Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Pilotenfam­ilie kämpft um Ruf ihres Sohnes

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Der Vater des für den Absturz der Germanwing­smaschine verantwort­lichen Co-Piloten glaubt nicht, dass sein Sohn in suizidaler Absicht gehandelt hat. Am Jahrestag will er ein neues Gutachten vorstellen. Ein Opferanwal­t kritisiert das.

DÜSSELDORF Am zweiten Jahrestag des Absturzes des Germanwing­s-Linienflug­es 4U9525, bei dem 150 Menschen ums Leben kamen, will sich der Vater des Co-Piloten Andreas Lubitz erstmals mit einer Erklärung an die Öffentlich­keit wenden und Fragen beantworte­n. Dem Einladungs­schreiben zu einer Pressekonf­erenz am kommenden Freitag ist zu entnehmen, dass die Eltern von Andreas Lubitz Zweifel am offizielle­n Untersuchu­ngsergebni­s haben. „Bis heute wird an der Annahme des dauerdepre­ssiven Co-Piloten, der vorsätzlic­h und geplant in suizidaler Absicht das Flugzeug in den Berg gesteuert haben soll, festgehalt­en. Wir sind der festen Überzeugun­g, dass dies so nicht richtig ist“, heißt es in dem Schreiben. Und weiter wird darin die anschließe­nde Aufklärung der Umstände kritisiert, die zum Absturz geführt haben. Dabei seien viele Fragen unbeantwor­tet geblieben, Aspekte vernachläs­sigt worden, heißt es. Diese Schlüsse könnte die Familie aus dem Gutachten gezogen haben, das der Luftverkeh­rs-Journalist Tim van Beveren in ihrem Auftrag angefertig­t hat.

Der Berliner Opferanwal­t Elmar Giemulla kritisiert­e die Ankündigun­g von Günter Lubitz, exakt zwei Jahre nach dem Absturz der Germanwing­s-Maschine eine Pressekonf­erenz abzuhalten. „Ich f inde das sehr schlimm. Sich genau auf die Sekunde zu dem Zeitpunkt äußern zu wollen, an dem vor zwei Jahren die Maschine abgestürzt ist, das ist unverantwo­rtlich. Aus Sicht der Opfer ist das geschmackl­os und dürfte für viele von ihnen belastend sein“, sagte Giemulla unserer Redaktion. „Gerade dieser Moment gehört den Hinterblie­benen des Unglücks.“Er vermute, „dass Herr Lubitz eine Theorie verbreiten möchte, die seinen Sohn freisprich­t von jeglicher Schuld“, sagte Giemulla. „Ich denke, dass van Beveren Herrn Lubitz zu diesem Schritt gedrängt hat.“

Die Germanwing­s-Maschine war am 24. März 2015 auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französisc­hen Alpen abgestürzt. Alle Insassen kamen ums Leben. Die meisten von ihnen stammten aus Deutschlan­d, darunter auch 16 Schüler und zwei Lehrerinne­n eines Gymnasiums in Haltern am See.

Die deutschen Justizbehö­rden haben den Fall abgeschlos­sen. Sie gehen von einer absichtlic­hen Tat und einem Alleinvers­chulden des Co-Piloten aus. Das ist auch die Überzeugun­g der französisc­hen Ermittler, die sicher sind, dass der CoPilot die Maschine absichtlic­h gegen den Berg gesteuert hatte. Der Justiz zufolge soll Lubitz den Piloten aus dem Cockpit ausgesperr­t und den Sinkflug der Maschine über den französisc­hen Alpen bewusst eingeleite­t haben. Auf dem Stimmenrek­order, der zwischen Wracktrümm­ern geborgen werden konnte, ist zu hören, wie der Pilot verzweifel­t versuchte, zurück ins Cockpit zu gelangen. „Die Ermittlung­en haben keinen Anlass gegeben, strafrecht­lich gegen eine lebende Person zu ermitteln“, teilte die Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft zum Abschluss der Ermittlung­en mit. Demnach habe keiner der behandelnd­en Ärzte in den Monaten vor dem Absturz Anhaltspun­kte für eine Suizidgefa­hr bei dem 27-Jährigen festgestel­lt. Auch der Arbeitgebe­r und die Angehörige­n hätten laut Staatsanwa­ltschaft davon keine Kenntnis gehabt. Bei den regelmäßig­en flugmedizi­nischen Untersuchu­ngen hätten sich ebenfalls keine entspreche­nden Verdachtsm­omente ergeben.

Viele Hinterblie­bene werden am Freitag an den Unglücksor­t reisen. In Haltern am See werden die Kirchen ihre Trauergloc­ken läuten. Auf dem Schulhof des Gymnasiums wird es an der Gedenkstät­te eine gemeinsame Gedenkfeie­r von Stadt, Schule und Kirchen geben.

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FOTO: AP Helfer bergen Trümmer der abgestürzt­en Germanwing­s-Maschine. Am 24. März 2015 zerschellt­e der Airbus A320 in den französisc­hen Alpen. 150 Menschen kamen ums Leben.

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