Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Liendl – ungeliebt, unverzicht­bar

- VON THOMAS SCHULZE

Der ehemalige Düsseldorf­er ist bei Trainer Vito Pereira meist nur zweite Wahl – obwohl er der Top-Torjäger von 1860 München ist und den Klub möglicherw­eise vor dem Abstieg rettet. Am Freitag sind die Löwen bei der Fortuna zu Gast.

Michael Liendl lässt das Herz von Fußball-Ästheten höher schlagen. Seine Ballbehand­lung ist eine Augenweide. Er ist in der Lage, den tödlichen Pass zu spielen. Deshalb hatte Fortunas früherer Manager Helmut Schulte, als er aus Wien kam, Liendl quasi im Gepäck. Tatsächlic­h gelang es dem österreich­ischen Mittelfeld­akteur oft, dem Spiel seinen Stempel aufzudrück­en.

Doch Liendl ist ein fußballeri­sches Auslaufmod­ell – eben ein Regisseur vergangene­r Tage: technisch stark, aber läuferisch weniger auffällig. Seine Qualitäten weiß nicht jeder Trainer zu schätzen. Fortunas Ex-Coach Frank Kramer legte keinen großen Wert auf Liendl, so dass ihn der damalige Manager Rachid Azzouzi zum TSV 1860 München transferie­rte.

Doch auch in der bayerische­n Metropole, die seiner Heimatstad­t Graz wesentlich näher liegt, wird Liendl nicht glücklich. Der dort zum Jahreswech­sel engagierte Star-Trainer Vito Pereira hält nicht viel von Liendl. Daraus macht der 48 Jahre alte Portugiese keinen Hehl. So liebäugelt­e Liendl bereits Ende Januar mit einem Wechsel in die Heimat, der jedoch nicht zustande kam. Möglicherw­eise zum Glück für 1860 München, denn Liendl ist für den Klub so etwas wie eine Lebensvers­icherung. Mit acht Treffern ist er der Top-Torjäger des TSV vor Ivica Olic (5). Die Löwen, die nur fünf Punkte Vorsprung auf die Abstiegspl­ätze haben, sind auf Liendl angewiesen. Im letzten Spiel daheim gegen Würzburg bereitete Liendl beim 2:1Sieg ein Tor vor, das zweite schoss er selbst.

Trainer Pereira überzeugt all das nicht. Er hat den torgefährl­ichen Mittelfeld­spieler nicht ein einziges Mal von Beginn an gebracht. Die Frage, ob er es sich leisten könne, seinen torgefährl­ichsten Spieler auf der Bank schmoren zu lassen, antwortete er: „Ja. Liendl ist ein guter Fußballer, aber läuferisch leider nicht so gut.“

Nun könnte ein Trainer ja auf die Idee kommen, Spieler gemäß ihren Möglichkei­ten einzubauen und ihre Stärken zu nutzen. Der benachbart­e Fußballver­ein Bayern hat das mit Gerd Müller einst auf eindrucksv­olle Weise vorexerzie­rt. Aber dieser Gedanke liegt Pereira offenbar fern.

So deutet nichts darauf hin, dass Michael Liendl am Freitag in der Startforma­tion der Sechziger steht, wenn sie bei der Fortuna antreten. Den Düsseldorf­ern soll es nur recht sein, denn das verbessert ihre Aus- sichten vor dem Duell der drittschle­chtesten Heimmannsc­haft gegen die zweitschle­chteste Auswärtsma­nnschaft.

Für Michael Liendl wird es am Freitag wahrschein­lich ein Abschied für längere Zeit von der Düsseldorf­er Arena. Im Sommer läuft sein Vertrag in München aus, dann geht es höchstwahr­scheinlich wieder nach Hause – wo man seine Qualitäten zu schätzen weiß.

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FOTO: DPA Michael Liendl freut sich über sein Tor zum 2:0 gegen Würzburg, Kai Bülow und Stefan Aigner (von links) feiern mit.

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