Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wer sich zu oft Selfies anderer Leute ansieht, wird unzufriede­n

- VON JÖRG ZITTLAU

PENNSYLVAN­IA Ich vor dem Kölner Dom, ich zusammen mit Angela Merkel, ich bei meinem Lieblingsi­taliener – im Zeitalter des Smartphone­s gehören Selfies einfach dazu. Und sie werden auch gerne verschickt. Doch wer sich die Ich-Fotos anschaut, sollte vorsichtig sein. Denn es könnte, wie eine USStudie ermittelt hat, schlecht für sein Selbstwert­gefühl sein.

Mehr als eine Million Selfies werden jeden Tag geschossen. Die meisten davon bleiben nicht auf dem eigenen Smartphone, sondern werden per Facebook, Whatsapp oder einem anderen Dienst geteilt, so dass auch Freunde daran teilhaben können. Doch für die wäre es möglicherw­eise besser, diese Bilder gar nicht zu öffnen.

Ein Forscherte­am der Pennsylvan­ia State University hat 275 junge Männer und Frauen danach befragt, wie oft sie sich Selfies anderer Leute anschauen und wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. Es zeigte sich, dass mit der Häufigkeit des Selfie-Betrachten­s der Glücksfakt­or deutlich nach unten sackt. Als Ursache vermutet Studienlei­terin Ruoxu Wang: „Die meisten Leute verschicke­n ja Selfies von Situatione­n, in denen sie besonders glücklich sind oder etwas Aufregende­s erleben.“Und dann entstünden bei demjenigen, der dieses Fotos betrachtet, oftmals Neid- und Minderwert­igkeitsgef­ühle. Nach dem Muster: „Der erlebt gerade etwas Tolles, und ich muss mir das jetzt aus der Ferne ansehen.“Nicht umsonst werden Selfies auch gerne an Ex- Partner verschickt, um ihm zu zeigen, dass man auch ohne ihn glücklich ist.

Doch wer Rücksicht auf seine Freunde nehmen möchte, sollte ihnen auf keinen Fall Selfies aufs Smartphone schicken. Was er aber stattdesse­n machen kann: So genannte Groupies mit mehreren Personen zu versenden. Denn die haben, wie Wang herausgefu­nden hat, die entgegenge­setzte Wirkung. „Sie fördern das Gefühl der Zugehörigk­eit und dadurch das Wohlbefind­en“, erklärt die Kommunikat­ions- forscherin. Vermutlich, weil durch die abgebildet­e Gruppe beim Betrachter der Eindruck entsteht, dass er irgendwie dabei ist. Und wenn Sender und Empfänger gute Freunde sind, dann ist er ja meistens auch dabei.

In jedem Falle aber rät Studienlei­terin Ruoxu Wang, unsere Selfies nicht einfach wahllos zu verschicke­n. Denn wir würden zu wenig reflektier­en, dass jedes Bild, das wir von uns machen und versenden, auch eine psychische Wirkung beim Betrachter hinterläss­t.

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FOTO: NRW-FORUM Sogenannte Groupies heben die Stimmung.

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