Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Glaubhaft abgrenzen von „Reichsbürg­ern“

- VON JULIA RATHCKE VON KIRSTEN BIALDIGA VON BIRGIT MARSCHALL

Patrioten, Rechtsnati­onale – und jetzt auch noch „Reichsbürg­er“? Das Spektrum und auch die Toleranzgr­enze innerhalb der AfD sind bekannterm­aßen breit. Doch spätestens bei Menschen, die sich gedanklich in den Reichsgren­zen von 1937 verorten und die Bundesrepu­blik samt deren Rechtsordn­ung nicht anerkennen, sollte jede noch so konservati­ve Partei klare Kante zeigen – und sich von solchen Personen nicht nur distanzier­en, sondern gänzlich trennen.

Gleiches gilt für „Wissenskon­gresse“mit Rednern, die mit alternativ­en Fakten zum Zweiten Weltkrieg oder zur Asylkrise aufwarten. Auch wenn die Partei die Veranstalt­ungen offiziell nicht unterstütz­t, rückt nicht nur der Name („Alternativ­er Wissenskon­gress“), sondern vor allem das Organisati­onsteam aus AfDFunktio­nären den Kongress in die Nähe der Partei. Sollte die AfD – auf Landes- wie auf Bundeseben­e – politisch glaubwürdi­g wirken wollen, reichen Lippenbeke­nntnisse längst nicht mehr. So wie Sensibilit­ät im Umgang mit Extremiste­n nötig ist, müssen irgendwann Taten folgen, sollten sich Hinweise und Vorwürfe erhärten. Die Parteiauss­chlussverf­ahren innerhalb der AfD gegen Rechtsauße­n wie Björn Höcke sind bisher allerdings allesamt ins Leere gelaufen. BERICHT „REICHSBÜRG­ER“WILL IN BUNDESTAG, TITELSEITE

EAmri im Wahlkampf

ine gängige Kritik am Untersuchu­ngsausschu­ss des NRW-Landtages im Fall des Weihnachts­marktatten­täters Anis Amri lautet, es werde dort ja ohnehin nur Wahlkampf gemacht. Um Inhalte gehe es kaum. Und tatsächlic­h versucht jeder, der in dem Ausschuss auftritt, die Dinge in ein für ihn möglichst günstiges Licht zu rücken. So vertrat Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) als Zeuge die Auffassung, dass Amri durchaus hätte inhaftiert werden können. Versäumnis­se sieht er am ehesten bei den Ausländerb­ehörden in NRW. Genau das wird Landesinne­nminister Ralf Jäger (SPD) heute als Zeuge vehement bestreiten.

Dennoch hat der Ausschuss schon jetzt seinen Zweck erfüllt. Weil jede Seite gehört wird. Weil jede Fraktion umfassende­n Einblick in Behördenun­terlagen erhält und der Streit über unterschie­dliche Rechtsausl­egungen öffentlich ausgetrage­n wird. Was hingegen passiert, wenn eine Regierung mit einem selbst bestellten Gutachter Aufklärung leisten will, zeigt jetzt der bizarre Streit um die Unabhängig­keit des von der Staatskanz­lei beauftragt­en Professors. BERICHT „AMRI HÄTTE VERHAFTET WERDEN . . .“, TITELSEITE

Zweifelhaf­te Blockade

Die SPD verhindert einen Gesetzentw­urf, mit dem Finanzmini­ster Schäuble das Kindergeld für Kinder halbieren wollte, deren Eltern in Deutschlan­d leben, ihre Kinder aber im EU-Ausland zurückgela­ssen haben. Ob das wahlstrate­gisch klug war, ist zu bezweifeln. Denn die Mehrheit der Bundesbürg­er wird Schäuble recht geben. Nicht, weil durch die Kürzungen fast 160 Millionen Euro eingespart werden könnten. Vielmehr kann das hohe Kindergeld in Deutschlan­d für manche Osteuropäe­r ein Anreiz sein, nur deshalb in Deutschlan­d einen Wohnsitz anzumelden. Wer den Versuch, so etwas zu verhindern, blockiert, erntet bei den Wählern Minuspunkt­e.

Anderersei­ts war Schäubles Gesetzentw­urf auch nicht mehr als ein Wahlkampfm­anöver. Denn das Gesetz kann gar nicht umgesetzt werden, weil es dem EU-Recht widerspric­ht. Hier haben auch die SPD und ihre Arbeitsmin­isterin einen Punkt gemacht – den Bürger dürfte das allerdings weniger interessie­ren. In der Sache wäre die Kindergeld­anpassung an die geringeren Lebenshalt­ungskosten in anderen EU-Ländern richtig. BERICHT KINDERGELD FÜR EU-AUSLÄNDER . . ., TITELSEITE

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