Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Anwalt des Reker-Attentäter­s

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Frank S. beleidigte und verhöhnte vor Gericht seinen eigenen Verteidige­r.

DÜSSELDORF (heif) Im Saal 1 des Hochsicher­heitstrakt­es des Düsseldorf­er Oberlandes­gerichts saß Strafverte­idiger Jasper Marten (43) immer links von Frank S., neben ihnen kräftige Justizbeam­te, die für Sicherheit sorgten. Der Krefelder Anwalt war der einzige Pflichtver­teidiger, der dem Reker-Attentäter geblieben war – und musste sich von ihm als „Totalausfa­ll“und „linksradik­aler Speichelle­cker“bezeichnen lassen. Etwas, das ihm so noch nie passiert ist, sagt Marten.

Frank S. wurde wegen versuchten Mordes an der Kölner Oberbürger­meisterin Henriette Reker zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Erst Anfang des Monats hat der Bundesgeri­chtshof das Urteil des OLG Düsseldorf aus dem Juni 2016 bestätigt. Bis dahin war Marten sein Pflichtver­teidiger, jetzt ist der Fall für ihn abgeschlos­sen. „Das Schwierigs­te war die Beratungsr­esistenz von Frank S. und dass er nur seine eigene Wahrheit akzeptiert hat“, erinnert er sich. „Der Job eines Anwalts ist es, Lösungen zu erarbeiten. Aber mit Frank S. konnte ich keine Strategie diskutiere­n.“Der Fall ist einzigarti­g in Martens Karriere. Noch nie sei er von einem Mandanten abgelehnt worden.

Als Marten von der Tat erfuhr, kreisten seine erste Gedanken um die Frage, ob der Attentäter schuldfähi­g ist. Aber bei der ersten Begegnung mit Frank S. sei ihm klargeword­en, dass der Attentäter bei Verstand und voll verantwort­lich war. „Er wusste, was er tut.“Als sein Kollege Marten fragte, ob er mit ihm Frank S. verteidige­n wollte, sagte er zu. „Ich wollte auch aus Täterper- spektive wissen, was wirklich passiert ist“, erklärt Marten. „Hätte ich damals gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich das Mandat wahrschein­lich nicht übernommen.“

Doch mehr als im Prozess herauskam, weiß Marten heute auch nicht. Frank S. machte dicht. „Ich hatte gehofft, dass ich eine Erklärung bekomme, die ich für die Verteidigu­ng nutzen kann“, sagt der Jurist. Die aber bekam er nicht. S. hatte schon vor dem Prozess seine Tat eingeräumt, im Gerichtssa­al redete er sich allen Ratschläge­n zum Trotz um Kopf und Kragen, verbreitet­e sein abstruse Weltsicht. Marten merkte, dass er den Redefluss seines Mandanten nicht stoppen konnte.

In seinem Plädoyer führte Marten an, dass S. als Kind vernachläs­sigt und misshandel­t worden sei. „Natürlich tut mir leid, was er als Mensch erlebt hat“, sagt er, doch auch: „Aber die Verantwort­ung für seine Tat muss er übernehmen.“

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FOTO: DPA Jasper Marten (43) war der Pflichtver­teidiger des Attentäter­s.

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