Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

FRAGE DES STILS

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Die Pakete der Nachbarn

Julia R. ist erst vor Kurzem nach Düsseldorf gezogen – in ein Zwölf-Parteien-Haus. Die meisten ihrer Nachbarn kennt sie nicht, weil sie später zur Arbeit geht und entspreche­nd spät nach Hause kommt. Die Paketzuste­ller kennen Julia dafür schon recht gut, sie ist oft da, wenn alle weg sind. „Das nervt“, schreibt Julia. „Morgens werde ich dauernd gestört, und abends habe ich auch keine Ruhe, weil dann die Leute klingeln und ihre Sendungen abholen wollen. Am liebsten würde ich die Annahme verweigern. Aber macht das ein guter Nachbar?“

Nun, natürlich ist es beruhigend, im Briefkaste­n den Hinweis zu finden, dass in der Abwesenhei­t jemand ein Paket für einen angenommen hat, das man gar nicht erwartet hatte. Dann muss man nicht am nächsten Tag extra zur Postfilial­e fahren, um die Socken der strickbege­isterten Patentante auszulösen. Es gibt allerdings Mitmensche­n, die in Zeiten des boomenden Internetha­ndels jede Menge online einkaufen und darauf setzen, dass irgendwer die Waren schon annimmt – weil sie selbst ja nicht da sind. Diese Leute nehmen regelmäßig in Kauf, dass andere durch sie belästigt werden. In Wahrheit sind sie es, die sich nicht nur wenig nachbarsch­aftlich verhalten, sondern schlicht respektlos. Das muss man nicht unterstütz­en. Wer also das Gefühl hat, ausgenutzt zu werden, sollte dem Paketboten mitteilen: „Sendungen für Herrn XY nehme ich nicht mehr an.“

Herr XY hätte ja die Möglichkei­t, seinen Chef zu fragen, ob es in Ordnung geht, sich private Sendungen ins Büro liefern zu lassen. Oder er vereinbart einen festen Lieferterm­in, an dem er auch zu Hause ist. Oder er fährt tatsächlic­h mal zur Post. Alles besser, als andere dauernd zu behelligen. Die haben nämlich auch ihr Päckchen zu tragen. Haben Sie eine Stilfrage? Dann schreiben Sie uns an stilfrage@rheinische-post.de

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