Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Liedermacher lässt die Klampfe weg
Früher war Hannes Wittmer Spaceman Spiff. Heute nennt er sich Otago.
Man muss sich Singer-Songwriter als trotz aller Glücksmomente latent enttäuschte Menschen vorstellen. Bestätigt und geschmeichelt vom Lob für ihre tiefsinnigen Texte, aber auch getroffen davon, häufig darauf reduziert zu werden – wie eine schöne Frau auf ihre Schönheit.
So war das beim Würzburger Hannes Wittmer (31), der 2014 mit seinem dritten Album „Endlich nichts“vollends angekommen war bei Publikum und Kritikern. Doch als nach acht Jahren und hunderten Konzerten als Liedermacher die Zeit reif schien für die Zündung der nächsten Stufe – gen Mainstream –, verordnete sich Wittmer 2015 eine ausgiebige Kunst-Pause. Wann es mit Spaceman Spiff weitergehen sollte, oder ob überhaupt, war offen. Doch Wittmers erste Schreib- und Singversuche auf Englisch (diesmal unter dem Alias A Tin Man) stießen auch unter seinen ausgesucht höflichen Fans eher auf Ratlosigkeit. Wittmer kämpfte an gegen den Fluchtreflex in die Komfortzone: Unter dem Namen Otago musiziert er nun auf Englisch, mit Band. Zu seiner ständigen Begleitung, der Cellistin Clara Jochum, gesellen sich dabei Jonny König („Stoiber on Drums“), David König sowie Kilian Brand. Ihr erstes Konzert überhaupt spielen Otago heute Abend im FFT.
Otago ist kein Kunstwort, sondern eine Region in Neuseeland, die sich von majestätischen Gipfeln über Hügelketten, waldgesäumte Gletscherseen und weite Ebenen hinzieht bis zum Pazifik. Ähnlich abwechslungsreich ist das selbstbetitelte Debütalbum dieser Band.
Cello- und Keyboard-Klänge, Basslinien und elektronische Beats tragen und treiben Wittmers Gesang oder kreisen einfach umeinander. Und das liegt diesmal nicht daran, dass sich Wittmer seiner Worte schämen würde wie einst, als er seine emotionalsten Zeilen absichtlich vernuschelte. Aber gar keine Texte wie beim Ambient-Projekt Stein Schwere Papier 2012 sind ja auch keine Lösung.
Sphärisch sind die Songs, voller aus dem Leben destillierter Weisheiten („Hold on to the things / and people that make you forget / that you are terrified“). Im Subtext schwingt dabei anstelle von Coolness wohltuende Wärme mit.
„Otago“ist mehr als nur Wittmers Emanzipation vom klampfenden Spaceman Spiff (den es weiter geben wird). Mit seinen Vibes von Glaube, Liebe, Hoffnung erinnert es ein wenig an, ja, Coldplays magisches Debütalbum „Parachutes“.
Info heute, 20.30 Uhr, FFT, Jahnstraße 3