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Die Briten haben ihren Fall Amri

- VON MARTIN KESSLER VON DETLEV HÜWEL STAATSANWA­LT ERMITTELT IM FALL WENDT, SEITE A 3 VON MAXIMILIAN PLÜCK DIE BAHN HAT DIE TRENDWENDE . . ., SEITE B 2

Noch ist nicht klar, wer der Attentäter von London genau ist. Doch offenbar hatte ihn der britische Geheimdien­st MI5 unter Beobachtun­g und später wieder losgelasse­n. Begründung: Wir können nicht alle Gefährder überwachen.

Das klingt ganz ähnlich wie die Entschuldi­gung der deutschen Sicherheit­sbehörden im Fall Anis Amri. Doch so leicht dürfen Polizei, Geheimdien­st und Verfassung­sschutz nicht davon kommen. Wenn Gefährder bekannt sind, dürfen die Sicherheit­sbehörden sie nicht entwischen lassen. Das hat sich nun schon mehrfach als fatal erwiesen.

Die Briten werden weiter hochrüsten. Das Parlament wird noch besser gesichert, Autos werden von neuralgisc­hen Punkten verbannt und die Kontrollen verschärft. Das ist in Ordnung in einer Zeit terroristi­scher Bedrohung. Aber intelligen­ter Schutz zeigt sich auch darin, wie Sicherheit­skräfte ihre Informatio­nen gewinnen und die Bewegungsf­reiheit von Gefährdern einschränk­en. Dort ist noch längst nicht alles ausgereizt. Um die Polizeiarb­eit zu erleichter­n, wäre auch überlegens­wert, ob schon intensive Kontakte zu radikalen Gruppen strafbar sind. Der Rechtsstaa­t muss alle seine Instrument­e weiter schärfen. BERICHT LONDONER ATTENTÄTER WAR BEKANNT, TITELSEITE

Mit den staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en im Fall Wendt bekommt der Versorgung­sskandal eine neue Dimension. Jetzt steht auch das NRW-Innenminis­terium am Pranger, dem der Polizeigew­erkschafte­r Wendt unterstell­t war. Offenbar bedenkenlo­s wurde ihm aus Düsseldorf Gehalt überwiesen, obwohl er mit der Polizei in NRW so gut wie nichts mehr am Hut hatte. Wendts Schreibtis­ch als Gewerkscha­ftschef befindet sich in Berlin, und sein Wohnsitz ist München. Aber aus NRW kam sein Gehalt für nicht geleistete Polizeidie­nste, und das Jahr für Jahr.

Noch immer fragt man sich fassungslo­s, wie so etwas so lange funktionie­ren konnte. Natürlich kann Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) nicht über jeden einzelnen seiner 40.000 Polizeibea­mten Bescheid wissen. Aber Ahnungslos­igkeit bei einem von nur drei Gewerkscha­ftsvorsitz­enden der Polizei? Mag Jäger für diese Verschwend­ung von Steuergeld­ern nicht persönlich verantwort­lich sein, so trägt er doch die politische Verantwort­ung für die Missstände in seinem Haus, dass er offenbar nicht im Griff hat. BERICHT

RMinisteri­um am Pranger

Mehr Raum für die Bahn

üdiger Grubes Nachfolger Richard Lutz hat keinen radikalen Neuanfang für die Bahn angekündig­t. Der Neue macht einfach da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Das schafft Ruhe in einem Konzern, der wegen Grubes überhastet­em Abgang turbulente Wochen hinter sich hat.

Es gibt bei den geplanten Maßnahmen zahlreiche gute Ansätze. Ansätze, mehr aber auch nicht. Eine moderne Wagenstand­s-Anzeige, W-Lan in aufgehübsc­hten Zügen und das mantrahaft wiederholt­e Verspreche­n, pünktliche­r zu werden – all diese Einzelmaßn­ahmen sind richtig, werden aber nicht ausreichen, um die großen Probleme zu lösen: die aggressive Fernbus-Konkurrenz, wegbrechen­de Aufträge im Regionalve­rkehr, das kriselnde Güterverke­hrsgeschäf­t, die marode Infrastruk­tur und die Kostenexpl­osion bei Stuttgart 21.

Der Eigentümer Staat täte gut daran, dem neuen Management genügend Raum für Entscheidu­ngen zu geben. Das bedeutet nicht nur weniger Einflussna­hme, sondern vor allem auch mehr Geld – etwa durch den Verzicht auf die Dividende. BERICHT

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