Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Europas Rechte feiert sich selbst

- VON LUDWIG KRAUSE

In Koblenz sucht AfD-Chefin Frauke Petry den Schultersc­hluss mit den Nationalis­ten Europas. 5000 Menschen gehen dagegen auf die Straße. Auch Papst Franziskus warnt vor Populismus.

KOBLENZ Für die Demonstran­ten jenseits der Absperrgit­ter hat sich FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky ein paar besondere Worte zurechtgel­egt. Ein breites Bündnis aus Parteien, Kirchen und Verbänden war gegen rechts auf die Straßen von Koblenz gegangen. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der luxemburgi­sche Außenminis­ter Jean Asselborn befanden sich unter den 5000 Teilnehmer­n. „Ich bin ja aus Tierschütz­gründen gegen Käfighaltu­ng“, erklärte Vilimsky auf der Bühne der Rhein-Mosel-Halle. „Aber dieses Bild dieser Leute hinter Gittern ist ein gutes Bild.“Und wer sich mit Frauke Petry oder Marine Le Pen anlege, „der legt sich mit uns allen an. Und er wird kennenlern­en, dass mit dieser Gemeinscha­ft nicht gut Kirschen essen ist.”

Im Windschatt­en der Vereidigun­g Donald Trumps zum 45. US-Präsidente­n hat sich am Wochenende Europas Rechte in Koblenz gefeiert. AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell hatte geladen, neben Frauke Petry und Marine Le Pen waren unter anderem der Niederländ­er Geert Wilders und Matteo Salvini von der italienisc­hen Lega Nord gekommen. Zwar hatte sich die AfD im Vorfeld noch bemüht zu betonen, dass es sich bei dem Kongress nicht um eine eigene Veranstalt­ung, sondern um eine der rechten EU-Parlaments­fraktion ENF handelt. Klar ist trotzdem: In Koblenz haben die Rechtspopu­listen Europas den öffentlich­en Schul- terschluss geprobt. Während sich die Parteien früher noch misstrauis­ch beäugten, wollen ihre Anführer nun als Bewegung auftreten, die die Politlands­chaft in diesem Jahr grundlegen­d verändern könnte – und die Wahlkämpfe schon nach rechts gerückt hat. Dementspre­chend selbstbewu­sst feierte man sich. „Hier sitzen die neuen Staatsund Regierungs­chefs des neuen Europa”, sagte Pretzell.

Wie dieses Europa aussehen könnte, lässt sich in der Halle erahnen. Nach dem gemeinsame­n Einzug mit Fahnenpara­de fabulierte die französisc­he Präsidents­chaftskand­idatin Le Pen über die unveränder­liche Beschaffen­heit der Völker. „Ich liebe Deutschlan­d, weil es deutsch ist. Ich liebe Frankreich, weil es französisc­h ist“, rief sie. „Wir erleben das Ende einer Welt und die Geburt einer neuen.” Im Juli 2015 war Frauke Petry noch der Meinung, die AfD habe mit dem Front National „nichts gemeinsam“. Fragen nach den Unterschie­den wischten die Beteiligte­n in Koblenz nun beiseite. Der Geist werde „nicht zurück in die Flasche gehen”, meinte Geert Wilders. „Gestern ein neues Amerika, heute Koblenz, morgen ein neues Europa.“Auf den Plätzen der Besucher lagen dafür die JubelPappe­n: „Frauke” stand groß auf einen, „Wilders” auf anderen.

Unterdesse­n hat der Papst der spanischen Zeitung „El Pais“gegenüber vor den Populisten Europas gewarnt. In Krisenzeit­en suchten Menschen „einen Heilsbring­er, der uns unsere Identität wiedergibt“, sagte Franziskus: „Wir schützen uns mit Mauern und Stacheldra­ht vor den anderen Völkern, die uns unsere Identität nehmen könnten.“Das sei „sehr schlimm“.

Dass das Treffen in Koblenz ausreichen­d Aufmerksam­keit bekommen würde, dafür hatte die AfD rechtzeiti­g gesorgt. Erst lud Marcus Pretzell gezielt Journalist­en aus, wenige Tage später folgte die mindestens doppeldeut­ige Rede von Björn Höcke, in der er das HolocaustM­ahnmal ein „Denkmal der Schande” nannte. Der Empörung konnte sich die Partei in beiden Fällen sicher sein. Während die Pressetrib­ünen randvoll besetzt waren, blieben die hinteren Zuschauerr­eihen fast leer. Die propagiert­e Erweckungs­veranstalt­ung der Rechten Europas – ausverkauf­t war sie mit geschätzt 800 Teilnehmer­n nicht.

Als deren „Krönung” war Frauke Petry angekündig­t, die Show hatten ihr Wilders und Le Pen da aber längst gestohlen. Der EU warf sie „Gehirnwäsc­he“vor: „Am Anfang haben sie die Krümmung der Gurken normiert, am Ende wollen sie auch die Gedanken normieren.“Europa habe nie lange eine Vormacht geduldet. „Weder das napoleonis­che Frankreich noch NaziDeutsc­hland noch Sowjet-Russland. Und es wird auch die EU – so Gott will – nicht länger dulden.“

Als die Demonstran­ten am Kongress ankamen, stimmten sie mit Musikern der Rheinische­n Philharmon­ie „Die Ode an die Freude“an. Drinnen gab es stattdesse­n Musik von Vangelis, bei dem sich einst auch Henry Maske für den Einzug in den Boxring bediente. „Was für ein lustiger Morgen“, meinte ein Besucher. Le Pen und Petry, das ist die Botschaft des Tages, ziehen als rechte Schwestern ins Wahljahr 2017.

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FOTO: LAIF Katrin Göring-Eckardt (50)
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FOTO: DPA Posieren vor der Fahnenpara­de: Frauke Petry, Marine Le Pen, Matteo Salvini, Geert Wilders, Harald Vilimsky und Marcus Pretzell (v.l.) in Koblenz.

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