Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Lieber Kino als Oper
DÜSSELDORF Die Frage war ein Scherz, aber ganz aus der Luft gegriffen war sie nicht: Ob es denn nun ein KulturförderProgramm für Männer geben werde, wollte ein Zuhörer wissen, als Ministerin Christina Kampmann (SPD) ihren Landeskulturbericht vorstellte. Denn dem Bericht zufolge sind die meisten Besucher von Kulturveranstaltungen Besucherinnen. Ob im Theater, in der Oper oder in Kunstmuseen: Überall sollen mehr Frauen als Männer zugegen sein. Weiblich, zwischen 50 und 60 Jahren, höher gebildet und ohne Migrationshintergrund sei der typische Kulturnutzer, so Kampmann. Aber nein, ein Förderprogramm für Männer sei dennoch nicht geplant.
Erstmals stellte die Kulturministerin gestern einen Landeskulturbericht vor, ein 268 Seiten langes Werk über den Zustand der hiesigen Kulturlandschaft. Der Auftrag dazu hatte sich aus dem 2014 verabschiedeten Kulturfördergesetz ergeben. Künftig soll der Bericht alle fünf Jahre am Ende einer Legislaturperiode veröffentlicht und Grundlage für den Kulturförderplan der nächsten Regierung werden. Und die – wer immer die Landtagswahl im Mai auch gewinnt – darf sich nun etwa folgende Frage stellen: Wie bekommen wir die jungen Leute in die Oper?
Denn das ist eine der Erkenntnisse aus den Studien: Je jünger die Menschen, desto weniger interessiert sind sie an klassischen Kulturformen wie Oper, Malerei, Theater oder klassischer Musik. Zwar nehme das kulturelle Interesse mit steigendem Alter üblicherweise zu, so die Autoren. Zugleich aber sei Kulturinteresse auch eine Generationenfrage. „Kulturelle Präferenzen aus der Jugend setzen sich bis ins hohe Alter fort“, sagt Kampmann. Man müsse in Betracht ziehen, dass junge Menschen „sich für Dinge interessieren können, die Älteren unbekannt oder kulturfern erscheinen, die aber im Sinne eines er- weiterten Kulturbegriffs und mit Blick auf neue Entwicklungen durchaus dazugehören“, heißt es im Bericht.
Eine Frage der Bildung ist das übrigens nicht: Die Jüngeren seien sogar häufig höher gebildet, so die Autoren. Aber sie ziehen die Rock- und Popkonzerte nun mal dem Klavierabend vor. Vor allem in der klassischen Musik und in der Oper sei darum „längerfristig eine Erosion des Interesses zu erwarten“. Inwieweit die Bemühungen der Konzert- und Opernhäuser Früchte tragen, sich dem jungen Publikum zu öffnen, bleibe abzuwarten. Tatsächlich sind die meisten Häuser zuletzt stark um neues Publikum bemüht, und auch erste Erfolge zeigen sich: Zuletzt vermeldete etwa die Düsseldorfer Tonhalle, dass sich die Zahl der Konzertbesuche durch Abonnenten seit der Spielzeit 2014/2015 von 23.500 auf 35.200 erhöht habe. Auch die Konzerte speziell für junges Publikum sind oft ausverkauft.
Als „abschließendes politisches Maßnahmenpaket“sei der Landeskulturbericht nicht zu verstehen, sagt Kampmann, vielmehr solle er als Datengrundlage für künftige kulturpolitische Fragestellungen dienen. Dass die Zahl der Schüler an Musikschulen binnen vier Jahren um 100.000 auf 327.000 im Jahr 2014 anstieg – 39 Prozent der Musikschüler sollen übrigens zwischen sechs und neun Jahren alt sein –, wollte die Ministerin indes auf bereits laufende Maßnahmen zurückführen. So sei der Anstieg auch auf das Landesprogramm „Jekits“(Jedem Kind ein Instrument, Tanzen, Singen) zurückzuführen. Auch den NRW-„Kulturrucksack“, der Zehn- bis 14-Jährige kostenlos oder kostenreduziert an kulturelle Angebote heranführt, wertet Kampmann als Erfolg. Für ältere Jugendliche sind die Angebote bislang aber rar. „Wir sollten die Jugendlichen ab 14 Jahren mit ihren eigenen Interessen stärker in den Blick nehmen“, sagt Kampmann. Zudem müsse die Digitalisierung in der Kultur
„Kulturelle Präferenzen
aus der Jugend setzen sich bis ins hohe Alter fort“
Christina Kampmann (SPD)
NRW-Kulturministerin