Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Immer mehr Selbstverl­eger drängen auf den Buchmarkt

- VON LOTHAR SCHRÖDER

In Leipzig präsentier­t sich eine Branche im Umbruch. Der Umsatz ist zuletzt dezent gestiegen, doch für Buchhandlu­ngen sieht es nicht rosig aus.

LEIPZIG So schön ein Jahresumsa­tzplus sein mag – auch wenn es in ruppigen Zeiten mit 0,8 Prozent überschaub­ar ist –, überborden­d froh stimmt es auf der Buchmesse zu Leipzig kaum jemanden. Dass die einst so stete Branche im Wandel bleibt, ist ablesbar in Zahlen – vorerst jenen der Buchhandlu­ngen. Um 1,3 Prozent gingen ihre Umsätze 2016 zurück, und die Rückmeldun­gen aus den ersten Monaten dieses Jahres sprechen von einer noch stärkeren Fortsetzun­g dieses Trends. Mehr und mehr rückt damit eine kulturelle Institutio­n in die wirtschaft­liche Gefahrenzo­ne.

Natürlich wettern viele jetzt über die Online-Anbieter, deren Umsatz zwar weiter steigt, die aber beim Bücherverk­auf längst nicht zu den ärgsten Konkurrent­en des sogenannte­n stationäre­n Handels zählen. Das nämlich sind die Verlage selbst, die auf eigenen Plattforme­n am klassische­n Handel vorbei ihre gedruckte Ware ans Leservolk bringen. Fast zwei Milliarden Euro setzen die Verlage in der Direktverm­arktung um; das ist ein Anteil von 20 Prozent des Gesamtumsa­tzes.

Noch mehr Zugluft bringt das große Heer der Selfpublis­her in den Markt – Menschen also, die alles in einem sind: Autor, Lektor, Buchgestal­ter, Vermarkter und Verkäufer. Die wurden früher arg belächelt. Inzwischen füllen die Anbieter von Kindle bis BoD halbe und glänzend besuchte Messehalle­n. An Autoren- Ratgebern mangelt es nicht, auch existiert bereits ein eigener Verband der Selfpublis­her. Zwar finden sich immer noch etliche Selbstverw­irklicher unter den Autoren.

Doch dass inzwischen große Buchhandel­sketten wie Hugendubel, Osiander und die Mayersche die Werke der Selfpublis­her ins Sortiment nehmen, zeigt, dass damit ein Geschäft zu machen ist. Eine Chance ins Regal haben freilich nur die „Rosinen“. Eine davon ist der Münchner Axel Schwab, der mit di- versen Japan-Büchern erfolgreic­h ist. Dafür besucht er selbst die Buchhandlu­ngen und versucht im kaufmännis­chen Direktkont­akt, den Händler zu überzeugen.

Das hat Marah Woolf nicht mehr nötig. Mit ihren Fantasy-Romanen ist sie so erfolgreic­h, dass schon etliche „klassische“Verlage bei ihr vorstellig wurden. Dass sie ein Werk kürzlich über den alten Pfad auf den Markt brachte, dient nach ihren Worten nicht der Gewinnmaxi­mierung. „Ich wollte nur neue Leser- gruppen erschließe­n.“Erfolg hat seinen Marketingp­reis: Drei Stunden täglich verbringt Woolf in eigener Sache in den sozialen Medien.

So viel steht fest: Die Branche hat die Scheu vor neuen Publikatio­nswegen abgelegt. Nun muss sie sich neu sortieren. Wie formuliert­e es Verlagsmar­keting-Expertin Gesa Oldenkamp: „Die größte Tat ist nicht, Leute für neue Ideen zu begeistern, sondern alte zu vergessen.“Auch in Leipzig stellt sich die Frage, welche das in Zukunft sein werden.

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