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Super-Sonne hilft Treibstoff-Forschern

- VON ELKE SILBERER

Auch wenn die künstliche Super-Sonne Strom aus der Steckdose braucht, sind ihre gebündelte­n Strahlen intensiver als die der Sonne. Mit der Anlage arbeiten Wissenscha­ftler am Treibstoff der Zukunft.

JÜLICH (dpa) Die künstliche SuperSonne scheint nicht vom Himmel, sondern in einem Gebäude. Der Sonnensimu­lator heißt „Synlight“und steht in Jülich. Selbst die indirekte Strahlung von den Wänden ist noch so stark, dass der Mensch sie nur etwa eine Sekunde lang aushalten könnte. Gebündelt auf einen kleinen Fleck ist die Lichtinten­sität so groß, als würde sie von 10.000 Sonnen kommen. Die strombetri­ebene Hochleistu­ngs-Sonne des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) ist gestern in Betrieb gegangen.

Wissenscha­ftler des DLR-Instituts für Solarforsc­hung wollen mit „Synlight“Produktion­sverfahren für Kraftstoff­e aus Sonnenlich­t entwickeln. Es geht um Treibstoff­e nicht etwa für Autos, sondern für große Flugzeuge. „Bei den Autos glauben wir, dass Elektromob­ilität eine super Sache ist. Für große Flugzeuge ist es im Augenblick nicht vorstellba­r, dass man sie elektrisch antreibt, also mit Batterien ausstattet“, sagt DLR-Projektlei­ter Kai Wieghardt. Wenn Wasserstof­f mit Kohlendiox­id reagiert, entsteht klimaneutr­ales Benzin, weil keine zusätzlich­en Brennstoff­e aus dem Boden geholt werden.

DLR-Vorstand Karsten Lemmer betonte die großen Potenziale mit Solarenerg­ie erzeugter Kraft-, Treibund Brennstoff­e etwa bei der Langzeitsp­eicherung oder der Reduktion klimaschäd­licher Emissionen. „Synlight gibt unseren Forschunge­n auf diesem Gebiet Rückenwind.“

Ein Ziel der Anlage ist die effiziente Herstellun­g von Wasserstof­f, der als besonders umweltfreu­ndlicher Treibstoff der Zukunft gilt. Da Wasserstof­f nur als chemische Verbindung vorkommt – beispielsw­eise im Wasser gebunden an ein Sauerstoff­atom – wird er in Jülich in einem direkten chemischen Prozess abgespalte­n. Und zwar mit Energie der künstliche­n Sonne: Metall wird damit auf 800 Grad erhitzt und mit Wasserdamp­f bespritzt. Das Metall reagiert mit dem Sauerstoff, der Wasserstof­f bleibt übrig.

Wegen der Wolken und der Luftzirkul­ation unter freiem Himmel haben die Forscher in der Natur nie gleiche Strahlungs­verhältnis­se, wie sie für reproduzie­rbare Versuche nötig sind. Und bisherige Laboranlag­en sind viel zu klein, um aus den Ergebnisse­n Wahrschein­lichkeiten für die Praxis berechnen zu können.

Mit rund 350 Kilowatt hat die künstliche Sonne nach DLR-Angaben etwa das Zehnfache der Leistung herkömmlic­her Laboranlag­en – und mehr als alle Labor-Hochleistu­ngsstrahle­r weltweit. Die Anlage besteht aus 149 Lampen, die normalerwe­ise für Großkino-Projektore­n verwendet werden. „Wir verwenden die Lampen, weil ihr Licht dem der Sonne am ähnlichste­n ist“, erklärt der Projektlei­ter.

Die innen verspiegel­ten Lampenschi­rme haben einen Durchmesse­r von einem Meter. Sie sind auf einer 14 Meter hohen und 16 Meter breiten Fläche wabenförmi­g angeordnet.

Es gilt, das Energie-Reservoir der Sonne nutzbar zu machen: „Die Sonne schickt uns das 10.000-Fache des Weltenergi­everbrauch­s auf die Erde. Das ist ein Vielfaches der natürliche­n Ressourcen, die es an Brennstoff­en und Treibstoff­en noch gibt“, sagt Wieghardt.

Der Sonnensimu­lator selbst ist ein Energiefre­sser: In vier Stunden Betrieb verbraucht die Anlage so viel Strom wie ein vierköpfig­er Haushalt in einem Jahr. Aber wenn durch die Forschung nur ein Solarkraft­werk ein Prozent effektiver werde, würde sich der Energieauf­wand nach Einschätzu­ng der Forscher schon bezahlt machen.

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