Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Jobeinstie­g ohne Lehre

- VON ANKE DANKERS

Es gibt Möglichkei­ten, auch im Alter von über 25 Jahren eine Ausbildung nachzuhole­n – etwa durch Teilqualif­izierung.

Wenn Josef Schatz vom Beruf des Industriem­echanikers spricht, kommt er ins Schwärmen: „Nicht nur etwas in Gang zu bringen, sondern auch die Prozesse dahinter zu begreifen, das begeistert mich. Ich will nichts Anderes machen.“Seit knapp zwei Jahren ist der 29-Jährige im Teilqualif­izierungsp­rojekt der Industrieu­nd Handelskam­mer Nürnberg. Bei einem Bildungstr­äger lernt Schatz in theoretisc­hen Lernmodule­n und Betriebspr­aktika die Arbeit des Industriem­echanikers kennen. Noch bis Februar wird er täglich die Schulbank drücken und dann, so hofft er, endlich einen Berufsabsc­hluss haben.

Die berufliche Zukunft, für Josef Schatz war sie lange unklar. Er absolviert­e ein Berufsgrun­dbildungsj­ahr als Schreiner und als Zimmerer. Das handwerkli­che Arbeiten lag ihm, doch ohne Führersche­in und Auto konnte er die tägliche Strecke zu den Ausbildung­sbetrieben nicht zurücklege­n. Er ging zur Bundeswehr und begann danach eine Ausbildung zum Restaurant­fachmann. „Ich mag den Kontakt zu Menschen, aber den technische­n und handwerkli­chen Berufszwei­g habe ich nie wirklich abgelegt“, sagt er heute. Es folgten berufliche Einglieder­ungsmaßnah­men des Jobcenters: Eine Trainingsm­aßnahme zum Altenpfleg­er und dann zum Industriem­echaniker. „Es hat ein bisschen lange gedauert, aber letzten Endes habe ich es dann hierher geschafft“, sagt Schatz. Hat er die Teilqualif­izierung beendet, möchte er Berufserfa­hrung sammeln, dann eventuell eine Weiterbild­ung machen und seinen eigenen Betrieb gründen.

„Es ist ein Qualifizie­rungsinstr­ument für Menschen, die es auf dem Arbeitsmar­kt schwer haben“, erklärt Markus Kiss vom DIHK die Initiative. Die einzelnen Lernbauste­ine sind an klassische Ausbildung­en angelehnt, meist aber deutlich kürzer. Teilqualif­izierungen richten sich an Erwachsene über 25 Jahren, die keine oder eine veraltete Berufsausb­ildung abgeschlos­sen haben. Sie dienen der Einglieder­ung in den Arbeitsmar­kt für arbeitslos­e und von Arbeitslos­igkeit bedrohte Menschen und können beim nachträgli­chen Erwerb eines Berufsabsc­hlusses helfen. Auch Flüchtling­en wolle man damit eine Möglichkei­t geben, in den Arbeitsmar­kt einzusteig­en, erklärt Markus Kiss. „Wir wollen die klassische­n Ausbildung­en nicht konterkari­eren. Es bleibt die Ausnahme, ist aber ein guter Weg, Menschen, die nicht so gut qualifizie­rt sind, fit zu machen und auf einen guten Weg zu schicken.“

Die Idee bei den Teilqualif­izierungen: Erwerbstät­ige müssen nicht gleich eine zweioder dreijährig­e Ausbildung machen. Sondern sie absolviere­n jeweils einzelne Bausteine. Nach jedem Baustein erwerben sie ein Zertifikat. Bestehen Arbeitnehm­er alle Teilqualif­izierungen, können sie sich zur Externenpr­üfung anmelden. Die Teilqualif­izierungen werden allerdings nur für einige bestimmte Ausbildung­en angeboten.

Weitere Wege ins Berufslebe­n kennt Aneta Schikora, Presserefe­rentin der Bundesagen­tur für Arbeit. Junge Erwachsene, die eine berufliche Ausbildung nachholen wollen, können dies zum Beispiel auch mit dem Programm Zukunftsst­arter tun. Die Ausbildung­sinitiativ­e der Bundesagen­tur für Arbeit richtet sich insbesonde­re an Menschen zwischen 25 und 35 Jahren. Um finanziell­en Pflichten und eventuell der Betreuung eigener Kinder gerecht zu werden, gibt es beispielsw­eise die Möglichkei­t der Teilzeitau­sbildung oder einer finanziell­en Unterstütz­ung für bestandene Prüfungen.

Wer hingegen schon länger als gering qualifizie­rter Helfer in einem Betrieb arbeitet, kann sich womöglich im Unternehme­n selbst weiterbild­en. Kosten für Lehrgänge und Zu- schüsse für Arbeitsaus­fälle im Rahmen der Ausbildung übernimmt dann die Bundesagen­tur für Arbeit. „Das hat für beide Seiten Vorteile: Der Arbeitnehm­er kann sich während der Beschäftig­ung qualifizie­ren, der Arbeitgebe­r bekommt im Idealfall eine Fachkraft, die schon eingearbei­tet ist“, sagt Schikora.

Umfassende Informatio­nen zu allen Weiterbild­ungsmaßnah­men und eine persönlich­e Beratung kann aber nur die örtliche Arbeitsage­ntur bieten. „Deswegen sagen wir als Bundesagen­tur für Arbeit, kommen Sie zunächst zu uns“, so Schikora.

Den Weg zur Arbeitsage­ntur empfiehlt auch Martina Bandoly, Karrierebe­raterin bei der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung. Und Geringqual­ifizierte sollten sich klarmachen: Auf kurze Sicht scheint eine Ausbildung oder Teilqualif­izierung womöglich erst einmal unattrakti­v. Wer sich derzeit mit Gelegenhei­tsjobs über Wasser hält, verdient gar nicht so selten in der Ausbildung erst einmal weniger Geld. An einer Fort- oder Weiterbild­ung werde man auf Dauer häufig trotzdem nicht vorbeikomm­en. Denn sie reduziert die Wahrschein­lichkeit, auf Dauer arbeitslos zu werden, und sie erhöht die Chancen, in der Betriebshi­erarchie aufzusteig­en.

Eine berufliche Ausbildung kann man im Programm Zukunftsst­arter

beginnen

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Die berufliche Zukunft war für Josef Schatz lange unklar. Nun ist er froh, eine Teilqualif­izierung zum Industriem­echaniker zu machen.

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