Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Birkenstocks Einstand mit einem Paukenschlag
Die Ausstellung „Outside before beyond“im Kunstverein bietet einen poetischen Erfahrungsraum von Alicia Frankovich.
Sie hat wahr gemacht mit ihrem Versprechen. Auf die Frage, welche Rolle ein Kunstverein im Konzert der Museen spielen sollte, sagte die damals noch designierte Chefin, dass eine Institution wie der Kunstverein vielleicht das Schlagzeug übernehmen, also den Takt angeben könnte. Eva Birkenstock ist seit September an ihrer neuen Arbeitsstätte am Grabbeplatz und hat nun ihre erste eigene Ausstellung kuratiert. Dazu hat sie die Neuseeländerin Alicia Frankovich mit einer überwältigenden Video-Raum-Arbeit „Outside before beyond“eingeladen.
Und auf den ersten Blick spürt man: Birkenstock will den nicht ge- rade riesigen Saal im Obergeschoss der Kunsthalle inhaltlich und dynamisch vergrößern, sie will der Kunst Gehör verschaffen und darüber hinaus, sagt sie, den Ausstellungsbetrieb neu befragen.
In diesen poetischen Erfahrungsraum sollte sich der Betrachter nicht nur einfühlen und einsehen – ständig muss er sich entscheiden, auf welche der beiden Hauptinszenierungen an den Kopfenden des Saales er sich konzentriert. Fast eine Viertelstunde läuft ein Durchgang der Endlosschleife, bis alles angeleuchtet und wahrgenommen wird: Skulpturen, Stoffe, die illuminierte Oberfläche einer dunkelroten Karotte, malerische Details, eine animierte durchsichtige Weltenkugel mit Magnesiumblöcken, ein Gerüst im Raum und die zwei feinfädrigen Vorhangprojektionen, die Mensch und Kosmos gegenüberstellen. Auf der einen Seite wechseln sich ringende Körper-Performances mit Natur- und Blütenbildern ab, auf der anderen Seite tanzen kosmische Punkte wie auf der Milchstraße herum, die sich zu Formen fügen und wieder auseinanderbrechen. Mit ihrer in Sounds getauchten Arbeit beschäftigt die Künstlerin die Sinne wie den Verstand.
Um die Wechselwirkungen menschlicher Organismen zu anderen lebenden und nichtlebenden Organismen zu demonstrieren, zeigt Alicia Frankovich die Vielfalt des Lebens, des Konstruierens, der Unendlichkeit. Und dessen Zerbrechlichkeit, womit sie die Kritik am menschlichen Handeln im Zeitalter des Anthropozäns befeuern will – des Zeitalters, in dem der Mensch einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist.
Der Takt, den Birkenstock mit ihrem Einstand angibt, wird als Paukenschlag nicht verhallen. Sie hat den Raum neu bewertet, die Künstlerin ist auf der Höhe der Zeit. Selbst wer nicht all das intellektuell durchdringen möchte, erlebt 15 Minuten der Denkanstöße und Poesie. Info Geöffnet: Di.–So. 11–18 Uhr; Vortrag 23. März; Performance 25. März/7. April.