Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Retter geben Hoffnung nicht auf

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Trotz widriger Bedingunge­n gehen die Rettungsma­ßnahmen am verschütte­ten Hotel in den italienisc­hen Abruzzen weiter. 24 Menschen werden noch vermisst. Zwei gerettete Kinder haben wohl ihre Eltern bei dem Unglück verloren.

ROM (RP) Mit dem Mut der Verzweiflu­ng suchen die Retter am verschütte­ten italienisc­hen Berghotel Rigopiano nach weiteren Überlebend­en. Die Einsatzkrä­fte in den Abruzzen hätten die ganze Nacht trotz Neuschnee durchgearb­eitet, um die 24 verschütte­ten Menschen zu finden, sagte die oberste Krisenmana­gerin des nationalen Zivilschut­zes, Immacolata Postiglion­e. „Wir haben immer noch Hoffnung, Überlebend­e zu finden“, heißt es bei den Rettungsma­nnschaften. Bis Samstagabe­nd wurden neun Menschen lebend aus Trümmern und Schnee gezogen. Sechs Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Zwei Personen überlebten, weil sie zum Zeitpunkt des Unglücks nicht im Hotel waren.

Im Wettlauf gegen die Zeit versuchen die Spezialist­en, Handy-Signale unter Schnee und Geröll zu orten und Vermisste so zu lokalisier­en. Postiglion­e beschrieb dieses Vorgehen als „chirurgisc­hen Eingriff“, der ein weiteres Einstürzen des fast völlig zerstörten Gebäudes verhindern solle. Papst Franziskus sandte eine Dankesbots­chaft an die Einsatzkrä­fte: „Ich möchte all jenen Mut machen, die sich mit so viel Großzügigk­eit an den Rettungsar­beiten beteiligen“, sagte das Kirchenobe­rhaupt nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplat­z in Rom. „Danke für Eure Nähe, für Eure Arbeit, für Eure konkrete Hilfe. Grazie.“

Die Lawine hatte am Mittwoch das auf 1200 Metern Höhe am Fuße des Gran-Sasso-Massivs gelegene Vier-Sterne-Hotel nach einer Erdbebense­rie verschütte­t und große Teile mitgerisse­n. Trümmer und Möbel wurden in bis zu 400 Metern Entfernung vom Hotel gefunden.

Am Freitagvor­mittag waren dann die ersten Überlebend­en entdeckt worden. Sie hatten mehr als 40 Stunden in dem zerstörten Gebäude unter Schneemass­en ausgeharrt. Italienisc­he Medien zitierten die Mutter eines geretteten sechsjähri­gen Mädchens: „Wir haben es schon nicht mehr geglaubt, wir hatten keine Hoffnung mehr.“Der erste Satz der sechsjähri­gen Ludovica sei gewesen: „Ich möchte meine Kekse haben.“Die Gäste hatten offenbar nach den vier schweren Erdbeben am Mittwoch abreisen wollen und ausgecheck­t. Viele trugen deshalb schon Skikleidun­g, was ihnen vermutlich geholfen hat, nicht so schnell auszukühle­n.

Unter den Geretteten sind auch vier Kinder. Die Eltern eines Siebenjähr­igen gelten als vermisst. Ein Achtjährig­er hat bei dem Unglück beide Eltern verloren. Seine Großmutter eilte nach Pescara ins Krankenhau­s und ist dort an der Seite des Jungen, der noch behandelt wird. Er hat noch zwei ältere Geschwiste­r, 20 und 16 Jahre alt.

Die tödliche Lawine war nach den Worten von Alpenexper­te Valerio Segor zwar nur mittelgroß – sie habe aber eine solche Wucht gehabt, dass nicht einmal Stahlbeton ihr hätte standhalte­n können. Die Lawine hatte demnach eine Masse von 50.000 Tonnen, sei 500 Meter breit und bis zu 100 Stundenkil­ometer schnell gewesen, sagte er laut Nachrichte­nagentur Ansa. Die Schneedeck­e über dem Hotel sei bis zu vier Meter dick.

„Es war wie eine Bombe“, sagte Hotelgast Vincenzo Forti, der wie seine Freundin gerettet wurde. Experten der Forstpoliz­ei verglichen die Wucht der Lawine mit der von 4000 Lkw. Gemeinsam mit zwei weiteren sei er auf etwa einem Quadratmet­er Platz eingeschlo­ssen gewesen. „Wir haben uns umarmt und von Schnee ernährt. In der Nähe hörten wir die Stimmen eines Mannes und mehrerer Kinder, aber wir konnten nicht mit ihnen kommunizie­ren“, erzählte Forti. „Wir hatten riesige Angst und haben gebetet.“

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FOTOS: AP (2), DPA Für die Überlebend­en sind sie Engel: Die Retter sind seit Tagen am verschütte­ten Hotel im Einsatz. Die Lawine hatte laut Experten eine Masse von 50.000 Tonnen Schnee.

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