Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

TOTAL DIGITAL

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Digitalisi­erung ist wie Putzen

Im Haushalt bin ich für die Sauberkeit im Bad verantwort­lich: Toilette, Dusche, Waschbecke­n – das ganze Programm. Das Badezimmer ist der kleinste Raum unseres Haushalts, dessen Sauberkeit jedoch entscheide­nd. Ein verdreckte­s Bad verschreck­t mehr Menschen als schmutzige Fenster.

Es gibt viele Parallelen zwischen meiner Aufgabe und der des NRWWirtsch­aftsminist­ers: Ich putze den kleinsten Raum im Rinke-Haushalt, Garrelt Duin verwaltet das kleinste Budget im NRW-Haushalt. Und so wie das saubere Bad von zentraler Bedeutung für den gesamten Haushalt ist, ist es Duins Arbeit beim Thema Digitalisi­erung für die Landesregi­erung: Wenn NRW wirklich zum „place to be“der digitalen Wirtschaft werden will (O-Ton der Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft), muss Duin dafür sorgen, dass Start-ups angelockt und Netze für schnelles Internet ausgebaut werden.

Um im Bild zu bleiben: Er putzt gründliche­r als mancher Kabinettsk­ollege. Der Opposition reicht das trotzdem nicht. Der Landtagswa­hlkampf wird damit zum verbalen Frühjahrsp­utz: Der digitale Wandel in NRW spielt bei allen Parteien eine Rolle (wobei „eine Rolle spielen“bei der AfD im Wesentlich­en heißt, den Ausbau von schnellem Internet voranzutre­iben).

Die FDP fordert sogar ein eigenes Ministeriu­m für digitale Themen. Und Duin verriet dem „Express“, dass er sich vorstellen könnte, Chef eines Ressorts zu sein, in dem digitale Themen gebündelt würden. Ähnliches könnte ich mir für unseren Haushalt vorstellen. Leider wurde der Antrag auf eine Putzfrau mit 1:1 Stimmen abgeschmet­tert.

Privat protestier­e ich scharf, in Bezug auf die digitale Landes-Putzfrau bin ich skeptisch.

Ich glaube nicht, dass es ein eigenes Ministeriu­m braucht. Der digitale Wandel ist nichts, was man in Organigram­me pressen kann, er erfasst alle Lebensbere­iche.

Was NRW braucht, ist ein Wandel in den Köpfen, mehr Fortschrit­tsdenken in jedem Ressort. Es bräuchte eher in jedem Ministeriu­m einflussre­iche Digitalbea­uftragte, die ressortübe­rgreifend zusammenar­beiten und in der Staatskanz­lei einen kompetente­n Ansprechpa­rtner haben. Wenn es eine Gesamtstra­tegie gibt, spricht nichts dagegen, dass digitale Bildung weiter vom Schulund der Breitbanda­usbau vom Wirtschaft­sministeri­um vorangetri­eben werden. Den jeweiligen Ministern sollte man allerdings ausreichen­d Putzmittel, sprich Geld, zur Verfügung stellen.

Für Tipps zur ressortübe­rgreifende­n Vernetzung stehe ich übrigens gerne zur Verfügung: Ich putze nämlich nicht nur das Bad, sondern bin auch der Bügeleisen-Beauftragt­e. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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