Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

And the Oscar goes to... me!

- VON NADINE FISCHER

Unsere Autorin schaut sich seit Jahren die Oscar-Verleihung live im Fernsehen an. Nun hat sie selbst an der Stelle gestanden, wo im vergangene­n Jahr Schauspiel­er Leonardo DiCaprio seinen Oscar überreicht bekam.

Es ist albern, das ist mir bewusst. Aber ich kann es nicht mehr unterdrück­en: Ich bin ergriffen. Fast schon rührselig. Ich stehe auf der Bühne im Dolby Theatre in Los Angeles. Dort, wo sich seit 2002 im Februar oder März die Elite der amerikanis­chen Filmindust­rie zur Verleihung der Oscars trifft. In rund 230 Ländern verfolgen mehr als 45 Millionen Schaulusti­ge Jahr für Jahr live vor ihren Fernsehern die Show – ich bin einer von ihnen. Und jetzt bin ich mitten in der Manege des internatio­nalen Filmzirkus angekommen. Wo ist das Mikrofon? Ich muss dringend eine Oscar-reife Dankesrede halten. Das hier ist L.A., Hollywood, die Traumfabri­k – da werde ich ja wohl mal ein bisschen träumen dürfen. 30 Minuten lang, um genau zu sein: Dann ist die offizielle Tour durch das Dolby Theatre auch schon wieder vorbei.

Die Führung an diesem sonnigen Tag beginnt standesgem­äß: Bevor Tourleiter­in Julisa Wright die unscheinba­ren Glastüren zum Foyer öffnet, warten die Teilnehmer draußen auf einem roten Teppich. „Das ist auch der Eingang, durch den die Stars bei der Oscar-Verleihung kommen“, erzählt sie. Sofort wirken die Glastüren nicht mehr ganz so gewöhnlich. Im Foyer liegt dicker Teppich mit einem grafischen Muster in Orange, Grau und Ocker. Die Wände sind in Beige gestrichen, großformat­ige Bilder von Filmstars wie Julia Roberts und Julie Christie hängen daran. Ein spiralförm­iges Treppenhau­s mit Geländer aus Kirschbaum­holz dominiert den Raum. Es erstreckt sich über fünf Stockwerke.

Julisa Wright lotst die Gruppe ins Untergesch­oss. Rund 40 breite, flache Stufen führen dorthin – so konzipiert, dass Filmstars in OscarRoben und High Heels sie so bequem wie möglich überwinden können. Wer für einen Oscar nominiert ist oder auf der Bühne eine der Statuetten überreiche­n soll, nimmt diesen Weg. Bevor er den Saal betritt, kann er in der VIP-Bar Martini oder Champagner trinken. Julisa Wright steuert die Bar an, weil sie einen ganz besonderen Gast beherbergt: Oscar. In einer gläsernen Nische thront die 34 Zentimeter hohe Statuette, ich gehe ganz nah ran. Edel sieht er aus, der Goldjunge. Dieses Exemplar hat Ray Dolby 1988 erhalten und dem Dolby Theatre als Ausstellun­gsstück überlassen. Ich würde den Oscar jetzt gerne greifen, die mit schwarzem Teppich ausgelegte Rampe hoch rennen, vorbei an den fliederfar­ben gestrichen­en Toilettent­üren, einmal rechts abbiegen – und dann elegant über den schwarzen Bühnenbode­n schreiten, bis nach vorne zum Mikrofon. Kann ich jetzt meine Dankesrede („Acceptance Speech“) halten? Nein. Denn erstens ist da kein Mikrofon und zweitens haben wir dafür keine Zeit.

Die rund 38 Meter breite und 23 Meter tiefe Bühne ist eine der größten der USA: Vor ihr im Halbrund sind rund 3400 rote Klappsesse­l steil zur ringsrum mit Scheinwerf­ern bestückten Kuppel hin angeordnet. Wir müssen weiter nach rechts hinter die Bühne, in den Aufzug. Es ist der Aufzug, der die noch euphorisch­en Oscar-Gewinner hoch in die dritte Etage befördert, wo die Pressevert­reter warten. Julisa Wright

Auf dem Weg zum Presseraum können

sich die Stars auf dem „Winners Walk“

sammeln

drückt den Knopf, die Türen schließen sich, der Aufzug fährt los. „Do you feel the ego?“, fragt sie und atmet tief ein. Automatisc­h mache ich es ihr nach. Ja – hier ist die Aura der Sieger wirklich präsent. Ich frage mich gerade, was Leonardo DiCaprio wohl dachte, als er im vergangene­n Jahr mit dem Oscar in der Hand hier stand, da öffnen sich die Türen. Vor uns liegt ein schmaler Gang mit dunkelgrau­em Teppich. An den beigefarbe­nen Wänden hängen dicht an dicht Schwarz-Weiß-Fotos. Mickey Rooney ist unter anderem zu sehen, Liza Minnelli und Robert De Niro. Das sei der „Winners Walk“, sagt Julisa Wright. Auf ihrem ein paar Meter langen Weg zum Presseraum können sich die Stars noch einmal sammeln. Dorthin bringt uns Julisa Wright nicht, die Tour ist aus, der Traum zu Ende.

Aber wenn ich morgen Nacht vor dem Fernseher sitze und die 89. Oscar-Verleihung verfolge (Pro 7, ab 2.30 Uhr), bin ich wieder mittendrin in der Taumfabrik. Und das nicht nur für 30 Minuten. Die Redaktion wurde von Visit California und BB Promotion zu der Reise eingeladen.

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FOTO: DPA Im vergangene­n Jahr moderierte Chris Rock die 88. Oscar-Verleihung. Dieses Jahr übernimmt Talk-Master Jimmy Kimmel die Show.
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