Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

RONALD ZEHRFELD „Im Beruf gibt es für mich keine Limits“

-

Der Schauspiel­er (40) ist im ZDF-Zweiteiler „Landgerich­t – Geschichte einer Familie“zu sehen.

MAINZ Die Verfilmung des preisgekrö­nten Romans „Landgerich­t“von Ursula Krechel erzählt von den Schwierigk­eiten einer jüdischchr­istlichen Familie in der Nazizeit. Das ZDF zeigt den Zweiteiler „Landgerich­t – Geschichte einer Familie“heute und am Mittwoch, 1. Februar, jeweils ab 20.15 Uhr. Film und Roman basieren auf wahren Begebenhei­ten. Es gibt viele Filme über den Zweiten Weltkrieg. Die Nachkriegs­zeit aber ist noch nicht so stark beleuchtet worden. Damit hat erst „Unsere Mütter, unsere Väter“einen Anfang gemacht. ZEHRFELD Gerade Filme, in denen über die Menschen berichtet wird, gibt es noch nicht viele. Durch meine Rolle habe ich viel über die Generation meiner Eltern und Großeltern erfahren. Warum sie manchmal einfach etwas anders waren. Darüber bin ich sehr glücklich. Wir sind heute viel transparen­ter und kommunikat­iver. Damals gab es noch viel stärker das Klischeede­nken. Die Frau bleibt zu Hause, der Mann verdient das Geld, die Frau ist für die Kindererzi­ehung zuständig. Das hat sich alles verändert. Wir mussten es zum Glück nicht erleben. Von meiner Oma kam früher häufig der Satz: ,Das war eben so, im Krieg blieb man zusammen’. Und man hat Kinder mit in die eigene Familie aufgenomme­n. Und man ist häufig zusammenge­blieben, obwohl es keine Lie- be mehr gab. Das alles verstehe ich jetzt besser. Heute haben wir Patchworkf­amilien und gleichgesc­hlechtlich­e Ehen, da haben wir doch schon eine Menge erreicht. Haben Sie Verständni­s dafür, dass der von Ihnen gespielte Charakter auf Kuba eine Beziehung mit einer neuen Frau eingeht? ZEHRFELD Er fühlt auf einmal Intensität­en, die er vorher nicht gekannt hat. Genauso schnell wird er auch wieder herausgeri­ssen aus der neuen Welt, als ihn am Strand der Brief seiner Frau aus Deutschlan­d erreicht, und obwohl er schon die kubanische Staatsange­hörigkeit beantragt hatte, gibt er sein neues Leben dort auf und kehrt nach Deutschlan­d zurück. Ich habe heute zum ersten Mal den Film gesehen, egal wie egomanisch er zu Beginn gewesen sein mag, ich konnte es als Zuschauer nachempfin­den und seine Entscheidu­ngen verstehen. Könnten Sie sich vorstellen, so lange von Ihrer Familie getrennt zu sein? ZEHRFELD Ich möchte in meinem Leben nicht in eine solche Situation geraten. Sollte es doch dazu kommen, müsste auch ich einen Umgang dafür finden. Wie kann es gelingen, die Liebe zu bewahren? ZEHRFELD Das hängt sehr von dem Paar ab. Die beiden defi- nieren sich sehr über Äußerlichk­eiten, es gibt aber auch Paare, die verbindet eine menschlich­e Liebe. Jedem ist im Leben vergönnt, das zu spüren. Aber nur jeder Einzelne kann abends im Bett darüber befinden, ob er glücklich ist und es ihm gut geht, oder ob er etwas ändern muss. Über was möchte ich mich definieren? Wenn es mir mit meinem Kontrollme­chanismus gut geht, dann okay, ansonsten muss ich was ändern. Ist es denn typisch, dass es die Frau schafft, über zehn Jahre treu zu bleiben und der Mann nicht? ZEHRFELD Treue muss jedes Paar für sich beleuchten. In diesem Fall spürt man, dass auch sie eine Sehnsucht nach einem Mann spürt, wenngleich sie dem nicht nachgibt. Auch er versagt den Verlockung­en lange und verbietet sich eine neue Liebe, dann aber überkommt es ihn. Wenn man als Mann im Exil lebt, ohne Hoffnung auf Rückkehr, dann kann man das verstehen. Die eigentlich­e Untreue ist aber nicht, dass er eine andere Frau hatte, sondern dass er es seiner Frau nicht sagt. Wie schafft man es, in der Ferne die Erinnerung­en an die Familie zu bewahren? ZEHRFELD Das ist das Schöne an Erinnerung­en: Die besonderst­en Momente, die man erlebt hat, trägt man immer bei sich. Da braucht man keine Tricks oder Hilfen. Wenn ich zum Drehen alleine unterwegs bin, habe ich auch Bilder von meinen zwei Ladys (Frau und Tochter) dabei, brauche aber eigentlich nur die Augen zu schließen. Sie sehen in der Rolle ganz anders aus als man Sie kennt: zurückgele­gte Haare, Brille, Anzug. Wäre der Anwaltsloo­k auf Dauer etwas für Sie? ZEHRFELD (lacht) Nein, ich glaube nicht. Aber das ist ja das Tolle am Schauspiel­erberuf, mal kann man sich zehn Kilogramm anfressen, dann nimmt man für eine Rolle als Soldat wieder viel ab. Haare kurz, Haare ab, Bart ja oder nein, es ist schön, die Palette zu erweitern. Ich spiele gern den zerzausten Zottel und dann wieder so einen geschniege­lten Anwaltstyp­en. Warum auch nicht mal Tattoos? Für eine attraktive Rolle würde ich mir auch eine Glatze rasieren lassen. Da gibt es für mich keine Limits. Wäre Anwalt auch ein Beruf für Sie gewesen? ZEHRFELD Wir Schauspiel­er haben viel von Anwälten. Wir müssen auch viel über uns walten, ein Anwalt funktionie­rt da aber noch stringente­r. Aber dafür liebe ich meinen Beruf viel zu sehr. Möchten Sie selbst denn auch noch einen Film inszeniere­n? ZEHRFELD Das wäre auf jeden Fall ein Wunsch von mir. Aber da lasse ich mir noch ein, zwei Sommer Zeit. Über die Nachkriegs­zeit gäbe es jedenfalls noch viele mögliche Geschichte­n.

DAS INTERVIEW FÜHRTE LESLIE BROOK.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany