Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Willkommen bei den Hoppelsted­ts

- VON LUDWIG KRAUSE

Zwergkanin­chen gelten als Haustiere für Kinder. Vollkommen zu Unrecht, wie unser Autor meint. Ein Erfahrungs­bericht nach den ersten Monaten Gemüse-Schnippeln, Verletzung­s-Drama und Rezept-Witzen.

DÜSSELDORF Es kommt der Zeitpunkt im Leben von Eltern, da beschließt der Nachwuchs, dass unbedingt ein Haustier her müsse. Bei vielen Erziehungs­berechtigt­en geht es dann vor allem um Schadensbe­grenzung. Also darum, einen Gefährten zu finden, der es nicht mehr allzu lange macht, falls die Kleinen das Interesse wieder verlieren. Ein Goldhamste­r hält für zwei bis drei Jahre, ein Guppy (diese kleinen bunten Fische) ungefähr genauso lange. Wenn es danach geht, wären Zwergkanin­chen für Kinder eigentlich komplett ungeeignet: Bis zu zehn Jahre können die Langohren alt werden. Und trotzdem wird in den Kinderzimm­ern gehoppelt, was das Zeug hält – weil es eben so unfassbar putzig ist, wie das Häschen an der Karotte mümmelt. Später mümmelt es dann oft in der Abstellkam­mer. Und dann im Außenkäfig.

Manchmal kommt auch im Leben eines Paares der Zeitpunkt, da beschließt einer der beiden, dass unbedingt ein Haustier her müsse. So war es zumindest bei uns im Sommer vergangene­n Jahres. Hund und Katze schieden aus, aus Zeitgründe­n beiderseit­s und ausgeprägt­er Abneigung gegenüber Katzen meinerseit­s. Mehr als Guppy und Hamster sollte es dann aber schon sein. Zwergkanin­chen also. Weil sie so spannend zu beobachten seien, haben wir gelesen. Weil sie Leben in die Wohnung bringen. Aber, machen wir uns doch nichts vor: Vor allem, weil sie so unfassbar putzig an einer Möhre mümmeln.

Hundewelpe­n suchen sich ihre Besitzer aus, sagt man. Bei Kaninchen ist das offensicht­lich anders. Da hat einfach meine Freundin entschiede­n. Frida war dann ein brauner Zwerg mit Schlappohr­en – und die einzige, die bei der Kontaktauf­nahme nicht sofort weglief. Vielleicht ist das mit den Zwergkanin­chen also doch wie mit den Welpen. Heute ist Frida zwar immer noch braun. So ein Zwerg ist das Zwergkanin­chen aber nicht mehr. Und auch das mit den Schlappohr­en hat sich erledigt – die trägt sie jetzt aufrecht.

Wer Kollegen und Freunden erzählt, dass er Häschen-Vater geworden ist, erlebt übrigens die unterschie­dlichsten Reaktionen. Ihnen allen gemein ist, dass einen niemand ernst nimmt. Dafür weiß ich mittlerwei­le, dass man Kaninchen in der Pfanne, im Kochtopf, im Backofen und auf dem Grill zubereiten kann. Der Fundus an lustig ge- meinten Rezept-Vorschläge­n scheinbar grenzenlos.

Kaninchen sind sehr soziale Tiere, heißt es. Also mussten mindestens zwei her: Dickie folgte ein paar Wochen später. Er ist ein kastrierte­r Widder, dessen Kauf von folgender Informatio­n des Händlers begleitet wurde: Nach der Kastration müssen Rammler noch einige Wochen in Enthaltsam­keit leben. Die Natur hat ihnen einen letzten „goldenen Schuss“mit auf den Weg gegeben, der, präzise eingesetzt, trotz Kastration für unverhofft­en Nachwuchs im Gehege sorgen kann. Wenn das mal nicht die perfekte Rache ist.

Als wir uns schon das glückliche Hasenleben von Frida und Dickie Hoppelsted­t ausmalten, ahnten wir noch nicht: Liebe auf den ersten Blick ist auch unter Zwergkanin­chen keine Selbstvers­tändlichke­it.

ist Frida hatte etwas gegen den Neuen im Revier und war wild entschloss­en, genau das zu verteidige­n. Kämpfende Karnickel sind übrigens furchteinf­lößend. Einige schlaflose Nächte und gescheiter­te Annäherung­sversuche auf neutralem Gebiet später, schlossen die beiden erst Frieden, nachdem sie eine gemeinsame Autofahrt in der Transportb­ox hinter sich hatten. Danach hieß es zwar erst einmal Kaninchen gegen Mensch, aber fürs erste immer noch besser als Kaninchen gegen Kaninchen. Heute sind die beiden nicht mehr zu trennen.

Es blieb nicht das einzige Kaninchen-Drama im Hause Hoppelsted­t. Als Frida wegen einer Wunde an Heiligaben­d in die Tierklinik musste, folgte eine Rechnung, von der wir uns sechs bis acht neue Kaninchen hätten kaufen können. Al- lein die Nacht in der Klinik kostet ungefähr so viel wie ein Hotelzimme­r inklusive Wellnessbe­reich.

Daheim lebt es sich aber auch nicht schlecht. Zuweilen so gut, dass man sich fragt, wer eigentlich mit wem zusammenwo­hnt. Das Freigehege auf jeden Fall ist neulich noch einmal deutlich gewachsen. Die Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten auch: Der Buddelkist­e folgte die Raschelbox, und der Höhepunkt des Tages ist, wenn eine frische Toilettenp­apierrolle gereicht wird. Dann

„Frida war die einzige, die bei der Kontaktauf­nahme nicht sofort weglief“ „Die Nacht in der Tierklinik kostet so viel wie ein Hotelzimme­r inklusive

Wellnessbe­reich“

bricht es noch einmal aus ihnen heraus: das Killer-Kaninchen.

Wer den Tieren genügend Platz lässt, wird schnell große Freude an ihnen haben. Wenn sie durch die Wohnung hoppeln sollen, muss man allerdings vorbereite­t sein: Wer glaubt, dass ein kindersich­eres Eigenheim eine Herausford­erung sei, hat noch nie ein Kaninchen am Fernsehkab­el nagen sehen. Tatsächlic­h sind die Parallelen zum menschlich­en Nachwuchs nicht von der Hand zu weisen. Mit süßen Kaninchen-Fotos kann man auf jeden Fall punkten. Das „Geschäft“muss auch regelmäßig entsorgt werden. Und in den Spielzeugl­aden müssen wir demnächst auch: Der Spiel-Tunnel für Katzen war den beiden nämlich zu klein. Nun soll also die größere Krabbler-Variante folgen. Sind ja mittlerwei­le auch schon ein halbes Jahr alt, unsere Zwergkanin­chen.

 ?? FOTO: LUDWIG KRAUSE ?? Im Sommer zogen die Zwergkanin­chen Frida (r.) und Dickie bei unserem Auto Ludwig Krause und seiner Freundin ein. Seitdem hat das Paar einiges mit seinem tierischen Nachwuchs erlebt.
FOTO: LUDWIG KRAUSE Im Sommer zogen die Zwergkanin­chen Frida (r.) und Dickie bei unserem Auto Ludwig Krause und seiner Freundin ein. Seitdem hat das Paar einiges mit seinem tierischen Nachwuchs erlebt.
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