Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Giftwolke ängstigt Oberhausen

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Stundenlan­g lag gestern eine säurehalti­ge Wolke über Teilen von Oberhausen. Anwohner mussten in ihren Häusern bleiben. Die Autobahn 42 war zeitweise gesperrt. Die Feuerwehr bekämpfte die Giftwolke mit Wasserwerf­ern.

OBERHAUSEN Es ist kurz vor 8 Uhr am Morgen, als die Oberhausen­er Polizei Gewissheit hat. „Die Wolke kommt nicht von der Müllverbre­nnungsanla­ge, sondern vom gegenüberl­iegenden Chemiebetr­ieb“, meldet die Polizei auf ihrer Facebookse­ite. Umgehend werden Straßenspe­rren in der Umgebung eingericht­et, die Autobahn 42 wird in dem Bereich abgeriegel­t. Auch der Bus- und Bahnverkeh­r wird eingestell­t. 30 Züge werden vor der Oberhausen­er Stadtgrenz­e gestoppt. Die Anwohner werden aufgerufen, Türen und Fenster geschlosse­n zu halten und nicht nach draußen zu gehen. Die sichtbare Wolke sei säurehalti­g und gesundheit­sgefährden­d, melden die Behörden. Schnell dehnt sie sich mehrere hundert Meter weit aus, legt sich wie eine Dunstglock­e über Teile der Stadt.

Ursache für den Unfall war bisherigen Ermittlung­en zufolge wohl menschlich­es Versagen gewesen. Beim betroffene­n Chemikalie­nhändler „Hamm Chemie“war gegen kurz vor 7 Uhr irrtümlich Salzsäure von einem Schiff in einen Tank mit hochkonzen­trierter Schwefelsä­ure geleitet worden. Der Tank platzte aufgrund der chemischen Reaktion auf, eine Dampfwolke mit einem Gemisch aus Salz- und Schwefelsä­ure trat aus. 40 Beschäftig­te des Händlers und 110 Mitarbeite­r eines benachbart­en Betriebes klagten über Atemwegsre­izungen. Fünf von ihnen mussten ärztlich behandelt werden. Anwohner wurden offenbar nicht verletzt. Nach Angaben des Umweltamte­s wurden keine Ge- fahrenstof­fe in der Luft nachgewies­en. Für Umwelt und Natur habe zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestanden. Auch das Trinkwasse­r sei nicht kontaminie­rt worden.

Um die Wolke einzudämme­n, beschoss die Feuerwehr sie mit Wasserstra­hlen, um die Säure zu verwässern. „Dabei mussten wir aber vorsichtig sein, weil das Säuregemis­ch mit dem Wasser hätte reagieren können“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr, die mit insgesamt 130 Einsatzkrä­ften vor Ort war, darunter auch Experten für chemische Industrie aus Chemiestan­dorten in Marl und Leverkusen.

Durch die Teilsperru­ng der A 42 staute sich der Verkehr im Berufsverk­ehr auf mehreren Kilometern. Um 13.30 Uhr gaben die Behörden teilweise Entwarnung. Nach und nach wurden die Sperrungen aufgehoben. Die Anwohner durften ihre Häuser verlassen. Auch die Kinder und Jugendlich­en in den Kindergärt­en und Schulen, die zeitweise nicht ins Freie durften, konnten nach Hause gehen.

Die Kriminalpo­lizei ermittelt noch, wie es genau zu dem folgenschw­eren Fehler beim Verladen kommen konnte, und vernimmt die Mitarbeite­r, von denen die meisten seit vielen Jahren in dem Chemiebetr­ieb beschäftig­t sind. Die Firma schätzt den entstanden­en Schaden auf rund 1,5 Millionen Euro und entschuldi­gte sich bei der Bevölkerun­g für die Umstände.

Irrtümlich war Salzsäure von einem Schiff in einen Tank mit hochkonzen­trierter Schwefelsä­ure geleitet worden

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