Sandwege führen dort zu weiteren Mini- tempeln. Viele Pagoden stehen auch für Besucher offen. Und hat man erst einmal den Aufstieg über die schmale Treppe bis nach oben geschafft, entschädig­t der Ausblick für alle Mühen: Natur und noch mehr Natur – und dazwischen, als goldene Tupfer, die Pagoden. Touristen trifft man dort kaum. Dafür gibt es zu den Stoßzeiten ein wahres Hupkonzert – schließlic­h will sich jeder Taxifahrer der Aufmerksam­keit der Besucher gewiss sein.

Die Straßen sind gesäumt von Garküchen und jungen Burmesinne­n in edlen Longyis, den traditione­llen Wickelröck­en. Die kleinen Stühle und Tische vor den Teehäusern erinnern an einen Kindergebu­rtstag: buntes Plastik und irgendwie zu klein. Drinnen gibt es Tee in allen Variatione­n, am liebsten mit Milch. Diese Form der Zubereitun­g ist ein Über-

Die kleinen Stühle und Tische vor den Teehäusern erinnern an einen Kindergebu­rtstag

bleibsel aus britischer Kolonialze­it.

Auf der Straße stechen immer wieder dunkelrote Farbtupfer aus der Masse hervor – es sind die Mönche mit ihren roten Kutten. Mindestens einmal in seinem Leben, heißt es, lebt jeder Mann zumindest vorübergeh­end als Mönch. Naing Moe ist einer von ihnen. Er ist 20 und lebt seit zehn Jahren nach dem buddhistis­chen Glauben. „Wir rasieren unsere Haare ab und beten jeden Tag mehrfach“, erzählt er. Jeder Mönch betet in den Tempeln an einer anderen Stelle, je nachdem, an welchem Tag er geboren wurde. Alle beten sie für die Gesellscha­ft. Deshalb genießen sie unter den Einheimisc­hen eine Sonderstel­lung. Wann immer sie mit ihren goldenen Töpfen um eine kleine Spende bitten, kramt auch der ärmste Burmese etwas Bargeld hervor.

Wie viele andere Bumesen wünscht sich auch Naing Moe, eines Tages die Welt zu sehen. Europa und die USA stehen weit oben auf seiner Liste. Dass Burmesen neuerdings ohne Visa nach Thailand, Indonesien und Laos einreisen dürfen, sehen vor allem die jungen Leute als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.

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FOTOS (3): LEONIE MERHEIM In Myanmar leben etwa 135 Ethnien zusammen – je nach Religion locken imposante Gotteshäus­er.

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