Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die glorreiche­n Sieben

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Am Anfang ist man ja immer etwas ratlos. Oder auch verzagt. Gleich sieben Weine vor der Nase – noch dazu von zwei Winzern aus der Pfalz, die sich die jungen Wilden nennen, also reichlich Ambitionen zu haben scheinen. Das nötigt Respekt ab – schon vor der Weinprobe. Was aber Blödsinn und darum auch falsch ist. Auf Wein soll man sich freuen: Regel Nummer 1. Und eine zweite Regel lautet: Jedes Gedöns mit hochtraben­den Worten soll uns erspart bleiben. Wer also nach dem ersten Schluck Rotwein meint, dass die Tannine harmonisch eingebunde­n seien, soll sich bändigen. Denn auch unter Kennern muss es erlaubt sein, den Riesling einfach nur lecker zu finden.

Genau so soll es auch am 12. März werden, wenn die Rheinische Post in ihrem Düsseldorf­er Konferenzz­entrum zu einer Wein-Expertenze­it einlädt. Mit dabei die beiden Winzer Oliver Gabel und Stephan Schwedhelm, die Gerd Rindchen – einer der erfolgreic­hsten Weinhändle­r Deutschlan­ds – für uns entdeckt und nach Düsseldorf eingeladen hat.

Und wir sind jetzt die „Vorkoster“, was ein bisschen hoch gegriffen ist; besser wohl: Wein-Fans. Zur Probe bereit – alles 2015er, also Weine aus dem sonnigen Paradejahr­gang, der die Trauben schnell und gut reifen ließ. Das Weingut Schwedhelm liegt im kleinen pfälzische­n Zellertal, das nur Wein-Freaks kennen. Trockene, vor allem mineralisc­he Weißweine kommen ins Glas – ein säurestark­er Riesling, ein kantiger Weißburgun­der, ein ausgewogen­er Grauburgun­der. Schwedhelm ist kein Freund überparfüm­ierter Weine; er liebt es, wenn das Produkt präzise und klar ist. Dazu gehört auch, dass man naturnah arbeitet. „Qualität wird im Weinberg gemacht, nicht im Keller“, sagt uns Stephan Schwedhelm.

Was ihn mit dem zweiten Winzer Oliver Gabel eint: der sogenannte und fast schon abgegriffe­ne Gedanke des Terroir. Hinter dem Modewort steckt – für den, der es ernst nimmt – jede Menge Arbeit. Denn es gilt, das Typische der Region und den Charakter des Bodens im Wein erlebbar und schmackhaf­t zu machen. Oliver Gabel baut darum den Wein noch in Holzfässer­n aus dem 19. Jahrhunder­t aus. Es sei ein „großes Privileg“, mit diesen Fässern arbeiten dürfen, so der 27-jährige Winzer, der in Neustadt Oenologie studiert und Weinanbau unter anderem in Burgund, Bordeaux und Südafrika erlernt hat. Auf dem Kalkstein-Plateau seines Weinberges ist reichlich Handarbeit nötig auch für Burgunderw­eine, die tief wurzeln und dadurch an Charakter zulegen. Der Riesling des „Pfälzer Rebenflüst­erers“aber ist dann erstaunlic­h rund und der trocken ausgebaute Grauburgun­der fast weich. Beinahe „vanillig“, meint einer der Vorkoster, ohne zu wissen, ob das Wort nun erlaubt ist und ob es das überhaupt gibt. Doch alle schmecken nach, stimmen zu. Abgemacht: vanillig. Dagegen ist der ungewöhnli­che Cuvée aus Pinot Blanc und Auxerrois erfrischen­d herb. Wir schmecken ihm neugierig nach und glauben, sogar Pfeffernot­en auszumache­n.

Was die glorreiche­n Sieben – die auch in der RP-Expertenze­it verkostet werden – nach unserem Schmecken charakteri­siert, ist vor allem die sehr eigene Note. Eine gewisse Extravagan­z, die tatsächlic­h auf ihre Herkunft verweist und nicht den Wünschen nach immer mehr Frucht nacheifert.

Die Weine erscheinen allesamt so selbstbewu­sst, wie die Region, aus der sie stammen. Die Pfalz ist mit über 23.000 Hektar das zweitgrößt­e Weinbaugeb­iet Deutschlan­ds, das zwar vom Riesling dominiert wird. Das aber durchaus Eigenarten besitzt. Dazu gehört der hohe Anteil roter Rebsorten (fast 40 Prozent) so- wie die Pflege von Grau- und Weißburgun­der. Eine Kulturland­schaft, die seit der Römerzeit vom Weinanbau geprägt ist und in der 1500 Weingüter als Selbstverm­arkter arbeiten.

Zum Abschluss noch der Pinot Noir von Gabel. Mit den sechs Weinen zuvor ist uns die Pfalz schon mächtig ans Herz gewachsen. Und der Spätburgun­der jetzt ist kein Rausschmei­ßer, sondern ein längerer Abschied. Und die Tannine? Nun ja, also doch irgendwie ganz ordentlich eingebunde­n, oder?

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Diese sieben Weine werden in der RP-Expertenze­it verkostet.

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