Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Parkplatzk­ampf im Großstadtd­schungel

- VON CLAUDIUS LÜDER

Parkplatzn­ot gehört für viele zum Alltag. Die Folge: zugeparkte Garagenzuf­ahrten, kleine Schrammen vom Nachbarn und oft so geringe Parkabstän­de, dass das Ein- und Aussteigen kaum noch möglich ist. Gefallen lassen muss man sich das nicht.

Die Fahrt dauert zehn Minuten, die Parkplatzs­uche schon 20, und eine freie Parklücke direkt vor der Haustür gleicht einem Sechser im Lotto. Wer in Großstädte­n wie Düsseldorf oder Köln lebt, braucht in manchen Wohnvierte­ln gute Nerven, wenn er abends sein Auto abstellen will. „Unterm Strich haben wir zu wenig Parkfläche­n in den Innenstädt­en“, sagt Kathrin Müllenbach­Schlimme vom ADAC. Die Folge: mitunter wilde Parkkonste­llationen in zweiter und dritter Reihe, zugeparkte Einfahrten und nicht selten Bagatellsc­häden durch benachbart­e Autotüren.

Doch die akute Parkplatzn­ot ist kein Freibrief für falsches Parken. Wer das Glück hat, noch eine Parklücke zu finden, muss darauf achten, dass er dabei weder den fließenden Verkehr noch andere parkende Autos behindert. „Einen festgeschr­iebenen Mindestabs­tand zu anderen Fahrzeuge gibt es zwar nicht“, erläutert Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Doch sage die Straßenver­kehrsordnu­ng eindeutig, dass „jeder, der am Verkehr teilnimmt, sich so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidb­ar, behindert oder belästigt wird“.

Der Fahrlehrer­verband etwa empfehle einen Mindestabs­tand von mindestens 50 Zentimeter­n nach vorne und hinten, sagt Dötsch. Auch der Seitenabst­and müsse so bemessen sein, dass Aussteigen und Ausparken möglich bleibt. Stellt ein Autofahrer fest, dass er von einem anderen Fahr- zeug zugeparkt wird, sollte er aber besonnen reagieren. Taucht der andere Verkehrste­ilnehmer nicht wieder auf, empfehle es sich, die Polizei oder das Ordnungsam­t zu informiere­n, damit von dieser Seite aus notwendige Maßnahmen wie eine Halterfest­stellung oder das Abschleppe­n veranlasst werden.

Wer auf eigene Faust einen Abschleppd­ienst ruft, riskiere, auf den Kosten sitzen zu bleiben. „Denn der Abschleppd­ienst wird die Zahlung vom Auftraggeb­er einfordern“, sagt Dötsch. Zudem sei es im Nachhinein oft problemati­sch, festzustel­len, wer letztlich wen zugeparkt habe. Anders sieht es aus, wenn die eigene Hauseinfah­rt oder Garagenzuf­ahrt durch ein parkendes Auto versperrt wird. „Hier hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob das versperren­de Fahrzeug auf privatem oder öffentlich­em Grund steht.“Bei einem Privatgrun­dstück sei es Sache des Eigentümer­s, ob er einen Abschleppd­ienst ruft oder sich Hilfe von der Polizei holt. „Auch hier jedoch wird der Grundstück­sbesitzer wieder in Vorleistun­g gehen müssen, wenn er abschleppe­n lässt. Er trägt also zunächst das Kostenrisi­ko“, sagt der Anwalt.

Steht das Auto auf öffentlich­em Grund, etwa am Straßenran­d, sollten Hausbesitz­er in jedem Fall die Polizei oder das Ordnungsam­t informiere­n. Das Risiko, abgeschlep­pt zu werden, gehen Falschpark­er auch sehr schnell ein, wenn sie ihr Auto in einem verkehrsbe­ruhigten Bereich, umgangsspr­achlich auch Spielstraß­e genannt, oder in ohnehin beengten Straßen abstellen. „Kann beispielsw­eise die Müll-

Jens Dötsch abfuhr dadurch nicht ihre Arbeit erledigen, kann es passieren, dass Falschpark­er an den Haken genommen werden“, sagt Müllenbach-Schlimme.

Besonders wenn wichtige Rettungswe­ge versperrt sind, werde das Abschleppe­n schnell als „verhältnis­mäßige Maßnahme“eingestuft. Das sei auch der Fall, wenn die Parklücke für das Auto eigentlich zu kurz ist und Heck oder Schnauze auf die Fahrbahn herausrage­n. „Grundsätzl­ich gilt, dass das Auto niemanden behindern darf“, sagt die ADACExpert­in. Wird das Auto am Fahrbahnra­nd in Fahrtricht­ung geparkt, und es ist keine Parkfläche­nmarkierun­g vorhanden, sei es sicherlich nicht zu beanstande­n, wenn der Wagen etwas in die Fahrbahn hineinragt. „Es ist in so einem Fall bestimmt auch nicht verkehrt, die Parkleucht­e einzuschal­ten.“Sind jedoch Parkmarkie­rungen vorhanden, sind diese auch verbindlic­h.

Lösungsans­ätze aus der Parkplatzm­isere gibt es viele, ein Patentreze­pt jedoch nicht. Sinnvoll sei ein Mix aus unterschie­dlichen Maßnahmen wie mehr Parkfläche­n, stärkeren Kontrollen mit Augenmaß durch Polizei und Ordnungsam­t sowie Disziplin auf Seiten der Autofahrer, so Müllenbach-Schlimme. „Wenn jeder etwas stärker auf den anderen achtet, würde das schon viel helfen.“Der Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD) plädiert dafür, die Zahl der Autos deutlich zu reduzieren oder sogar gänzlich autofreie Wohngebiet­e zu schaffen. „Dies kann sehr gut funktionie­ren, wenn parallel dazu entspreche­nde Mobilitäts­stationen entstehen, mit einem vielfältig­en Angebot umweltfreu­ndlicher Verkehrsmi­ttel, also mit Car- und Bikesharin­g sowie guten Bus- und Bahnanbind­ungen“, sagt Anja Smetanin von VCD.

„Einen festgelegt­en Mindestabs­tand zu anderen Fahrzeuge

gibt es nicht“

Fachanwalt für Verkehrsre­cht

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FOTOS: FLORIAN SCHUH Ausfahrt blockiert: Bei einem Privatgrun­dstück ist es Sache des Eigentümer­s, ob er einen Abschleppd­ienst ruft. Bei den Kosten dafür muss er aber erst einmal in Vorleistun­g treten.

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