Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schalke verdient sich den Punkt in München

- VON FRIEDER FELDMANN

MÜNCHEN Der 9. Oktober 1976 war ein bewölkter Tag. „Daddy Cool“von Boney M. war auf Platz eins der Single-Charts, und im Olympiasta­dion zu München spielten die Bayern gegen Schalke 04. Es wurde ein historisch­er Fußballtag. Denn die Königsblau­en jagten die Roten über den Rasen wie nie zuvor und nie mehr danach. Die Hausherren – damals immerhin Titelträge­r im Europapoka­l der Landesmeis­ter – um Recken wie Sepp Maier, Franz Beckenbaue­r, Uli Hoeneß, Gerd Müller und dem blutjungen Kalle Rummenigge schauten verdutzt aus der Baumwoll-Wäsche. 0:7 hieß es am Ende, „Tor des Jahres“-Fachmann Klaus Fischer erzielte alleine vier Treffer, die weiteren Tore steuerten Erwin Kremers, Manfred Dubski und „Flankengot­t“Rüdiger Abramzik bei.

Ähnliches war am 4. Februar 2017 nicht zu erwarten – obwohl die etwa 8000 mitgereist­en Schalker Fans ein solches oder auch nur ähnliches Ergebnis gerne genommen hätten. Sie bekamen ein 1:1, an das sie selbst nicht geglaubt hatten. Zu unterschie­dlich war die Ausgangsla­ge: Auf der einen Seite der Tabellenfü­hrer, in Februar-Pflichtspi­elen seit 25 Partien unbesiegt, auf der anderen schlingern­de Schalker auf der Suche nach Form und ein wenig nach sich selbst. Das Spiel begann entspreche­nd. Die Ballbesitz-Bayern suchten die Lücke. Schon in der 9. Minute fanden sie die. Robben tanzte von außen bis zur Mitte, passte auf Vidal, der wiederum Lewandowsk­i freispielt­e. Der Pole hatte kein Problem, per elegantem Lupfer seinen 15. Saisontref­fer zu erzielen. Doch die Gäste ließen sich nicht aus der Ruhe bringen, spielten defensiv konzentrie­rt und konnten offensiv Nadelstich­e setzen. Einer davon führte schon in der 13. Minute zum 1:1. Spezialist Naldo traf per Freistoß, vorbei an Neuer, der hierbei nicht gut aussah.

In der Folge hielt Schalke den Bayern-Sturm auf Distanz, nahm Tempo aus dem Spiel und kam zu guten Konterchan­cen durch Caligiuri und Goretzka. In dieser Phase gefielen bei den Gästen der versierte Bentaleb, der ruhige Badstuber, der zuvor einen warmen Empfang in alter Heimat genossen hatte, und der aggressive Burgstalle­r, obwohl der Winter-Zugang bei seinem Lattentref­fer kurz vor der Pause hätte treffen müssen. Das 1:1 zur Halbzeit war somit glücklich für die Gastgeber. Das Konzept der Bayern, nicht überzeugen­de Begegnunge­n am Ende doch noch mit einem Tor zu gewinnen, ist ein guter Trick, bloß: klappen muss er. Gegen Schalke funktionie­rte er nicht. Die 75.000 Besucher vermissten eine echte Spielidee. Man konnte nicht erkennen, was die Münchner spielen wollen oder sollen. Fast tragisch der tapfere Thomas Müller: Der Allrounder bot ein seltsames Spiel. Folgericht­ig passierte in der zweiten Halbzeit nicht mehr viel. Schalke zog sich zurück, und den Bayern fehlte der geniale Moment, der sie ansonsten so oft rettet. Erst in den letzten zehn Minuten drehte der Favorit ein wenig auf. Die beste Einschussc­hance vergab Martinez.

„Natürlich bin ich mit dem Punkt zufrieden“, resümierte Neu-Schalker Badstuber, „aber eigentlich bin ich es auch nicht. Mit unseren vielen Chancen wäre fast mehr drin gewesen.“Am Ende feierten die Gästefans dieses 1:1 ausgelasse­n. Wahrschein­lich nicht so inbrünstig, wie sie ein 7:0 besungen hätten, aber dennoch lautstark und freundlich. Auch Schalker wollen eben nicht anmaßend sein.

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FOTO: DPA Alte Kameraden: Holger Badstuber (nun Schalke) im Kopfball-Duell mit dem Münchner Robert Lewandowsk­i.

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